Die 35.472 Zuschauer im Stadium de Toulouse sahen die wohl ereignisloseste erste Halbzeit der EM. Insgesamt ein Schuss schaffte es auf das gegnerische Tor. Schweden konnte nicht, Italien musste nicht.
Italien kam etwas aggressiver aus der Halbzeitpause und spielte in Durchgang zwei öfter und mit höherem Tempo nach vorne. Den Azzurri gelang so der späte Siegtreffer durch Eder (88.).
Reaktionen:
Antonio Conte (Trainer Italien): "Wir sollten alle wirklich sehr zufrieden sein. Nur wenige haben damit gerechnet, dass wir nach zwei Spielen bereits für das Achtelfinale qualifiziert sind. Viele haben an unserem Achtelfinal-Einzug sogar gezweifelt. Die Jungs haben es verdient. Eder war schon in der Qualifikation ein entscheidender Spieler und ich hoffe, dass er es auch in diesem Turnier sein wird. Ich habe mich für diese 23 Spieler entschieden und sie zahlen es mir auf dem Platz zurück - alle von ihnen."
Erik Hamren (Trainer Schweden): "Wenn wir die gesamte Partie betrachten, haben wir sehr gut gespielt. Wir haben gut verteidigt und das Spiel der Italiener gestört. Nur am Ende haben wir etwas Konzentration verloren. Ich denke, dass Zlatan in den letzten beiden Spielen getan hat, was er tun musste. Heute war es sehr schwer für ihn, da Italien sehr gut verteidigt hat. Natürlich ist ein Mittelstürmer auch auf die Unterstützung der Außenspieler angewiesen."
Der Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Antonio Conte verändert sein Team im Vergleich zum 2:0-Auftaktsieg gegen Belgien nur auf einer Position. Statt Matteo Darmian startet Alessandro Florenzi auf dem linken Flügel.
Die Schweden hingegen reagieren auf das enttäuschende 1:1 gegen Irland am ersten Spieltag etwas umfangreicher. Für Außenverteidiger Lustig rückt Innenverteidiger Johansson in die Startelf. Lindelöf rückt dafür rechts raus. Auf der Sechs startet der Hamburger Ekdal statt Lewicki. Guidetti beginnt neben Ibrahimovic, Berg muss auf die Bank.
27.: Der erste Hauch einer Möglichkeit: Källström versucht es mit einem langen Freistoß in den Strafraum, Ibrahimovic kommt zum Kopfball, kann das Leder aber nicht nach unten drücken. Der Ball fliegt einen Meter über den linken Winkel.
48.: Der Pass in die Tiefe auf Forsberg landet bei den Italienern. Den Rückpass auf Buffon will Guidetti anlaufen, Bonucci stellt aber seinen Körper rustikal dazwischen und stoppt den Stürmer. Der sinkt theatralisch zu Boden. Der Pfiff bleibt aus. Hier hätte das Schiedsrichtergespann auf Freistoß entscheiden können.
49.: Ein Abschluss! Italien macht es mal schnell und kombiniert sich durch die Mitte. Eder bedient Pelle am Sechzehnerrand, der lässt die Kugel ein wenig aufspringen und schließt volley ab - weit drüber.
72.: Die Schweden kommen zum ersten Mal brandgefährlich vor das Gehäuse von Buffon. Eine Flanke aus dem linken Halbfeld springt zweimal im Sechzehner auf und findet irgendwie den Weg zu Ibrahimovic, der den Ball am langen Pfosten aus einem Meter über die Latte lenkt. Er stand aber ohnehin im Abseits.
82.: Die bis dato beste Chance des Spiels. Wieder geht es bei Italien über links. Giaccherini flankt den Ball auf den langen Pfosten, wo der eingewechselte Parolo allein gelassen wird. Sein Kopfball titscht an den Querbalken.
88., 1:0 Eder: Zaza legt nach einem Einwurf mit dem Kopf ab für Eder, der an der Strafraumgrenze quer in die Mitte zieht, von insgesamt vier Schweden nicht angegriffen wird. Er netzt aus 17 Metern mittiger Position unten rechts ein.
90.: Es wird noch einmal knifflig. Ibrahimovic legt nach langem Ball in die Spitze auf Granqvist ab. Bonucci geht rigoros in den Zweikampf, der Schwede fällt. Das war jedoch zu wenig für einen Elfmeter.
Fazit: Schweden konnte nicht, Italien musste nicht. Die Squadra Azzurra stand hinten extrem sicher und versuchte erst in Durchgang zwei etwas mehr nach vorne. Italien wurde letzten Endes für den Mehraufwand in Halbzeit zwei belohnt.
Der Star des Spiels: Giorgio Chiellini (Italien) hatte Ibrahimovic über 90 Minuten im Griff. Stellte auch sonst Passwege zu und blockte etliche Flanken. Hatte zudem die meisten Ballkontakte seines Teams und strahlte unglaubliche Souveränität aus.
Der Flop des Spiels: Viktor Lindelöf (Schweden) war auf seiner Außenverteidigerposition komplett überfordert. Gewann nur 37,5 Prozent seiner Zweikämpfe. Verlor im Spiel nach vorne ganze 14 Mal den Ball. War auch beim Gegentreffer viel zu passiv.
Der Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn) entschied sich für eine großzügige Linie. So richtig hitzig wurde es zwischen den Teams aber ohnehin nicht. Nahm sich als Spielleiter zurück und wurde nur aktiv, wenn Ruhe nötig war. Insgesamt ein souveräner Auftritt des gesamten Gespanns.
Das fiel auf:
Schweden versuchte es über Ballbesitz. Die Italiener ließen das auch zu - bis kurz vor der Mittellinie. Dann attackierten die Azzurri den Ballführenden, jedoch nicht im Kollektiv. Oft fehlte den Italienern eine klare Linie. Nur punktuell wurden die Schweden früh angelaufen, beim nächsten Querpass war das Problem für die Skandinavier aber schon wieder gelöst. So konnten sich die Schweden bis zum Abwehrbollwerk durchkombinieren. Dann war allerdings Schluss.
Schweden konnte sich im letzten Drittel oft nur mithilfe von Ibrahimovic durchsetzen. Der Superstar ließ sich tief fallen, um den Ball mit seinem Körper zu halten. So ergaben sich beim Nachrücken seiner Teamkollegen mehr Anspielstationen. Dennoch war die tiefe Staffelung der Italiener extrem effektiv. Die beiden Abwehrreihen verschoben wie schon gegen Belgien sehr gut und kompakt. Der Ballführende stand so immer unter Druck.
Gerade bei Flanken waren Chiellini und Barzagli sofort auf Blockdistanz. Auch Florenzi und Candreva, die im Defensivspiel als Außenverteidiger agierten, spielten dabei eine wichtige Rolle. Ibrahimovics Kopfballstärke wurde so aus dem Spiel genommen. Das 1,95 Meter große Kopfballungeheuer kam so nur bei Standards zum Tragen. Die Schweden versuchten es in der Folge - teils auf der verzweifelten Suche nach dem Heilsbringer Ibrahimovic - mit langen Bällen aus dem Halbfeld. Der zweite Ball landete jedoch meist bei den Italienern. Chiellini agierte als eine Art Manndecker. Der 31-Jährige folgte Schwedens Kapitän teilweise bis in die gegnerische Hälfte.
Die Conte-Elf begnügte sich über weite Strecken mit dem 0:0 und wartete ab. Wenn Italien mal den Weg nach vorne suchte, dann über links. Gegen den schnellen Florenzi war der behäbige Lindelöf überfordert. Der gelernte Innenverteidiger wurde ein ums andere Mal auf dem Flügel überlaufen.
- Im Angriff versuchte Italien mit drei, vier Mann die Verteidigung der Schweden im Zentrum zu binden. Florenzi und Candreva hingegen standen umso breiter. Die so entstandenen Freiheiten für Hereingaben spielten die Italiener aber zu unpräzise aus. Die in der Halbzeitpause neu geschöpfte Aggressivität und das erhöhte Tempo im Spiel nach vorne änderten an der Ungenauigkeit auch nichts.
Italien - Schweden: Die Statistik zum Spiel