SPOX: Was den Fans sicherlich auch gefallen hat, war die Verpflichtung von Torsten Mattuschka, dem besten Scorer der zweiten Liga 2013/2014. Hat es viel Überzeugungsarbeit gekostet, solch einen Spieler in die dritte Liga zu locken?
Krämer: Das ist für den ganzen Verein natürlich ein Glücksfall und auch nur deshalb möglich, weil Tusche Ur-Cottbuser ist. Ich glaube schon, dass er gerne beim 1. FC Union geblieben wäre. Dort ist er eine Institution, hat sich diesen Status erarbeitet. Es wäre wohl keinem anderen Verein, abgesehen von seinem Heimatklub, gelungen, ihn aus Berlin wegzuholen. Dass wir ihn jetzt haben, ist toll. Das freut die Fans, die Mitspieler und auch mich als Trainer.
SPOX: Apropos Trainer. Walerij Lobanowski gilt als Ihr großes Trainer-Vorbild. Was war das Besondere an ihm?
Krämer: Er hat Dynamo Kiew Ende der 70er Jahre trainiert, als in Deutschland noch mit zwei Manndeckern und Libero zur Absicherung gespielt wurde. Lobanowski hat dagegen schon damals raumorientiert spielen lassen, hat die Viererkette ins Leben gerufen und viel mit Raumverknappung gearbeitet. Er war seiner Zeit mindestens zehn Jahre voraus. In meinen Augen ist er der Erfinder des Fußballs, den man jetzt so oft sieht, womit sich viele brüsten, ihn erfunden zu haben. Das ist aber alles nur eine Weiterentwicklung dessen, was Lobanowski in den 70ern entwickelte.
SPOX: Glauben Sie, dass man den Fußball heute auch noch mit solchen Schritten weiterentwickeln kann? Oder ist er taktisch bereits an seine Grenzen gestoßen?
Krämer: Die Veränderungen werden sicherlich weniger, die Sprünge kleiner. Dennoch entwickelt der Fußball sich immer weiter. Es gab ja auch in den vergangenen Jahren Neuerungen. Nehmen wir die Teams, die zur Dreierkette zurückkehrten. Auch die vielen Positionswechsel sind eine Weiterentwicklung. Darauf wiederum zu reagieren, ist der nächste Schritt. Stillstehen wird der Fußball ganz gewiss nie.
SPOX: Wie berechenbar ist das?
Krämer: Fußball wird immer - und das ist auch gut so - den Hang zum Chaos haben und ein Stück Zufall beinhalten. Wenn eben 22 Menschen, keine Computer, zusammen und gegeneinander spielen bleibt es ein Fehlerspiel - und aus den Fehlern werden sich nicht planbare und unvorhersehbare Dinge entwickeln. Unter Berücksichtigung all dieser unkalkulierbaren Faktoren gilt es, mit guter Arbeit die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg zu erhöhen. Aber der Fußball wird immer zum Teil unberechenbar sein, das finde ich super.
SPOX: Zum Schluss ein ganz anderes Thema: Sie waren während des Studiums DJ, legen Sie heute auch noch ab und zu auf?
Krämer: Das ist mittlerweile 25 Jahre her. Ich habe das damals ein bisschen als Hobby gemacht, heute spielt das aber überhaupt keine Rolle mehr.
SPOX: Also haben Sie auch keinen Einfluss auf die Musik in der Energie-Kabine?
Krämer: Das machen die Jungs schon selbst, ich glaube Fanol Perdedaj und Cedric Mimbala teilen sich den Job bei uns. Ich finde das aber eher gruselig, was da läuft. Da bin ich froh, dass ich meine eigene Kabine habe, in der ich meine Musik hören kann.
SPOX: Und die wäre?
Krämer: Was ich höre, geht eher Richtung Independent. Etwas schneller, lauter, härter und dunkler. Bei dem Kram, den die Jungs heute hören, werde ich wahnsinnig.
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