Darauf muss der FC Bayern achten

Daniel Börlein
12. Mai 201212:35
Das Duell zwischen Kagawa (l.) und Gustavo könnte ein Schlüsselduell werdenGetty
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Viermal standen sich Bayern München und Borussia Dortmund in den vergangenen zwei Spielzeiten gegenüber - viermal ging der BVB als Sieger vom Platz. Im Pokalfinale in Berlin (Sa., 19.45 Uhr im LIVE-TICKER) wollen die Bayern den Spieß umdrehen. Vier Dinge muss der Rekordmeister dabei beachten.

Das Duell mit den Bayern sei für ihn mittlerweile, so verriet Roman Weidenfeller Anfang der Woche im "Kicker", "die deutsche Version des Clasico. Das ist wie Real gegen Barcelona." Nur ein paar Seiten weiter konterte Bayerns Arjen Robben: "Das finde ich nicht. Real und Barcelona sind seit Jahren oben, Dortmund war es nicht immer."

Seit nunmehr zwei Jahren ist der BVB allerdings in der Bundesliga das Maß aller Dinge und damit gleichzeitig größter Widersacher des Rekordmeisters aus München. Clasico hin oder her: Das Finale in Berlin ist aus deutscher Sicht das Spiel der Spiele. BVB gegen FCB - mehr geht nicht!

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Fünf Siege gab's noch nie

In den letzten beiden Jahren war das direkte Duell beider Klubs allerdings auch eine, zumindest vom Ergebnis her, erstaunlich einseitige Angelegenheit: In den vergangenen vier Partien hieß der Sieger immer Borussia Dortmund.

"Wir hatten in den Spielen gegen Bayern ein bisschen Glück, den richtigen Plan. Und wir sind gut. Diese Kombination kann Bayern schlagen", sagte Jürgen Klopp vor kurzem in der "Sport-Bild".

Vier Siege in Folge gegen die Bayern waren zuvor nur Werder Bremen gelungen (zwischen 1991 und 1993), fünf schaffte noch niemand. Das soll aus Bayern-Sicht auch so bleiben. Damit es aber mal wieder mit einem Bayern-Sieg gegen den BVB klappt, muss die Elf von Coach Jupp Heynckes einige Dinge beachten.

Mats Hummels kontrollieren

Durch den Abgang von Nuri Sahin hat sich das Offensivspiel des BVB in dieser Saison verändert. Hummels ist nicht nur Abwehrchef, sondern häufig auch der Spieleröffner der Schwarzgelben. Die Folge: Kein Dortmunder hatte in dieser Spielzeit mehr Ballkontakte als der Nationalspieler. Und vor allem: Kein Abwehrspieler gibt dem Borussen-Spiel mit seinen Pässen derart viele Impulse wie Hummels.

Das Entscheidende: Während der 23-Jährige in der Nationalmannschaft auf lange Bälle verzichten soll, variiert er beim BVB in der Wahl seiner Spieleröffnung. Mal sucht er den flachen Pass ins Mittelfeld, mal läuft er selbst mit dem Ball am Fuß an, und immer wieder streut er einen Chipp-Ball hinter die gegnerische Viererkette ein. "Wir sollen lange Bälle spielen. Die anderen Spieler wollen das, sie rechnen auch damit", sagt Hummels.

Der eine oder andere Gegner hatte in der abgelaufenen Saison auf Hummels als "Spielmacher" reagiert - und das BVB-Spiel damit durchaus zum Stocken gebracht. Teams wie Nürnberg, Augsburg oder Leverkusen stellten einen Angreifer dazu ab, den Passweg auf Hummels zu unterbinden bzw. ihn frühzeitig anzulaufen, um ihm so eine geordnete Spieleröffnung nicht zu ermöglichen.

Inzwischen "haben wir uns darauf eingestellt", sagt Marcel Schmelzer, der dadurch wie Lukasz Piszczek auf der Gegenseite mehr in der Spieleröffnung gefordert ist. Im Laufe der Rückrunde fand der BVB auch ausreichend Mittel, um ohne Spieleröffner Hummels erfolgreich sein zu können. Aber: Gelingt es den Bayern (und in erster Linie Mario Gomez), Hummels im Spielaufbau aus der Partie zu nehmen, ist das Spiel des BVB dadurch zumindest schon mal einer gefährlichen Waffe beraubt.

Shinji Kagawa beschatten

Durch die Tatsache, dass es manche Klubs schafften, Hummels zu beschränken, war Klopp zum Handeln gezwungen. "Wir mussten unser Aufbauspiel verändern", gestand der BVB-Coach vor einiger Zeit. Ein Schlüssel dabei war und ist die Rolle von Shinji Kagawa.

Der Japaner erhöht die Unberechenbarkeit des Dortmunder Spiels dank seiner Spielweise enorm. Kagawa lässt sich den Ball gerne in den Fuß spielen und verliert ihn nur selten. Immer wieder taucht er auch ganz vorne auf und geht in die Tiefe.

Im Laufe der Saison hat Klopp Kagawas Spielweise zudem um eine weitere Option ergänzt. Der 23-Jährige lässt sich nun auch regelmäßiger weit zurückfallen, holt den Ball selbst ab und schafft so gleichzeitig Lücken. "Wenn Shinji Kagawa ins tiefe Mittelfeld kommt, sich anbietet, dann sind wir schwerer zu packen", sagt Klopp.

Ein Team machte es Kagawa bislang allerdings richtig schwer: der FC Augsburg stellte Hajime Hosogai beim 0:0 als Manndecker für Kagawa ab. "Hosogai hat mich mit der Manndeckung aus dem Spiel genommen. Das ist mir in der Bundesliga noch nicht passiert", sagte Kagawa hinterher.

Dem Dortmunder Spiel war ohne Kagawa (nur 11 Ballkontakte in der ersten Halbzeit) ein Teil seiner Kreativität und Unberechenbarkeit genommen. Bei den Bayern könnte vor allem Luiz Gustavo die Rolle des Kagawa-Schattens zukommen.

Teil 2: Lewandowski bearbeiten und Flügelproblem lösen

Robert Lewandowski bearbeiten

Lewandowski hat in der vergangenen Saison eine beeindruckende Entwicklung hingelegt. Während in der vergangenen Spielzeit Lucas Barrios die Nummer eins im Dortmunder Angriff war, war in diesem Jahr klar: Wenn Lewandowski fit ist, ist er die einzige Spitze im System des BVB. Angesichts dieser Tatsache kapitulierte im Winter erst Mohamed Zidan und wechselte nach Mainz. Nun verlässt Barrios Dortmund Richtung China.

22 Treffer erzielte Lewandowski in der abgelaufenen Bundesliga-Saison und damit so viele wie kein Dortmunder in den letzten 30 Jahren. Vom Chancentod spricht beim BVB längst niemand mehr.

Allerdings sind es nicht nur die 22 Tore, die den Polen für das Spiel der Borussia so wertvoll machen. Lewandowski hat körperlich so zugelegt, dass er im direkten Zweikampf nur schwer vom Ball zu trennen ist. Durch seine technischen Möglichkeiten ist er zudem in der Lage, viele Situationen spielerisch zu lösen und seine Nebenleute in Position zu bringen. Zehn Treffer bereitete er in dieser Saison vor, auch das ist der beste Wert eines BVB-Stürmers seit 20 Jahren.

Und: Häufig ist Lewandowski quasi der Vorbereiter des Vorbereiters. Der polnische Nationalspieler versteht es ungemein gut, den Ball mit dem Rücken zum Tor in der gegnerischen Hälfte festzumachen und dem Rest der Mannschaft dadurch Raum und Zeit zum Nachrücken zu verschaffen.

Anders als Bayern-Stürmer Mario Gomez nimmt Lewandowski deutlich mehr am Spielgeschehen teil. Zum Beleg: Lewandowski bestreitet pro Partie im Schnitt zwölf Zweikämpfe und hat 35 Ballkontakte, während es Gomez nur auf sieben Zweikämpfe und 26 Ballkontakte bringt.

In den bisherigen Duellen gegen Bayern gelang es Lewandowski regelmäßig, den Ball tief in der Bayern-Hälfte zu behaupten, weil den Münchner Innenverteidigern häufig die Unterstützung eines Sechsers fehlte, der es verpasste, den Raum vor Lewandowski zu besetzen.

Lösungen auf den Flügeln finden

Die Flügelzange Franck Ribery und Arjen Robben gehört zum Besten, was der europäische Vereinsfußball zu bieten hat. Gegen den BVB allerdings blieben beide in den letzten Partien über weite Strecken harmlos.

Dortmund schaffte es immer wieder, Robben wie Ribery so zu besetzen, dass ihnen kaum Raum und Zeit fürs Dribbling blieb, in dem die Außenverteidiger Marcel Schmelzer und Lukasz Piszczk schnell durch einen Vordermann und teilweise sogar einen Sechser unterstützt wurden.

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Bayerns Problem: Die Spielidee ist unter anderem darauf ausgerichtet, Ribery und Robben vom Rest der Mannschaft zu isolieren, um sie in Eins-gegen-Eins-Situationen zu bringen. Weil der BVB es allerdings schafft, schnell zu doppeln oder dreifach zu besetzen, entsteht die Chance dazu nur äußerst selten.

Um das Offensivspiel zu beleben müssen Bayerns Außenverteidiger immer wieder an- und hinterlaufen, um Dortmunds Verteidiger von Robben/Ribery wegzuziehen. Zudem ist es für Ribery und Robben wichtig, entgegen ihrer Gewohnheiten regelmäßig kurze Ballbesitzzeiten einzulegen und den Ball mit nur einem Kontakt weiterzupassen, um so die Möglichkeit zu schaffen, in die durchs Doppeln nicht besetzten Räume zu kommen. "Wir müssen schneller spielen und bei Kontern sofort nach vorne spielen", sagt Ribery.

Vor allem Badstuber aus der eigenen Abwehr wie auch Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger aus dem Mittelfeld werden deshalb auch angehalten sein, immer wieder Diagonalbälle einzustreuen und den Ball auch mal über Borussias Viererkette zu heben, um die Wege für den BVB weit zu machen und das Mittelfeldpressing der Dortmunder zu umgehen.

Teil 1: Hummels kontrollieren und Kagawa beschatten