Kommentar zum Pokalsieg von Eintracht Frankfurt: Niko Kovac hat es allen gezeigt

Niko Kovac hat Eintracht Frankfurt zum Pokalsieg geführt.
© getty

Niko Kovac hat Eintracht Frankfurt innerhalb von gut zwei Jahren mit dem DFB-Pokalsieg 2018 zum ersten Titel seit genau 30 Jahren geführt. Der Druck in den Wochen seit dem feststehenden Wechsel zum FC Bayern war riesig, der Leistungsabfall in der Liga für viele ein Zeichen dafür, dass er diesem Druck nicht standhalten kann. Mit der taktischen und mentalen Einstellung seiner Mannschaft im Pokalfinale hat Kovac seinen Kritikern gezeigt, dass er ein großer Trainer werden kann. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Rabe.

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Im Moment des Erfolgs bröckelte die sonst so unterkühlte Fassade von Niko Kovac. Als er vor der Eintracht-Kurve im Berliner Olympiastadion stand und nun doch gefeiert wurde, kamen dem scheidenden Trainer die Tränen.

Es war nicht selbstverständlich, dass die Anhänger der Eintracht den Namen des Kroaten skandierten. Noch beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung vor dem Spiel hatten sie den baldigen Bayern-Trainer laut ausgepfiffen.

Der unglücklich kommunizierte Wechsel zum FC Bayern ("Stand jetzt") und der Einbruch im Endspurt der Bundesliga, der schließlich die Qualifikation für Europa auf dem Ligaweg kostete, hatten Kovac in den letzten Wochen vom Publikumsliebling zur Persona non grata gemacht.

Auch sein Leumund in der Öffentlichkeit litt. Kritiker begannen bereits, ihm die Eignung als künftiger Trainer des FC Bayern abzusprechen. Mit dem Gewinn des DFB-Pokals hat es Kovac am Samstagabend aber allen Kritikern gezeigt. Er hat bewiesen, dass er ein großer Trainer werden kann.

Kovac ordnete an diesem Abend alles dem Erfolg unter. Auch die Verbundenheit zu Alex Meier, den er in seinem vermutlich letzten Spiel für die Eintracht nicht in den Kader nominierte und damit den Unmut der Fans auf sich zog. Kovac war der Überzeugung, dass er auf der Bank andere Spieler als Optionen besser gebrauchen könne als Meier. So unromantisch das ist: In seinem erfolgsorientierten Matchplan hatten solche sentimentalen Argumente keinen Platz.

Kovac-Plan gegen FC Bayern ging voll auf

Der Matchplan des Kroaten ging voll auf. Die Eintracht spielte hart wie zu besten Zeiten in dieser Saison. Durch aggressives Anlaufen störten die Frankfurter den Spielaufbau der Bayern. Defensiv konzentrierten sie sich darauf, das Zentrum dicht zu machen, die Außen zu öffnen, um dann schnell zu verschieben und die Flügelspieler zu doppeln.

Allerdings spielte die Eintracht nicht ausschließlich destruktiven Bollwerkfußball, sondern konterte bei Ballgewinn mutig und effizient.

Vor allem aber war die Eintracht mental auf der Höhe. Nach dem Ausgleich durch Robert Lewandowski brach die Mannschaft nicht zusammen.

Eintracht Frankfurt feiert einen Sieg des Willens

Natürlich gehörte auch Glück dazu. Das Glück, dass die Bayern zweimal die Latte trafen und Schiedsrichter Felix Zwayer in der Nachspielzeit trotz Ansicht der TV-Bilder einen klaren Foulelfmeter nicht gab.

Dennoch wirkte der Sieg nicht unverdient. Weil Kovac die richtige Taktik gewählt und es darüber hinaus geschafft hat, die Mannschaft nach dem Spannungsabfall der letzten Wochen auf den Punkt noch einmal scharf zu machen. Die Eintracht wollte es an diesem Abend mehr als die Bayern. Es war ein Sieg des Willens. Das hatte - das bestätigten die Spieler später einhellig - viel mit der Ansprache von Kovac zu tun.

Dieser war mit dem Kopf eben noch nicht bei den Bayern, sondern sagte seiner Mannschaft klipp und klar, dass er fest daran glaube, den Pokal zu gewinnen. Und das Team lieferte.

Kovac führt die Eintracht nach Europa

Kovac verlässt die Eintracht nun nach gut zwei Jahren auf dem Höhepunkt einer Entwicklung. Er hielt den Klub erst durch die Relegation in der Klasse, entwickelte das Team in den folgenden beiden Jahren weiter, führte es zweimal ins Pokalfinale und nun eben zum Pokalsieg, zum ersten Titelgewinn nach genau 30 Jahren.

Als Nebenprodukt sicherte er der SGE damit die Teilnahme an der Gruppenphase der Europa League. Ohne lange, beschwerliche Qualifikationsrunden, die Platz sieben bedeutet hätten.

Auch für Kovac persönlich ist der Titelgewinn wichtig. Hätte er nach dem blutleeren Auftritt gegen Bayerns C-Elf vor wenigen Wochen nun im Pokalfinale eine üble Klatsche kassiert, wäre er spürbar angeschossen nach München gekommen. Den Zweifeln über seine Qualität als Trainer nahm er nun durch den Titelgewinn zumindest vorübergehend den Wind aus den Segeln.

Bei der Eintracht geht er als Pokalsieger-Trainer in die Geschichte ein. Das könnte die Fans auf Dauer mit ihm versöhnen. Die Bilder von Kovac mit dem Pokal in der Hand werden die Gräben, die sich in den letzten Wochen bildeten, vermutlich zuschütten. Zumindest auf Dauer und in der Retrospektive. Einen ersten Schritt der Annäherung gab es ja bereits am Samstagabend. Die Tränen von Kovac sagten in diesem Moment mehr als 1000 Worte.

Die letzten zehn Gewinner des DFB-Pokals

SaisonGewinnerFinalgegnerErgebnis
2017/2018Eintracht FrankfurtFC Bayern München3:1
2016/2017Borussia DortmundEintracht Frankfurt2:1
2015/2016FC Bayern MünchenBorussia Dortmund0:0 n.V, 4:3 i. E.
2014/2015VfL WolfsburgBorussia Dortmund3:1
2013/2014FC Bayern MünchenBorussia Dortmund2:0 n.V.
2012/2013FC Bayern MünchenVfB Stuttgart3:2
2011/2012Borussia DortmundFC Bayern München5:2
2010/2011FC Schalke 04MSV Duisburg5:0
2009/2010FC Bayern MünchenWerder Bremen4:0
2008/2009Werder BremenBayer 04 Leverkusen1:0
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