Dominik Stroh-Engel spielt im Dress des SV Darmstadt 98 die beste Saison seiner Karriere. Im Interview spricht der 28-Jährige über die Saisonziele der Lilien, Sensibilität im Profigeschäft, den Torrekord von Regis Dorn und die Einführung der 3. Liga.
SPOX: Herr Stroh-Engel, Sie führen mit Abstand die Torjägerliste der 3. Liga an, sind vielen Fans aber wohl hauptsächlich durch Ihre Auftritte im DFB-Pokal ein Begriff. Mit Borussia Mönchengladbach konnte der SV Darmstadt 98 zu Saisonbeginn ein großes Kaliber ausschalten. War dieser Erfolg Extramotivation für die Saison?
Stroh-Engel: Es war ein Motivationsschub, auf jeden Fall. Wir haben die Messlatte damit sehr hoch gelegt. Der Erfolg im Pokal hat sich auch in den Ergebnissen in der Liga widergespiegelt. Wir haben kontinuierlich unsere Punkte geholt.
SPOX: Der Start war zwar zunächst durchwachsen, dann folgte jedoch eine Serie und der Sprung auf Platz zwei. Die Lilien spielen nun um den Aufstieg mit.
Stroh-Engel: Unser Saisonziel bleibt unverändert der Klassenerhalt. Zunächst wollen wir diesen so schnell wie möglich sichern, danach sehen wir weiter.
SPOX: Das kann nicht Ihr Ernst sein.
Stroh-Engel: Natürlich möchten wir uns festbeißen und wenn wir schon oben mitspielen, sicherlich auch die anderen Mannschaften ein wenig ärgern. Unsere Zielsetzung wollen wir deshalb allerdings nicht ändern.
SPOX: Hat diese Demut auch damit etwas zu tun, dass Darmstadt in der vergangenen Saison sportlich abstieg und nur aufgrund des Lizenzentzuges von Kickers Offenbach die Klasse hielt?
Stroh-Engel: Das mag sein. Allerdings war für meine Entscheidung, nach Darmstadt zu wechseln, in erster Linie ein Gespräch mit Trainer Dirk Schuster entscheidend. Diese spezielle Situation hatte für mich keinen Ausschlag.
SPOX: Und für die anderen im Verein?
Stroh-Engel: Ich denke, dass nach der Offenbacher Insolvenz und dem damit verbundenen Verbleib in der Liga jeder Spieler nochmal eine Extramotivation erhielt. In der aktuellen Saison spielt das Thema für uns allerdings keine Rolle mehr, wir konzentrieren uns ausschließlich auf unsere Aufgaben. Alles was davor war, ist irrelevant.
SPOX: Dass diese Sache abgehakt ist, kann man auch an Ihren Daten ablesen: Sie haben in 22 Spielen 17 Tore geschossen und spielen die stärkste Saison Ihrer Karriere.
Stroh-Engel: Dass ich solch eine Saison spiele, liegt vor allem daran, dass wir eine richtig gute Mannschaft haben. Wir stehen hinten sehr kompakt und auch wenn in der Offensive eine Chance vergeben wird, kann man sich auf die Jungs in der Defensive jederzeit verlassen. Darüber hinaus spielen die Gespräche mit dem Trainer eine wichtige Rolle.
SPOX: Wie nimmt er Einfluss auf Sie?
Stroh-Engel: Dirk Schuster hat die Fähigkeit, immer die richtigen Worte zu finden und schafft es, der Truppe stets die entsprechende Motivation mitzugeben. Das tut natürlich auch mir als Stürmer gut.
SPOX: Wie wichtig ist das Drumherum in einem Verein für Ihre Leistungen?
Stroh-Engel: Ich bin ein Wohlfühlspieler und muss mich in erster Linie in der Mannschaft zurechtfinden, um Spaß am Fußballspielen zu haben. Wichtig ist mir außerdem, dass auch bei schlechten Spielen innerhalb der Mannschaft und des Trainerteams positiv kommuniziert wird. All das finde ich in Darmstadt vor.
SPOX: Kann man sich eine solche "Sensibilität" in diesem Ellbogengeschäft überhaupt leisten?
Stroh-Engel: Es ist zumindest selten der Fall. Gerade in der 1. und 2. Liga dürfte ein anderer Wind wehen. Das ist mir durchaus bewusst, deshalb weiß ich es umso mehr zu schätzen, was ich hier in Darmstadt habe.
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Dominik Stroh-Engel im Steckbrief
SPOX: Sie waren in Babelsberg Stammspieler, gingen aber zurück nach Wiesbaden. Dort lief es nicht wirklich. Wieso haben Sie diese Entscheidung getroffen?
Stroh-Engel: In Babelsberg hat sich alles ein wenig aufgelöst. Dann kam das sportlich sehr attraktive Angebot aus Wiesbaden. Ziel war der Aufstieg in die 2. Liga. Diesen Weg wollte ich unbedingt mitgehen. Dass der Schuss so dermaßen nach hinten losgehen würde, konnte ich nicht ahnen.
SPOX: Welche Rolle spielt denn der Faktor Heimat für Sie? Schließlich sind Ihre bisherigen Vereine mit Ausnahme von Babelsberg in Hessen beheimatet.
Stroh-Engel: Das ist reiner Zufall, der sich ohne mein Zutun so ergeben hat. Natürlich ist die Nähe zur Heimat kein Nachtteil. Aber ich habe ja gerade in Babelsberg gezeigt, dass ich auch weiter weg sehr gut Fußball spielen kann.
SPOX: Sind Sie bereits an Ihrem Limit angelangt oder gibt es noch Luft nach oben?
Stroh-Engel: Da ist sicherlich noch Luft, perfekt ist das alles schließlich noch nicht. Wir versuchen alle, uns immer weiter zu verbessern. Das gilt natürlich auch für mich.
SPOX: Der Torrekord in Liga 3 steht bei 22 Treffern, aufgestellt von Regis Dorn in der Saison 2009/2010. Das ist schon ein Ziel, oder?
Stroh-Engel: Natürlich, ich will den Rekord brechen. Wenn man so nah dran ist, dann muss das auch das Ziel sein.
SPOX: Davon würde auch das Team profitieren, das noch nie verloren hat, wenn Sie trafen. Besteht auf der anderen Seite eine zu große Abhängigkeit von Ihnen?
Stroh-Engel: Gute Frage, aber damit habe ich mich noch nicht eingehend beschäftigt. Es geht vielmehr darum, in Führung zu gehen. Das ist wichtiger als der einzelne Torschütze. Darmstadt ist nicht von mir abhängig, wir haben genügend Spieler, die Spiele entscheiden können.
SPOX: Sie stehen nach dieser Saison sicherlich auch bei anderen Klubs auf dem Zettel. Reizt eine höhere Liga weiterhin?
Stroh-Engel: Die Bundesliga ist natürlich schon nochmal ein anderes Maß. Ich möchte aber auf jeden Fall nochmal 2. Liga spielen. Das ist mein Ziel. Ob mit Darmstadt oder einem anderen Verein, lässt sich jetzt natürlich sehr schwer vorhersagen.
SPOX: Gab es bereits Anfragen?
Stroh-Engel: Bisher nicht. Ich habe in Darmstadt ja auch einen Zweijahresvertrag unterschrieben, bin jetzt erst sechs Monate im Verein und denke nicht daran, ihn zu verlassen.
SPOX: Wie bewerten Sie als Spieler, der in seiner Karriere in diversen Ligen tätig war, eigentlich grundsätzlich die Einführung der 3. Liga?
Stroh-Engel: Gerade für junge Spieler ist sie als Sprungbrett eine sehr gute Sache. Für die Vereine an sich sieht es aber anders aus. Durch die vielen Insolvenzfälle sieht man, dass hier definitiv nachgebessert werden sollte.
SPOX: Inwiefern?
Stroh-Engel: Die Klubs sollten mehr Fernsehgelder bekommen. Wenn man 100.000 Euro bei jedem Bundesligaverein abziehen würde, täte das sicherlich nicht weh und für die Vereine in der 3. Liga wäre es eine immense Hilfe. Damit sollte man sich langfristig schon beschäftigen.
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