Eine Gala zum Kotzen

Das Triple ist nicht mehr möglich: Pep Guardiola tröstet Jerome Boateng
© getty

Der FC Bayern spielt im Halbfinale des DFB-Pokals 100 fantastische Minuten gegen Borussia Dortmund, verspielt in schwachen 20 und einem historisch schlechten Elfmeterschießen aber die Chance auf die Titelverteidigung und das Triple. Die Suche nach dem Warum bringt unterschiedliche Ansätze.

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Es war ein dumpfes Trommeln, das Jürgen Klopps Worte begleitete. Der Dortmunder Trainer durfte auf der Pressekonferenz gerade seine Mannschaft für den Einzug ins Finale des DFB-Pokals loben, aber im Hintergrund war dieses Wummern zu hören.

Das Geräusch kam nicht von den BVB-Fans, die noch lange nach Spielschluss auf der Tribüne feierten, sondern von Pep Guardiola. Der Trainer des FC Bayern, so schien es, wünschte sich gerade an jeden möglichen anderen Ort dieser Welt, nur der Pflichttermin im Bauch der Allianz Arena war im nicht recht. Also hämmerte er etwas ungeduldig mit seinen Fingern auf den Tisch rund um das Mikrofon.

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Später zupfte er noch an seiner Krawatte und an seinem Handgelenk herum, bevor er die Augen schloss und sich die Nase rieb wie Wickie. Bei der Comic-Figur folgte auf das Nasereiben immer ein Geistesblitz. Und auch Guardiola schien auf dieser Pressekonferenz schon in andere Dinge vertieft, als in die aufkommenden Fragen.

Viel Stoff zum Aufarbeiten

Es gab ja auch viel aufzuarbeiten nach diesen doch bizarren 120 Minuten plus Elfmeterschießen. Da gab es "das beste Spiel gegen den BVB während meiner Periode in Deutschland", wie Guardiola sagte. Aber da gab es auch die Verletzung von Arjen Robben, die Auswechslung von Thiago, vier verschossene Elfmeter und viele umstrittene Schiedsrichterentscheidungen, die Guardiola an der Seitenlinie mehr als einmal fuchsteufelswild werden ließen.

Zum Schiedsrichter Peter Gagelmann, dessen Leistung in der Tat dem Rahmen eines Halbfinals nicht angemessen war, wollte Guardiola nichts sagen. Außer: "Ich bin hier, um die Schiedsrichter zu unterstützen. Ich habe Respekt vor ihnen."

Was genau Guardiola von Gagelmann und seinen Assistenten in dieser Partie hielt, musste der Spanier aber nicht nochmal erklären. Die Beschwerden an der Seitenlinie und die Szene, als er mit geballter Faust ähnlich wie einst Handball-Bundestrainer Heiner Brand in Richtung des Vierten Offiziellen marschierte, waren deutlich genug.

Bayern lässt zu viele Chancen liegen

Die Schuld für das Ausscheiden wollten die Bayern im Nachhinein aber nicht beim Schiedsrichter suchen, auch wenn sie sich an diesem Abend klar benachteiligt fühlten. "Die Schiedsrichterentscheidungen fielen nicht glücklich aus für uns - vorsichtig ausgedrückt", fasste Thomas Müller treffend zusammen und schob ebenso treffend hinterher. "Aber wir müssen ein Tor machen!"

Chancen waren vor allem zu Beginn der zweiten Hälfte zur Genüge vorhanden und auch in der Verlängerung hätten die Münchner das Spiel mehrmals entscheiden können, aber sie bekamen nach Robert Lewandowskis Führungstreffer nach einer halben Stunde den Ball nicht mehr ins Tor.

Die mangelnde Chancenverwertung war ein Erklärungsansatz, den neben Müller auch noch Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger verfolgten. "Wir haben es verpasst, das Spiel in der regulären Spielzeit und der Verlängerung zu entscheiden. Dann geht es ins Elfmeterschießen und da ist vieles Glückssache", sagte der Kapitän.

Mit Thiago ging die Kontrolle

Aber da gab es noch die zweite Seite der Medaille. Warum haben die Bayern den BVB nach 70 Minuten zurück ins Spiel gelockt? Und welchen Anteil an diesem Umschwung gegen Ende der regulären Spielzeit hatte Guardiola mit seinem Wechsel Thiago raus, Robben rein?

Als der erneut fantastische Thiago das Feld verließ, verschwand bei den Bayern auch die totale Spielkontrolle. Guardiola führte auf der Pressekonferenz einen Schlag an, den sein Musterschüler abbekommen habe. Thiago twitterte spät in der Nacht noch: "Ich bin nicht verletzt."

Klar ist auch, dass die körperliche Belastung bei Thiago nach seiner mehr als einjährigen Verletzungspause noch dosiert werden muss. Aber musste er in diesem Spiel zu diesem Zeitpunkt wirklich raus? Und war der Dribbler Robben als Ersatz die richtige Wahl?

Natürlich gibt es Argumente, die für diese Entscheidung sprechen. Guardiola hat in seinen beiden Jahren viele richtige Entscheidungen getroffen und den Bayern mit seinen Schachzügen Spiele gewonnen, aber der Spanier wird sich diesen Fragen stellen müssen und sich sicherlich auch selbst damit beschäftigen.

"Ein katastrophaler Abend"

"Wir haben für eine Viertelstunde die Struktur verloren", stellte Müller fest. "Dortmund hat ein paar gefährliche Situationen und macht daraus ein Tor." Neuer machte diese Phase hauptverantwortlich für den geplatzten Traum der Titelverteidigung. "Natürlich kann man sagen, wir müssen das Spiel vorher entscheiden. Aber wir sind von unserem Ballbesitzspiel abgewichen."

Eine besonders bittere Note bekam die ganze Szenerie zusätzlich durch die Wadenverletzung Robbens, die das Saisonaus des Niederländers bedeutet. Dabei war er gerade nach einer Bauchmuskelverletzung genesen.

Und so mussten die Bayern am Ende zum ersten Mal seit dem verlorenen Finale dahoam in der Allianz Arena wieder in ein Elfmeterschießen. Und wie 2012 gegen den FC Chelsea endete es mit einer historischen Pleite. Noch nie zuvor hatten alle Schützen der Münchner in einem Elfmeterschießen vergeben.

An diesem Dienstag, an dem "nicht viel für uns gelaufen ist" (Müller), war aber alles möglich. Auch, dass Lahm und Xabi Alonso auf tragikomische Art und Weise bei den ersten beiden Elfmetern fast identisch ausrutschten und scheiterten. "Ein katastrophaler Abend für uns. Wir gehen als Verlierer nach Hause und das kotzt mich an", sagte Müller.

Bayern bereit für Barca

Was bleibt von einer Partie, in der die Bayern "mehr richtig als falsch gemacht haben" (Müller) und über 100 Minuten aufzeigten, wie groß der Unterschied zwischen beiden deutschen Aushängeschildern momentan wirklich ist, aber am Ende das Ergebnis überhaupt nicht zum Geleisteten passt?

Auf jeden Fall eine weiter angespannte Personalsituation mit den beiden Verletzten Robben und Lewandowski. Aber auch die Gewissheit, dass das eigene Spiel funktioniert, die Mannschaft für die Duelle mit Barca bereit ist - und dass Guardiola wie Wickie schon kurz nach einer Niederlage am nächsten Geistesblitz arbeitet.

Bayern - Dortmund: Daten zum Spiel