Graziano Pelle (30 Jahre, Southampton FC, Sturm)
"Der neue Luca Toni" heißt es auf der italienischen Halbinsel oft, wenn der Name Graziano Pelle fällt. So vielzitiert diese Bezeichnung auch ist, so fern ist sie der Realität.
Pelle hat der Fußballwelt vor allem in den vergangenen Wochen bewiesen, dass er weitaus mehr kann, als nur Bälle ins Tor zu stolpern. Unter Antonio Conte ist "The Italian Goal Machine" mehr als nur der klassische Strafraumstürmer. Pelle ist erster Referenzpunkt in der Vorwärtsbewegung, er holt hohe Bälle aus der Luft, bringt sie technisch versiert auf den Boden und hält sie fest, um seinen Sturmpartner Eder oder die Flügelspieler mit Zuspielen zu füttern. Dass er dann auch noch dreckige Tore erzielen kann, mussten die Belgier und zuletzt die Spanier erfahren.
Pelle ist kein Brecher. Oder besser gesagt: nicht nur! Seine imposante Erscheinung legt nahe, dass der Italiener im Strafraum eine Macht ist. Ein Spieler, der sich im Zweikampf mit Leichtigkeit durchsetzen kann und in der Lage ist, Verteidigungslinien zu "durchbrechen". Doch seine Vergangenheit offenbart nicht nur, dass der Mann aus San Cesario di Lecce seinen Körper einsetzen kann, sondern auch, dass seine Füße die nötige Feinmotorik für einen "modernen" Stürmer mitbringen.
Elf Jahre alt war der kleine Graziano - benannt nach der italienischen Fußballgröße Ciccio Graziani - als er mit seiner älteren Schwester Fabiana italienischer Meister im Standardtanz, lateinamerikanischen Tanz und im italienischen "Liscio" wurde. Gute Voraussetzungen für einen Jungen, der seinen zukünftigen Lebensunterhalt mit seinen Beinen verdienen sollte.
Schließlich war es der Fußball, dem er sein Leben widmen sollte. Er startete seine Karriere in Lecce, wo er mit den Jugendteams alles abräumte, was es im Nachwuchs-Fußball abzuräumen gab. Nicht lange dauerte es, bis er auch mit der ersten Mannschaft spielen durfte. Dort beginnt die merkwürdige Profikarriere des Graziano Pelle.
Zdenek Zeman hielt nicht viel vom jungen Talent, setzte auf andere Stürmer. Der Erfolg gab dem exzentrischen Tschechen recht, doch für Pelle begann damit eine lange Reise, die ihn über mehrere Stationen in Italien schließlich 2007 in die Niederlande brachte. Beim AZ Alkmaar funktionierte er auch nur bedingt und wurde nach vier Jahren wieder nach Italien zurückgeholt.
Auch da wurde der Süditaliener nicht glücklich. In Parma und in Genua bei Sampdoria gelangen ihm in 24 Spielen nur fünf Tore. Dann, mit 27 Jahren, folgte der überraschende Wechsel zu Feyenoord Rotterdam, wo auf seinen zukünftig größten Förderer, Ronald Koeman, treffen und mit 55 Toren in 66 Spielen eine Entwicklung vollziehen sollte, die ihm keiner mehr zugetraut hatte. Nun spielt er für Southampton und macht dort mit 30 Jahren weiter, wo er in den Niederlanden aufgehört hatte. Mit dem späten Karriereboom gibt es zumindest eine Parallele zu Luca Toni, doch es ist die einzige.