SPOX: Herr Kirch, als Sie vor einigen Wochen zusammen mit Erik Durm bei einer Talkshow des vereinsinternen Senders "BVB total!" auftraten, meinte dieser lachend: "Wenn ich an Olli denke, dann denke ich zunächst an seine Brust." Was soll das denn bedeuten?
Oliver Kirch: Ich war auch ziemlich von den Socken, dass das seine erste Assoziation war. Von meinen Teamkollegen habe ich da bislang noch nichts gehört. Ich bin eben aktiv im Kraftraum, so dass vielleicht meine Brust mittlerweile etwas überproportional gewachsen ist. Dies jedoch in einer Live-Talkshow zu verkünden, halte ich immer noch für zweifelhaft (lacht).
SPOX: Sie haben in dieser Saison Ihren Mitspielern oft bei der Arbeit zuschauen müssen. Während Sie das erste halbe Jahr 2014 noch als das Schönste bezeichneten, das Sie im Fußball bislang erlebt haben, kommen Sie aktuell nur auf sechs Bundesligaeinsätze. Wie beurteilen Sie die Zeit, die seitdem vergangen ist?
Kirch: Alles andere als zufriedenstellend. Ich hatte mir nach diesem halben Jahr wirklich einiges vorgenommen und wollte nach der Sommerpause dort anknüpfen, wo ich aufgehört hatte. Das wäre auch möglich gewesen: Wir hatten damals einige Verletzte und ich habe in den Testspielen sowie im Supercup und DFB-Pokal meine Einsätze bekommen. Dann kam aber der Muskelbündelriss und ich war rund drei Monate weg vom Fenster. In dieser Zeit habe ich leider sehr viel verloren.
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SPOX: Ihre Leistungen bis dahin waren mehr als ordentlich, Sie waren quasi das erste Mal auf Anhieb richtig nah dran an der Anfangsformation. Wie oft haben Sie zwischenzeitlich in die Tischkante gebissen?
Kirch: Eigentlich jedes Wochenende. Ich war teilweise schon sehr unglücklich. Neben meinem eigenen Pech kam ja hinzu, dass es in der Vorrunde überhaupt nicht für uns laufen sollte. Wenn man dann ständig hilflos vor dem Fernseher oder auf der Tribüne sitzt, ist das natürlich nicht besonders schön.
SPOX: Waren Sie enttäuscht, dass Sie, nachdem Sie wieder fit waren und auf der Sechser-Position durchaus Vakanzen bestanden, keine Einsatzmöglichkeit bekamen?
Kirch: Enttäuscht nicht, aber auch nicht zufrieden. Meine Fitness war damals natürlich noch nicht wieder auf allerhöchstem Niveau. Der Trainer lässt einen in solchen Fällen lieber noch etwas länger mit der Mannschaft trainieren oder auch ein zusätzliches Testspiel absolvieren, bevor er ihn reinwirft. Wir haben in der Hinrunde zudem die eine oder andere schlechte Erfahrung damit gemacht, Spieler direkt wieder ins kalte Wasser zu werfen, nachdem sie zuvor längere Zeit gefehlt hatten.
SPOX: Im Endeffekt verlief Ihre persönliche Saison noch bescheidener als die des BVB, oder?
Kirch: Ja, das kann man eindeutig so sagen.
SPOX: Immerhin ist jetzt wieder Licht am Ende des Tunnels, Sie sind nach einem Sehnenriss im Knie wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen. Haben Sie Hoffnung, im Kader für das Pokalfinale zu stehen?
Kirch: Auf jeden Fall. Ich werde alles dafür tun, dass dies noch irgendwie hinhaut und ich bei diesem Highlight mit dabei sein kann. Ich hoffe, dass ich bis Ende Mai von Woche zu Woche draufpacken kann und dann rechtzeitig wieder in guter Verfassung sein werde.
SPOX: Sie spielen jetzt Ihre dritte Saison in Dortmund. Schätzen Sie doch bitte einmal, in wie viel Prozent aller Pflichtspiele Sie in dieser Zeit zum Einsatz gekommen sind?
Kirch: Wenn man von 50 Pflichtspielen pro Saison ausgeht, wären das 150 Partien insgesamt. Ich tippe, 20 davon habe ich gespielt.
SPOX: Nicht schlecht, Hut ab. Es waren inklusive Supercup exakt 152 Pflichtspiele, Sie sind aber in 30 davon aufgelaufen - also 20 Prozent. Wie wirken diese bloßen Zahlen auf Sie?
Kirch: Ich wollte auch eigentlich Prozent sagen (lacht). Man muss meine erste Saison ganz klar ausklammern, da hat es einfach noch nicht richtig funktioniert. Wenn ich ganz ehrlich bin, zähle ich nur eineinhalb Jahre - nämlich ab der Rückrunde der Vorsaison. Mit dieser Zeit bin ich abgesehen von den Verletzungen durchaus einverstanden. Auch die Punktausbeute, die wir in dieser Periode in Spielen mit meiner Beteiligung erzielt haben, ist glaube ich nicht so schlecht.
SPOX: Seit Ihrem Durchbruch im Vorjahr rund um das Champions-League-Rückspiel gegen Real Madrid haftet Ihnen allerdings ein wenig der Ruf an, zwar immer auf den Punkt da zu sein, wenn Sie gebraucht werden, aber auch wieder ohne Murren ins zweite Glied zu rücken. Ist Ihnen diese Lesart zu negativ?
Kirch: Nicht wirklich. Wenn es heißt, ich wäre immer auf den Punkt da, dann ist das ja erst einmal eine Wertschätzung und wird von Verein und Umfeld honoriert. Spielen dann wieder andere und ich sitze auf der Bank, dann ist es einfach wirklich so, dass ich damit im ersten Moment kein Problem habe.
SPOX: Das ist nicht selbstverständlich, wenn man nur 20 Prozent aller Spiele gemacht hat.
Kirch: Das mag sein, aber ich haue doch nicht auf die Pauke und meine, in jedem Spiel aufgestellt werden zu müssen. Das ist bei unserem Spielermaterial auch einfach nicht realistisch. Wenn ich mich ungerecht behandelt fühle, was durchaus schon vorgekommen ist, dann suche ich das Gespräch mit dem Trainer. Natürlich möchte ich immer spielen, aber ich bin keiner, der Stunk macht oder sich bei der Presse ausweint, wenn er nicht zum Zug kommt. Das mag dem einen oder anderen Fußballer vielleicht schon einmal geholfen haben, doch es ist nicht meine Art.
SPOX: Diese Art kommt besonders bei den Anhängern an. Dort werden Sie an mancher Stelle als Fußballgott bezeichnet, weil Sie auch durch große Spielstärke und Übersicht bestechen würden.
Kirch: Man nennt mich Fußballgott? Vollkommen zu Recht natürlich (lacht). Das werde ich mal überprüfen. Aber Spaß beiseite: Dass mein fußballerisches Können gelobt wird, ist superschön zu hören. Ich glaube jedoch, es hängt eben auch mit meiner Art zusammen. Ich bin einfach kein Lautsprecher, sondern liefere so gut es geht meine Leistung ab, wenn ich gefragt bin.
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