Frage: Herr Müller, wie fällt denn diesmal Ihr Fazit aus?
Thomas Müller: Ganz gut, schön, belebend. (grinst) Es hätte sicherlich ein bisschen höher ausfallen dürfen. Im Nachhinein ist es so aber vielleicht ganz gut, denn so bleiben wir wachsam und glauben nicht, dass wir den Fußball erfunden haben. Auch wenn der Gegner Nordirland war, der in Sachen Qualität nicht die ganz großen Möglichkeiten hat, haben wir mit einigen schönen, sauberen Kombinationen die Wege in die Tiefe gefunden, die wir im Vorfeld angesprochen haben. Zum ersten Mal waren das nicht nur leere Worthülsen. Wir haben es wirklich in die Tat umgesetzt. Das war schön.
Frage: Gab es auch etwas nicht so Schönes?
Müller: Dass wir nur so wenig Tore geschossen haben. Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass wir zu lässig waren. Es hat einfach nicht sollen sein. Wenn ich selbst eine Tormöglichkeit habe, versuche ich das Ding immer mit aller Gewalt über die Linie zu drücken, aber das hat heute irgendwie nicht geklappt.
Frage: Gibt es etwas, das dringend besser werden muss? Erst war es die Defensive, dann die Offensive ...
Müller: Nein, oder?
Frage: Über die Chancenverwertung haben wir bereits gesprochen.
Müller: Gut, das ist offensichtlich. Wenn man 26 Chancen hat und nur ein Tor schießt, ist es klar, dass man sich wünscht, dass die noch reingehen. Man kann Torabschlüsse trainieren, das heißt aber nicht, dass im nächsten Spiel dann jeder Schuss reingeht.
Frage: Wie fällt Ihr Fazit nach der Vorrunde aus?
Müller: Wir sind Gruppensieger ohne Gegentor. Ergebnistechnisch war das sicherlich noch nicht brillant, aber der Weg stimmt und wir sind gut gerüstet für die K.o.-Spiele. Jetzt geht es in jedem Spiel ums Weiterkommen oder Ausscheiden, da kann viel passieren. Wir brauchen jetzt jedes Mal unser bestes Spiel.
Frage: Wissen Sie, wo die Mannschaft jetzt steht?
Müller: Nein, das weiß man ja nie. Wir haben vor vier Jahren auch gegen Griechenland 4:2 gewonnen, da waren wir auf dem Olymp. Da hat jeder gesagt, dass wir kurz vor dem Triumph stehen. Danach haben wir gegen Italien 1:2 verloren. Im Fußball kann man nicht sagen, wo man steht. Zumindest lässt das Ergebnis keine Rückschlüsse darauf zu. Wir sind gut unterwegs. Das Indiz, dass wir dreimal zu Null gespielt haben, zeigt deutlich die Verbesserungen im Vergleich zur Phase davor, zur Qualifikation, in der wir verwundbar waren. Auch die defensiven Standards verteidigen wir mit ganz anderer Körpersprache und stärkerem Zusammenhalt. Die Grundzutaten für den Erfolg sind da. Jetzt müssen wir das Spiel für Spiel umsetzen.
Frage: Was ist bei diesem Turnier noch möglich?
Müller: Alles, aber das hätte ich Euch nach dem letzten Turnier schon sagen können. Die Basis stimmt, um in großen Spielen erfolgreich zu sein. Wir arbeiten gut zusammen und das ist die Hauptsache. Wir sind keine Mannschaft, die von nur einem Spieler lebt, der vier Spieler schwindlig spielt. Deswegen werden wir 'Die Mannschaft' genannt und auf der ganzen Welt dafür beneidet. Dementsprechend müssen wir auch so auftreten - und das tun wir.
Frage: Wie haben Sie Joshua Kimmich heute gesehen?
Müller: Er hat das gespielt, was ich von ihm erwartet habe. Ich hatte auch hohe Erwartungen. (lacht) Spaß beiseite, er hat gut gespielt.
Frage: Sie selbst waren heute auch sehr auffällig.
Müller: Ich war wie in den anderen Spielen auch, nur dass ich besonders gierig war. Ich habe ja auch Tormöglichkeiten bekommen. Wir haben von der taktischen Formation aber auch etwas anders agiert. Ich war einen Tick mehr im Zentrum, von wo aus der Weg zur Gefahrenzone kürzer ist. Bei den Chancen, die wir uns herausgespielt haben, hat alles gepasst: Timing, Laufwege ... Wenn man aber in meiner Haut steckt und bei den Torchancen ohne Tor nach Hause geht, dann ist das ein bisschen ärgerlich. Ich weiß aber, was es für die Mannschaft wert ist.
Frage: Sie haben immerhin das 1:0 vorbereitet.
Müller: Ja, sehen Sie. (lacht)
Nordirland - Deutschland: Die Statistik zum Spiel