Nach dem Pokal-Skandal von Osnabrück wehrt sich RB Leipzig gegen einen unspektakulären Sieg am grünen Tisch. Noch bevor die Sportgerichts-Mühlen des DFB so richtig in Gang kommen konnten, hat der Zweitligist die Wiederholung der wegen eines Feuerzeugwurfes auf Schiedsrichter Martin Petersen (Stuttgart) abgebrochenen Erstrunden-Partie beim VfL Osnabrück angeboten. Bislang bringt das aber höchstens Sympathiepunkte.
"Wir wollen sportlich in die nächste Runde einziehen - das entspricht unseren Wertevorstellungen", sagte Leipzigs Trainer und Sportdirektor Ralf Rangnick am Dienstagmittag. RB stehe für "Fairness, Fair Play, Familienfreundlichkeit, soziales Engagement, sportlichen Wettkampf und gegenseitigen Respekt". Zum Zeitpunkt des Abbruchs lagen die Sachsen 0:1 im Hintertreffen.
Spielstand hat keinen großen Einfluss auf Richterspruch
Auf die nach SID-Informationen frühestens am Freitag fallende erste Entscheidung über die Spielwertung wird das RB-Angebot aber kaum Einfluss haben. Wertet das DFB-Sportgericht die in der 71. Minute abgebrochene Partie doch noch für Leipzig, wird auch dann nicht wiederholt, selbst wenn Leipzig das wollen würde.
Muss das Spiel nach dem Richterspruch ohnehin erneut ausgetragen werden, liegt das nicht an Rangnicks Vorstoß. Bis Donnerstag haben beide Klubs Zeit, sich zu äußern. Kann bis Freitag keine Entscheidung getroffen werden, muss die geplante Auslosung der zweiten Runde nach dem Bundesligaauftakt zwischen Bayern München und dem Hamburger SV (Freitag, 20.30 Uhr) verschoben werden.
"Wir verurteilen die unsportlichen und unfairen Taten aufs Schärfste", sagte Rangnick, der die Atmosphäre in Osnabrück anprangerte: "Wenn ich mit Frau und Familie da gewesen wäre, wüsste ich gar nicht, wo ich hätte stehen sollen, um mich halbwegs sicher zu fühlen." Der VfL teilte mit, die Möglichkeit eines Wiederholungsspiels derzeit zu prüfen.
In einem vergleichbaren Fall vor neun Jahren, als während der Pokal-Partie der Stuttgarter Kickers gegen Hertha BSC Schiedsrichterassistent Kai Voss von einem gefüllten Bierbecher getroffen worden war, wertete das Sportgericht die Partie anschließend für Hertha BSC (gemäß der Statuten 2:0). Der Spielstand zum Zeitpunkt des Abbruches hat keinen großen Einfluss auf den Richterspruch. Neben dem deshalb nicht unwahrscheinlichen Pokal-Aus droht dem Drittligisten, der bis zum Abbruch sportlich überzeugt hatte, zudem mindestens eine empfindliche Geldstrafe. Der DFB-Kontrollausschuss ermittelt.
Wer der Chaot aus dem VfL-Block war, ist noch offen. "Die szenekundigen Beamten Fußball (SKB) werten und sichern derzeit externes und internes Videomaterial aus", teilte die Polizeiinspektion Osnabrück mit. Noch gebe es keinen Tatverdächtigen. Auch von Zuschauern erstelltes, privates Filmmaterial soll gesichtet werden.
Leipzigs Davie Selke eigentliches Ziel?
Petersen erlitt eine leichte Gehirnerschütterung. "Es geht ihm aber den Umständen entsprechend gut und er ist bald wieder einsatzbereit", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker. Der unrühmliche Vorfall am Montagabend sei eine "bittere Stunde" gewesen, sagte VfL-Vereinspräsident Hermann Queckenstedt, der die Zuschauer rund 20 Minuten nach dem Feuerzeugwurf mit einer emotionalen Rede per Stadionmikrofon über den Abbruch informiert hatte.
"Das ganze Spiel über flogen Feuerzeuge, Trinkbecher und andere Wurfgegenstände in Richtung unserer Spieler sowie unserer Auswechselspieler, die sich gerade warmliefen", sagte Rangnick: "Es war demnach definitiv nicht nur ein Einzeltäter, dessen Handeln später zu dem für alle Seiten bedauerlichen Spielabbruch führte." Die TV-Bilder des Skandals lassen zudem Raum für Spekulationen. Unmittelbar neben Petersen stand der Leipziger Davie Selke, den das rote Feuerzeug am Ende aber verfehlte.
"Natürlich hätten auch mehrere andere getroffen werden können - von Bierbechern oder Feuerzeugen", sagte Rangnick: "Aber es war der Schiedsrichter, und dass dann abgebrochen wird, ist die logische Konsequenz." VfL-Trainer Maik Walpurgis habe "Frust, Wut und Enttäuschung" gespürt. "Im Sinne des Fußballs hatte ich gehofft, dass der Vierte Offizielle übernehmen könnte", sagte er.
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