Bayer Leverkusen
Vene. Vidi. Vici. Er kam. Er sah. Er siegte. Oder auch nicht. Es wäre ungerecht, den ewigen Ballack-Makel wieder aus der Mottenkiste zu holen. Und doch bergen die Geschehnisse im Dresdner Glücksgas-Stadion eine besondere Ironie des Schicksals. Der als "ewige Zweite" verspottete Michael Ballack betritt in der 63. Minute den Rasen - und die komplette Bayer-Mannschaft fällt auseinander.
Dass die Werkself einen 3:0-Vorsprung gegen Dynamo Dresden aus der Hand gab, ist allerdings nur bedingt am ehemaligen Capitano festzumachen. Vielmehr muss sich Robin Dutt die Frage stellen, warum er mit Simon Rolfes den Kopf der Mannschaft aus dem Spiel nahm.
Der 29-Jährige ist mehr als der Kapitän der Leverkusener. Er ist der Taktgeber im Mittelfeld. Er ist es, der brenzlige Situationen erkennt und seinen Nebenmännern zur Hilfe eilt.
Im Gegensatz zu Ballack: Der 34-Jährige wirkt auch über ein Jahr nach seiner Rückkehr wie ein Fremdkörper im Leverkusener Spiel. Selbst seine Torabschlüsse, die einstige Stärke Ballacks, waren eher Präsente für die Fankurve hinter dem Dresdner Kasten.
Solche Ausreden will Dutt freilich nicht zählen lassen. "Mir fehlt einfach die Vorstellungskraft dafür, dass man beim Stande von 3:0 und klarer Überlegenheit nicht zwei neue Spieler (Ballack und Kießling, Anm. d. Red.) einwechseln kann", sagte Dutt, der Ballack aus der Schusslinie nahm: "Es macht jetzt keinen Sinn, die Rolle eines einzelnen Spielers zu analysieren."
Vielleicht hätte auch Arturo Vidal mit seiner bissigen Spielweise das Momentum noch drehen können. Doch auch ohne den Neu-Turiner muss ein Champions-League-Teilnehmer ein solches Spiel bei einem Zweitliga-Aufsteiger über die Runden bringen. Die Kampfansagen an die Konkurrenz aus Dortmund und München wirken nach dem Pokal-Kollaps jedenfalls wie der blanke Hohn.
Trotzdem: Die komplette Vorbereitung nun in Frage zu stellen, wäre falsch. Die Neuverpflichtungen um den bisher überzeugenden Andre Schürrle wirken allesamt durchdacht. Die Testspiele, unter anderem der 2:0-Erfolg über die Glasgow Rangers, haben zudem angedeutet, welche Richtung Dutt mit diesem Team einschlagen kann und will.
Auch das Selbstvertrauen der Spieler scheint weiterhin intakt zu sein. Auf die Frage, ob denn nach der Pleite Selbstzweifel aufkommen, sagte Stefan Kießling der "Rheinischen Post": "Nein, ich habe ja schließlich keine vier Eigentore geschossen." Genauso wenig wie Michael Ballack, der gefühlt trotzdem der große Verlierer an diesem verregneten Tag in Dresden war.
In der vergangenen Saison war bei Hannover 96 übrigens auch nach einer Erstrunden-Niederlage im Pokal der Teufel an die Wand gemalt worden. Am Ende stand die erfolgreichste Saison aller Zeiten.
Werder Bremen
Klaus Allofs ruhte in sich. Die Fingerkuppen aufeinandergestützt. Die Stimme ruhig, fast gelassen. Wer den Werder-Boss am Sonntag im "Doppelpass" gesehen hat, würde die momentane Situation der Bremer nicht erahnen können.
Knappe 17 Stunden zuvor war die grün-weiße Welt alles andere als in Ordnung gewesen. Rund 200 Anhänger blockierten nach der Pokal-Pleite gegen Heidenheim den Mannschaftsbus und brüllten sich den Frust von der Seele ("Wir haben die Schnauze voll!"). Als es 20 Minuten später endlich vorwärts ging, wurde der Bus zum Abschied mit Bierdosen beworfen.
Werder Bremen steht am Scheideweg - nicht nur, was die Gunst der Fans betrifft. Das internationale Geschäft muss in dieser Saison unbedingt wieder erreicht werden, um die Mannschaft zusammenhalten. Der einfachste Weg über den Pokal ist dabei bereits vom Tisch.
"Wir hätten das Weiterkommen aus wirtschaftlicher Sicht und aus sportlicher Sicht sehr gut gebrauchen können. Das ist sicherlich nicht der Auftakt, den wir uns für diese Saison vorgestellt haben", sagte Allofs beim "Doppelpass". "Der Ärger ist sehr groß."
Das Augenscheinliche in Heidenheim: Die Defensive ist noch nicht eingespielt, doch auch nach vorne ließ Werder spielerische Leichtigkeit vermissen. Zugegebenermaßen, Mehmet Ekici, der in der neuen Saison Regie führen soll, fehlt noch die Fitness.
Um personell noch mal nachzulegen, fehlt den Bremern aber das Geld. Allofs will und muss weiter dem jetzigen Kader vertrauen: "Ich sehe keine Notwendigkeit, etwas zu tun. Wir haben gute Verpflichtungen getätigt."
Einzig eine Verpflichtung des Ex-Löwen Aleksandar Ignjovski scheint noch im Bereich des Möglichen sein. "Er ist ein Talent. Seine Verpflichtung wäre eine Investition für die Zukunft", erklärte Allofs. Eine Entscheidung stehe kurz bevor.
Vielleicht wartet der Werder-Boss auch dank der Worte von Marko Marin gegenüber der "Kreiszeitung Syke" noch ab. "Das hört sich jetzt vielleicht blöd an, weil wir ja bei einem Drittligisten verloren haben. Aber ich glaube, dass die Mannschaft besser ist als die in der vergangenen Saison", so Marin. Einzig den Beweis sind sie derzeit noch schuldig geblieben.
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