Türken drehen unglaubliches Spiel

Von Daniel Börlein / Andreas Allmaier
Türkei, Tschechien, EM, Euro, Europameisterschaft
© Getty

München/Genf - Die Türkei hat mit einem unglaublichen Schlussspurt beim 3:2-Sieg gegen Tschechien den Einzug ins Viertelfinale der EM geschafft.

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Vor 30.000 Zuschauern im ausverkauften Stade de Geneve waren die Tschechen nach Toren des Nürnbergers Jan Koller (34. Minute) und Jaroslav Plasil (62.) bereits mit 2:0 in Führung gegangen. Doch Arda Turan (75.) und Kapitän Nihat Kahveci (87. und 89.) drehten das Spiel für die Türkei.

In der Nachspielzeit sah der türkische Torhüter Volkan nach einer Tätlichkeit gegen Jan Koller die Rote Karte.

Die Türkei trifft damit als Zweiter der Gruppe A am 20. Juni in Wien im Viertelfinale auf Kroatien, das bereits vor dem letzten Spieltag als Sieger der Deutschland-Gruppe B feststeht.

Der SPOX-Spielfilm:

11.: Jankulovski zirkelt den Ball auf Kollers Kopf, dessen Kopfstoß ist aber zu ungenau und geht über das türkische Tor. 

17.: Koller legt ab, Matejovsky nimmt die Kugel aus 20 Metern direkt aus der Luft. Volkan fängt den Ball sicher.

22.: Jankulovski marschiert die linke Seite entlang und flankt aus vollem Lauf. Sionko kommt an den Ball und spielt in die Mitte, wo Koller lauert. Servet klärt per Grätsche nur drei Meter vor dem eigenen Tor.

34., 0:1, Koller: Grygera flankt von rechts, Koller gewinnt das Kopfballduell gegen Servet und Güngör und setzt den Ball aus acht Metern unter die Latte. Volkan ist zwar noch dran, kann gegen den wuchtigen Kopfstoß aber nichts ausrichten.

61.: Koller läuft nach einem Konter allein auf Volkan zu. Der Abschluss aus acht Metern kullert aber zwei Meter am rechten Pfosten vorbei.

62., 0:2, Plasil: Sionko flankt von rechts. Plasil kommt einen Schritt vor Sabri an den Ball. Volkan ist gegen den Aufsetzer aus acht Metern machtlos.

70.: Pfostentreffer von Polak! Sionko legte dem Ex-Nürnberger von rechts ideal auf. Volkan wäre gegen den Schuss aus zwölf Metern machtlos gewesen.

75., 1:2, Arda: Schöner Steilpass auf Altintop. Der Bayern-Profi legt den Ball im Strafraum in den Rücken der Abwehr und Arda lässt Cech mit einem platzierten Flachschuss aus 13 Metern ins linke untere Eck keine Chance!

82.: Altintop findet den Kopf von Servet und der Verteidiger köpft aus fünf Metern am Tor vorbei. Da hätte es fast nochmal geklingelt!

87., 2:2, Nihat: Was für ein Fehler von Cech! Der Chelsea-Torhüter lässt den Ball nach einer Flanke von Altintop völlig unbedrängt fallen und Nihat muss aus fünf Metern nur noch einschieben!

89., 3:2, Nihat: Unglaublich, einfach nur unglaublich!! Erneut setzt Altintop Nihat ein und der Villareal-Stürmer lässt Cech mit einem Schlenzer von der Strafraumgrenze unter die Latte keine Chance!

90.+2.: Bock von Volkan, der mit Servet zusammenstößt. Dadurch kommt Vlacek an den Ball, seinen Kopfball kratzt Sabri von der Linie!

90.+3.: Rot gegen Volkan. Nach dieser Aktion stößt der türkische Torwart Koller um und sieht zu Recht Rot!

So lief das Spiel: Tschechien übernahm von Beginn an die Initiative, während sich die Türkei viele leichte Fehler im Spielaufbau erlaubte. Immer wieder kurbelten die Tschechen das Spiel über die Flügel an. Die Türken fanden ihrerseits kein Mittel, um offensiv Akzente zu setzen. Tschechien stellte die Räume gut zu und attackierte früh. Die Halbzeit-Führung deshalb völlig verdient.

Die Türken nach der Pause deutlich engagierter und zielstrebiger. Vor allem über die Außenbahnen wurde mehr Druck erzeugt, große Chancen blieben allerdings Mangelware. In die Drangphase der Türken erzielten die Tschechen den zweiten Treffer. Danach schien alles gelaufen. Nach dem Anschlusstreffer witterten die Türken ihre Chance, kamen durch den krassen Fehler von Cech zum Ausgleich und drehten die Partie kurz vor Schluss tatsächlich noch komplett.

Der Star des Spiels: Der unbedingte Wille der Türken. Schon gegen die Schweiz machte die Terim-Elf aus einem Rückstand noch einen Sieg. Dieses Mal reichten den Tschechen völlige Überlegenheit in Halbzeit eins und zwei Tore Vorsprung bis 15 Minuten vor Ende nicht. Leckt die Türkei einmal Blut, nutzt sie durch körperliche Präsenz und bedingungslosen Einsatz jede Schwäche gnadenlos aus.

Die Gurke des Spiels: Petr Cech. Der Keeper der Tschechen gehört zu den besten seines Faches, das bewies der Chelsea-Schlussmann auch bei diesem Turnier. In der 87. Minute leistete sich Cech allerdings einen unfassbaren Patzer, brachte die Türken somit wieder ins Spiel und ist damit auch verantwortlich für das Last-Minute-Aus.

Die Lehren des Spiels: Bei den Tschechen durfte Koller wieder von Beginn an ran, was allerdings nicht bedeutete, dass die Brückner-Elf in ihr altes Schema mit hohen Bällen auf den Sturmriesen verfiel. Vielmehr war Koller eine von mehreren Optionen in der Offensive, die nur dann genutzt wurde, wenn die starken Außen, Jankulovski (links) und Sionko (rechts), nicht anspielbar waren. Tschechien dadurch wesentlich variabler und schlechter ausrechenbar als in den beiden ersten Partien.

Die Türken mit großen Problemen im Spiel nach vorne. Im Zentrum war keiner, der den Ball forderte und Ideen kreierte. Auf den doppelt besetzten Außenbahnen war zu wenig Bewegung und deshalb wurde lange Zeit nur wenig Druck erzeugt. Diese spielerischen Defizite wurden letztlich allerdings einmal mehr durch den unbedingten Willen, das Spiel auch nach dem 0:2-Rückstand noch zu drehen, kompensiert.

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