Der FC Bayern zittert sich mit 5:4 gegen Zweitligist Heidenheim ins Pokalhalbfinale - und prangert danach die immer wiederkehrenden Fehler an. Wie eine Schallplatte mit Sprung.
Der FC Bayern zittert sich mit 5:4 ins Pokalhalbfinale - und prangert danach die immer wiederkehrenden Fehler an. Wie eine Schallplatte mit Sprung.
Niemand wollte so recht auf Mats Hummels eingehen, als er vor wenigen Tagen in Freiburg mehrfach darauf hinwies, dass der nächste Gegner 1. FC Heidenheim und nicht Borussia Dortmund heißt. Den Zweitligisten müsse man erst einmal bezwingen, bevor man sich voll und ganz dem Kracher am kommenden Samstag widmen könne, sagte er.
"Aber das Spiel davor scheint Euch ja nicht zu interessieren", rief er den anwesenden Reportern augenzwinkernd zu. "Wenn wir nur an Samstag denken, brennt da definitiv etwas an".
Er schaue sich immerhin häufig Partien der Heidenheimer an, ein guter Kumpel sei großer FCH-Fan, verriet er. "Ich kenne sogar einige Spieler da. Das ist fußballerisch echt eine gute Mannschaft."
Glatzel und Schnatterer lassen Heidenheim träumen
Was anmutete wie das obligatorische Starkreden des nächsten Gegners, weil sich das für einen respektvollen Profi-Fußballer so gehört, sollte sich als dunkle Vorahnung entpuppen. Heidenheim brachte den großen Favoriten, den Rekordsieger, beinahe zu Fall.
Der Underdog vom Rande der Schwäbischen Alb führte zur Pause, weil die Bayern nach der frühen Roten Karte gegen Abwehrmann Niklas Süle überhaupt keine Ordnung fanden.
Der gebürtige Münchner Robert Glatzel sowie Klublegende Marc Schnatterer ließen den mitgereisten Anhang nach 45 Minuten von der Sensation träumen.
Robert Lewandowski: Die bayerische Lebensversicherung
Als der FCB - trotz Unterzahl - nach dem Seitenwechsel plötzlich alle Weichen auf ein halbwegs souveränes Weiterkommen stellte, schlug Heidenheim erneut zweimal zu, glich zum 4:4 aus. In Person von Glatzel, der also insgesamt drei Treffer erzielte.
Kurz vor Schluss behielt aber der eingewechselte Robert Lewandowski, der einmal mehr andeutete, wie abhängig die Bayern von seinen Toren sind, vom Elfmeterpunkt die Nerven und beendete alle Hoffnungen der aufopferungsvoll kämpfenden Gäste.
"Wenn vor dem Spiel einer gesagt hätte, dass neun Tore fallen, wäre wohl niemand auf ein 5:4 gekommen. Natürlich sind wir stolz auf diese Leistung", zeigte sich Heidenheim-Coach Frank Schmidt angetan von der Darbietung seiner Jungs.
Kräftig durchatmen hieß die Devise hingegen im Lager der Hausherren, ehe man sich an die Analyse wagte. Wie konnte es dazu kommen, dass eine Mannschaft, gespickt mit hochdekorierten Stars, nach vermeintlich komfortabler Führung noch einmal derart in die Bredouille gerät?
Kovac wütet: "Das geht einfach nicht"
Die Erklärungsversuche wirkten wie Blaupausen anderer Erklärungsversuche, als hätte man all das in der laufenden Saison bereits gehört. Mehrfach.
"Ich sage immer wieder, dass wir kompakt sein müssen. Das ist die Grundvoraussetzung", sagte Trainer Niko Kovac auf der Pressekonferenz nach der Begegnung und wütete: "Und dann kassieren wir vier Tore. Du darfst nicht vier Gegentreffer bekommen. Bei allem Respekt vor Heidenheim: Das geht einfach nicht. Das ärgert mich sehr."
Die Kritik an Kovac reißt durch Auftritte wie gegen Heidenheim natürlich nicht ab. In den sozialen Medien trendete am Mittwochabend beispielsweise der Hashtag #KovacOut.
Kovac: "Da musst du Beton anrühren"
Nicht nur er, auch seine Schützlinge ärgerten sich über die offenkundige Lernresistenz. "Wenn man 4:2 führt ist es egal, ob man mit sieben Mann spielt oder mit elf oder 15, du musst es eigentlich da schon über die Zeit bekommen", befand Süle.
Ähnlich hatte sich auch Kovac bei Sky geäußert: "Das darf nicht passieren, da musst du Beton anrühren und sehen, dass du das Spiel über die Runden bringst."
Leon Goretzka reihte sich nahtlos in die Das-darf-nicht-passieren-Fraktion ein. "Die ganz große Erkenntnis ist, dass wir vier Tore gekriegt haben gegen einen Zweitligisten. Das darf nicht passieren."
Immer die gleichen Fehler beim FC Bayern
Und doch passiert das, was eigentlich nicht passieren darf, seit Herbst vergangenen Jahres immer und immer wieder. Wie bei einer Schallplatte, die mit einem Sprung zu kämpfen hat: Das Herschenken von Führungen, die riesigen Löcher in der Abwehr, die Schludrigkeiten im Mittelfeld, die den jeweiligen Gegner zum Kontern einladen.
"Diese Sachen passieren uns zu häufig", weiß Hummels, der nach der Partie die "Unkonzentriertheiten" anprangerte, die beispielsweise zum Platzverweis von Süle und zum zwischenzeitlichen 1:1 führten.
Unkonzentriertheiten, die das Spiel in eine wilde Achterbahnfahrt verwandelten. Unkonzentriertheiten, die in der jüngeren Vergangenheit auch in der Bundesliga Spiele aus Bayern-Sicht in wilde Achterbahnfahrten verwandelten. So, dass der Serienmeister aus dem Süden derzeit zwei Punkte Rückstand auf den BVB hat.
FC Bayern: Der Blick geht in Richtung BVB
Nun, nachdem Heidenheim im wahrsten Sinne des Wortes DFB-Pokal-Geschichte war, widmeten sich Hummels und die anderen dann doch endlich dem Kracher am Samstag.
"Das wird eine richtig geile, temporeiche Partie", versprach der 30-Jährige mit Hinblick auf das Wiedersehen mit seinem Ex-Klub. "Das ist das geilste Spiel der Saison, darauf wartet ganz Deutschland", schwärmte Goretzka, der aber zu bedenken gab: "Dann müssen wir das besser machen als heute."
Kovac forderte: "Wir müssen uns steigern und zwar in allen Belangen." Wie das bewerkstelligt werden soll, verriet er allerdings nicht.