EM

"Ein englisches Spiel wollten wir nicht"

Shkodran Mustafi traf für die DFB-Elf zum 1:0 per Kopf
© getty

Shkodran Mustafi erzielte Deutschlands erstes Tor bei der EM. In der Mixed Zone sprach er nach dem Spiel über seinen Adrenalinspiegel, Fehler im Defensivverhalten und sein Abstimmungsproblem mit Manuel Neuer. Außerdem: Ohne die Familie stünde er vielleicht gar nicht in Frankreich auf dem Platz.

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Frage: Herr Mustafi, Ihnen ist im Auftaktspiel der EM der wichtige Führungstreffer gelungen. Hatten Sie sich das genau so ausgemalt?

Shkodran Mustafi: Also malen kann ich sowieso nicht. (lacht) Für mich war es wichtig, meinen Teil zum Spiel beizutragen. Es ist ein schönes Gefühl, von Trainer und Mannschaft das Vertrauen zu erhalten. Das will ich zurückgeben.

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Frage: Fühlen Sie sich gerade auch ein Stück weit erleichtert ob des positiven Ausgangs?

Mustafi: Ich bin einfach glücklich über den Sieg. Es ist eine riesige Anspannung. Man bereitet sich lange auf so ein Turnier vor, es wird viel geschrieben, viel kommentiert, jeder hat seine Meinung. Man muss das alles ausblenden und sich auf das fokussieren, was bevorsteht. Das ist für uns oftmals nicht einfach. Ich denke aber, dass wir heute alles in allem unseren Job erledigt haben und uns jetzt auf der Rückreise freuen sollten.

Frage: Sami Khedira sprach von einem typischen Auftaktspiel. Sehen Sie das genauso?

Mustafi: Ich weiß nicht, wie man sich so ein typisches Auftaktspiel vorstellt, aber es war kein einfaches Spiel. Vor der ersten Partie ist sehr viel Druck da. Daher war es auch wichtig, heute zu gewinnen.

Frage: Es war Ihr erstes Länderspieltor. Wie viel Adrenalin ist noch im Körper?

Mustafi: Ich freue mich mehr über das Ergebnis und darüber, dass ich meinen Part in der Defensive erfüllt habe als über mein Tor, das sage ich ganz ehrlich. Wenn man noch mit einem Tor helfen kann, ist es besonders schön. In erster Linie war es mir aber wichtig, das Vertrauen des Trainers und der Mannschaft zurückzugeben und das Spiel zu gewinnen.

Frage: Was sagen Sie zu Bastian Schweinsteiger? Er kam in der 90. rein und erzielte gleich das 2:0.

Mustafi: Das würde ich auch mal gerne machen. (lacht) Es hört sich so einfach an: reinkommen, Tor schießen. Es gehört aber ganz viel Wille dazu, nach einer Verletzung zurückzukommen und in so einem wichtigen Spiel im letzten Moment konsequent zu bleiben und das Tor auch wirklich zu machen. Es freut mich natürlich riesig für Basti.

Frage: Gegen Polen kann es schon um den Gruppensieg gehen. Haben Sie schon eine Vorstellung, was Sie da verbessern müssen? In der ersten Halbzeit hatten Sie Probleme.

Mustafi: Es ist schwierig zu sagen, dass die Organisation nicht gut war. Für mich ist es jetzt auch sehr schwer, das zu beurteilen. Auf dem Platz macht man schließlich Fehler nicht absichtlich. Wir werden uns die Videos anschauen und beurteilen, was wir gut und was wir nicht so gut gemacht haben - und wo wir uns verbessern müssen. Wir sind eine Mannschaft, die immer dafür offen ist, an sich zu arbeiten. Wir haben aber in der ersten Halbzeit einige Chancen zugelassen.

Frage: In der Schlussviertelstunde der ersten Halbzeit wurde die Ukraine immer wieder gefährlich. Was war da los?

Mustafi: Es war irgendwann ein offenes Spiel, ein englisches Spiel. Es ging von Strafraum zu Strafraum. Das ist nicht das, was wir wollten. Nichtsdestotrotz ist es schwierig, dann das Tempo herauszunehmen, weil viele Emotionen im Spiel sind. Man gewinnt den Ball, hat nicht die Geduld, um ihn zu halten, sondern will direkt nach vorne spielen und ein Tor erzielen. Da spielen viele Faktoren eine Rolle.

Frage: Sie hatten angekündigt, am Verteidigen von Standardsituationen arbeiten zu wollen. Dennoch kam die Ukraine nach Ecken mehrfach zu Chancen. Warum?

Mustafi: Chancen kommen immer zustande. Ob nach Standardsituationen oder aus dem Spiel heraus. Ich weiß nicht, ob man das negativ oder positiv sehen sollte. Wenn man viele Chancen aus dem Spiel heraus zulässt, hat man schlecht gespielt. Wenn man nur durch Standards Chancen zulässt, ist es die Standard-Scheiße. Vielleicht sollte man es auch positiv sehen, dass nur durch Standards Chancen zugelassen wurden, was vielleicht heißt, dass wir im Spiel gut standen. Im Endeffekt haben wir 2:0 gewonnen. Das will ich jetzt genießen, dafür hat man während so eines Turniers wenig Zeit, weil man sich in den nächsten Tagen schon auf Polen vorbereiten muss.

Frage: Zum Schluss gab es noch ein Abstimmungsproblem mit Manuel Neuer.

Mustafi: Er hat mich nicht gerufen, weil er dachte, dass der Ball schneller wird. Ich habe gesehen, dass der Ball von oben kam und es deshalb vielleicht nicht bis zu Manu schafft. Die Kugel habe ich zu Manu köpfen wollen, weil ich nicht gesehen habe, dass er herausgelaufen ist. Im Endeffekt ist es noch einmal gut gegangen.

Frage: Jerome Boateng hat unheimlich viele Zweikämpfe gewonnen. Wenn man ihn als Nachbarn hat, kann man sich sicher sein, dass keiner einbricht, oder?

Mustafi: Es sei denn, er selbst bricht ein - aber so ein Typ ist er nicht. (lacht) Im Ernst: Wenn man in so einer Mannschaft aushilft und neben Jerome spielen darf, der dich auch führt und ein Vorbild ist, ist es für mich einfacher und erleichternd.

Frage: Sie haben in den beiden Testspielen nicht gespielt. Wie schwierig ist es, dann in so ein Turnier reinzukommen?

Mustafi: Schön, dass Sie fragen. Denn viele Leute sehen das gar nicht. Es ist nicht einfach, wenn man nicht spielt und dauernd auf seine Chance wartet. Plötzlich kommt sie. Bei mir war das bei der WM und jetzt auch bei der EM der Fall. Ich will sie weiter nutzen, denn ich fühle mich noch jung und ich habe das Gefühl, dass ich noch weiter lernen kann.

Frage: Wie gehen Sie mit dem Druck um?

Mustafi: Den teile ich mit der Familie. Die nimmt ihn mir immer.

Frage: Aber die ist gerade nicht hier vor Ort.

Mustafi: Die Familie ist trotzdem da. WhatsApp, Facetime und so weiter: Kontakt kann man immer halten. Meine Familie ist immer da, wenn ich sie brauche. Nach der WM gab es genug Leute, die mich kritisiert haben. Da hat mir meine Familie geholfen.

Deutschland - Ukraine: Die Statistik zum Spiel

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