EM

Vorteil Draxler

Julian Draxler ersetzte Mario Götze gegen die Slowakei in der Startelf
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft steht nach einem 3:0-Sieg über die Slowakei im EM-Viertelfinale. Der wieder in die Startelf gerückte Julian Draxler überragte, Mario Götze spielte erstmals bei diesem Turnier nicht. Das muss für ihn erst einmal nichts heißen, kann es aber.

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Götze raus - nachvollziehbar. Draxler wieder rein - warum? Nicht nur auf der Pressetribüne im Stade Pierre-Mauroy wurde vor dem Spiel am Sonntagabend viel diskutiert, als der DFB die Aufstellung für das Achtelfinale tweetete.

Warum nicht mal Leroy Sane? Der hat bislang immer noch keine Einsatzminute erhalten, obwohl er von Löw regelmäßig in den Himmel gelobt wird. Viele wünschten sich zuletzt endlich mal wieder diese jugendliche Unbekümmertheit, die Frechheit und vor allem die Gefahr, wenn es in Richtung Tor geht. Schalkes Top-Talent wäre jemand, der das mitbrächte. Davon sind nicht Wenige überzeugt.

Doch Löw hatte Anderes vorgesehen. Julian Draxler wurde nach zwei eher beschaulichen Leistungen zum Turnierstart wieder in die Startelf gemischt. Was folgte, war große Freude. Für den 22-Jährigen selbst, für seine Mitspieler und für alle, die ihm zusahen. Draxler rechtfertigte seine Nominierung mit Klasse. Einzig Mario Götze genoss das Spiel nicht ganz so sehr. Er saß dafür erstmals im Turnier auf der Bank.

Götze hält das Thema klein

"Die Begründung, warum ich nicht gespielt habe, ist eine Sache zwischen dem Trainer und mir. Darüber brauchen wir nicht reden. Julian hat sehr gut gespielt, das haben wir aber generell als Mannschaft heute", kochte Götze das Thema nach dem Spiel relativ schnell ab: "Was im Vordergrund steht, ist, dass wir 3:0 gewonnen haben."

Damit hatte der Münchner natürlich nicht Unrecht. Deutschland zeigte die bislang rundeste Turnierleistung, offensiv wie defensiv: "Wir haben sicherlich - wie einige andere Mannschaften auch - einige Probleme gehabt, ins Turnier reinzukommen. Heute haben wir insgesamt eine gute Leistung abgeliefert. Wir hatten die Kontrolle über das Spiel und waren nach vorne auch so zwingend, dass die Tore fallen mussten", lautete entsprechend auch das Spielfazit von Joachim Löw.

Und doch war es etwas zu einfach, wie Götze versuchte, das Thema des Spiels klein zu halten. Denn für ihn persönlich hat es im restlichen Turnierverlauf womöglich weitreichende Folgen.

"Spielt entscheidende Rolle beim Turnier"

Zwar betonten viele Spieler in der Mixed Zone, dass der deutsche Kader "groß und gut besetzt" sei und man deshalb "durchtauschen" könne. Auch Löw sicherte sich am Ende des Abends in Sachen Kader noch einmal ab: "Ich würde nicht sagen, dass ich mit der heutigen Startelf auf Teufel komm raus nun immer durchspielen muss."

Doch Draxler hat sich mit seiner auffälligen Leistung sehr attraktiv ins Schaufenster gespielt, auch wenn defensiv sicher noch Steigerungspotenzial erkennbar war: "Julian hat gut gespielt und hatte im Eins-gegen-eins Mut, sein Tempo einzusetzen. Das kann er auch gut. Heute war er frisch, das hat unserem Spiel gut getan", lobte Löw.

Die Komplimente hatte er nicht exklusiv: "Er hat seine Sache heute überragend gemacht. Es war ein guter Tag für ihn. Wir können jeden reinschmeißen, aber Jule gehört zu denen, die eine entscheidende Rolle bei dem Turnier spielen. Das hat er heute unter Beweis gestellt", befand auch Benedikt Höwedes.

Vorteil Draxler

So, wie Löw nach Spielende sprach, wurde klar, dass er den Wechsel Draxler für Götze keineswegs getroffen hat, um dem Bayer einen Denkzettel für seine bislang mäßigen Leistungen zu verpassen. Vielmehr "war es für mich auch wichtig, mal wieder einen kleinen Reiz zu setzen und Julian nach seinen sehr guten Trainingseinheiten die Chance zu geben".

Gelegentliche Rotation auf ein, zwei Positionen hat Löw also ohnehin vorgesehen. Klar scheint nach dem Slowakei-Spiel aber auch: Bleibt er seiner bisherigen Leistungs-Philosophie treu, wird Löw Draxler im nächsten Spiel wohl nicht wieder aus der Startelf nehmen - egal, ob der Gegner Spanien oder Italien heißt.

Das macht die Situation für Götze knifflig. Dieser eine Sahnetag, den seine Konkurrenz in der Offensive (zu der auch Mario Gomez gehört) nun vorzuweisen hat, fehlt dem WM-Finaltorschützen in Frankreich noch. Für weitere Einsätze im nun hochspannenden Restturnier muss er fast schon hoffen, dass Draxler seine Leistung am Samstag nicht bestätigen kann. Dann würde im möglichen Halbfinale wohl wieder das Rotationsprinzip des Bundestrainers greifen. Heißt für den Moment: Vorteil Draxler.

Jetzt kommen die Gradmesser

Dass sich die Spieler untereinander nun offenbar zur Höchstform anstacheln, kommt gerade recht. Das Slowakei-Spiel war für Deutschland letztlich nicht mehr als eine Verlängerung der eher anspruchslosen Gruppenphase. Jetzt aber kommt es drauf an, gegen Titelanwärter zu bestehen.

"Bei allem Respekt für den Gegner: Der war heute nicht der Gradmesser, um dieses Turnier zu dominieren. Die Mannschaften, gegen die wir bisher gespielt haben, zählen nicht zu den Top-10-Mannschaften. Die Gegner, die jetzt kommen, sind alles potenzielle Finalmannschaften. Wir müssen uns weiter steigern, wenn wir das Turnier gewinnen wollen", mahnte Löw vor überschwänglicher Euphorie.

Auf die Floskel angesprochen, dass Deutschland während eines Turniers immer stärker wird, sagte Höwedes mit einem Grinsen nur: "Kann ich bestätigen." Das muss nun auch jeder Einzelne weiter zeigen. Götze ganz besonders, wenn er noch einmal ran darf.

Deutschland - Slowakei: Die Statistik zum Spiel

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