Die Spieler schüttelten beim Sprung auf den Zaun ihre Krämpfe aus den Beinen und auch Norbert Meier versuchte sich diesmal nur halbherzig als Spaßbremse. Zwar untersagte der Trainer von Arminia Bielefeld seinen Pokal-Helden nach dem vierten Teil des ostwestfälischen Pokal-Märchens das Feiern und beorderte sie am nächsten Morgen pünktlich um 11.00 Uhr auf den Trainingsplatz. Doch die schelmischen und kauzig-humorvollen Aussagen ließen erkennen, dass sich auch der 57-Jährige nach dem Elfmeter-Krimi mit Happy End gegen Borussia Mönchengladbach diebisch freute.
"In der Stadt wird gefeiert, da werden auch ein paar Bier getrunken. Aber ich gehe jetzt nach Hause und werde mir Aufzeichnungen von unserem nächsten Gegner Dresden anschauen", sagte der Trainer-Routinier nach dem 5:4 i.E. im Viertelfinale mit einem verschmitzten Grinsen: "Und die Spieler werden alle bei mir sein."
"Darf vom Finale träumen"
Von den "Wir fahren nach Berlin"-Gesängen der Fans sollten sich seine Spieler ebenfalls nicht beeindrucken lassen. "Falls jemand irgendwann nach Beendigung Saison mal eine Saisonfahrt nach Berlin machen will, um dort spazieren zu gehen, darf er das gerne tun", sagte Meier dem SID.
Andere Verantwortliche taten deutlicher kund, dass sie vom Rausch der Emotionen mitgerissen wurden. "Wenn man im Halbfinale steht, darf man auch vom Finale träumen", erklärte Sportchef Samir Arabi, nachdem sein Team nach Hertha BSC und Werder Bremen den dritten Bundesligisten eliminiert und als siebter Drittligist die Vorschlussrunde erreicht hatte.
Auch der Bundesliga-Zweite VfL Wolfsburg wird demnach am 29. April mit Respekt auf die Alm fahren. "Einfacher als gegen Gladbach wird es nicht", betonte Arminia-Geschäftsführer Marcus Uhlig: "Wir werden wieder krasser Außenseiter sein. Aber wir haben uns inzwischen sicher auch einen gewissen Status erarbeitet."
Auch Uhlig war von dem 120-Minuten-Krimi mit den Toren von Manuel Junglas (26.) und Gladbachs Max Kruse (32., Handelfmeter) und dem Wechselbad der Gefühle im Elfmeterschießen sichtlich mitgenommen. "Normal geht bei Arminia nicht. Da war wieder alles drin. Das war ein Herzschlagspiel, das sich nahtlos in die jüngere Geschichte einreiht", erklärte Uhlig, der im Vorfeld "Blut, Schweiß und Tränen" als "spezielle DNA der Arminia" ausgemacht hatte.
Rückkehr in 2. Liga existenziell
An Geld habe er während und nach dem mitreißenden Pokalfight "erst einmal überhaupt nicht gedacht", versicherte der Finanzchef. Dabei sind die zwei Millionen Brutto-Einnahme für den kürzlich noch mit 30 Millionen verschuldeten Traditionsklub ein unerwarteter und warmer Geldregen. Doch das Duell mit dem Champions-League-Anwärter könnte zur Belastung für Kopf und Beine werden, zahlreiche Arminen liefen am Ende der Verlängerung auf dem Zahnfleisch - und die Rückkehr in die 2. Bundesliga ist für Bielefeld noch existenzieller."Jetzt haben wir den Salat. Wieder ein Spiel mehr. Unsere Mannschaft ist dafür eigentlich nicht aufgestellt", meinte Meier, obwohl auch der notorisch um Gelassenheit bemühte Coach von einer "herrlichen Geschichte", einem "denkwürdigen Abend" und einem "besonderen Moment im Leben eines Fußballers" sprach. Trotz der sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz werde die Rückkehr in den Alltag sieben Spieltage vor Schluss "nicht einfach. Aber ich hoffe, dass das positive Erlebnis das Kräfte-Defizit ausgleicht."
Dies sei so, beteuerten seine Spieler. Die Devise "Kämpfen, Kratzen und Beißen", habe man verinnerlicht, konstatierte Daniel Brinkmann. Und Sebastian Schuppan versicherte: "Das sind doch alles positive Schmerzen."
Arminia Bielefeld im Überblick