EM

EM 2021 - DFB-Team vor Achtelfinale gegen England in der Taktikanalyse: Diese Schwäche kann gegen England tödlich sein

Von Stefan Rommel
dfb-taktik-1200
© getty

Von der Grundordnung bis zu kleinen Details: Deutschland geht mit einigen Problemen ins EM-Achtelfinale gegen England (18 Uhr im LIVETICKER). Es gibt aber auch entsprechende Lösungsmöglichkeiten. Die Taktikanalyse.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Darum müsste Löw im 4-3-3 spielen lassen

Wie viel eine - im besten Wortsinn - blendende Gruppenphase mit Beginn der K.o.-Runden noch wert ist, haben am Sonntagabend die Niederländer erfahren. Nämlich gar nichts. Beim 0:2 gegen den krassen Außenseiter Tschechien wurde der vermeintliche Favorit kalt erwischt. Über die Elftal und ihre Leistungsfähigkeit war im eigenen Land trefflich spekuliert worden und am Ende dürfen sich die Skeptiker bestätigt fühlen, die der Mannschaft kaum Widerstands- und Leidensfähigkeit attestiert hatten.

So ähnlich erscheint die Lage auch bei der deutschen Nationalmannschaft und es stehen Fragen im Raum: War das nun eine gute oder eine mühsame Vorrunde? Ist eine Leistung wie gegen Portugal der Maßstab oder jene gegen die Ungarn? Wann bekommt die Mannschaft endlich ihre Probleme in den Griff - und wie ist das alles auf den kommenden Gegner England (18 Uhr im LIVETICKER) anzupassen?

In die Partie gehen die beiden Erzrivalen mit recht unterschiedlichen Vorzeichen: Während Deutschland mit teilweise krassen Ausschlägen in beide Richtungen für Aufsehen sorgte und kurz vor dem Aus stand, marschierten die Three Lions fast schon stoisch und unspektakulär durch die Gruppenphase. Die Rollen haben sich also ein wenig verschoben, die Engländer präsentieren sich bisher als pragmatische Turniermannschaft, während Deutschland zwischen Highlights und Rückschlägen oszilliert.

Das dürfte auch die Vorbereitung der deutschen Mannschaft auf die Partie in Wembley beeinflussen. Jedenfalls sind die deutschen Hoffnungen groß, anders als in großen Teilen gegen Frankreich oder die Ungarn auf einen Gegner zu treffen, der sich nicht mit einer Fünfer- und einer Viererkette um den eigenen Strafraum verschanzt. Dafür sollte die deutsche Mannschaft aber ausnahmsweise mal nicht früh in Rückstand geraten.

Fehlende Abstimmung zieht sich wie ein roter Faden durch die Spiele

Es waren im Grunde recht simple Abstimmungs- und Konzentrationsprobleme, die bisher zu den Gegentoren führten. Wobei sich die fehlende Abstimmung im zentralen Mittelfeld unter den Spielern wie ein roter Faden durch die Spiele zieht. Sobald der zentrale der drei Angreifer defensiv mal nicht aufmerksam genug mit nach hinten arbeitet, sind die beiden Sechser im 5-2-3 gegen den Ball gefragt, sich sauber aufzuteilen. Das funktionierte aber oft genug zwischen Toni Kroos und Ilkay Gündogan nicht. Das wirkt im defensiven Umschalten immer mal wieder nicht abgestimmt, sondern eher improvisiert.

Deutschland hat in der Formation mit "nur" zwei zentralen Mittelfeldspielern keinen richtig absichernden Spieler auf dem Platz, der im Nachrücken und Zuordnen absolut verlässlich ist und auch das Gespür für das richtige Timing hat. Einen wie Joshua Kimmich. Will Löw das Beste aus seinem gewiss großen Potenzial im Mittelfeld herausholen, müsste er die Grundordnung verändern und im 4-3-3 spielen lassen.

Denn die Probleme sind nicht nur in der defensiven Absicherung erkennbar, sondern auch im Spiel mit dem Ball. Da hielten sich Kroos und Gündogan zu oft auf einer horizontalen Linie im Aufbau auf, verschenkten so quasi eine zusätzliche Aufbaulinie weiter vorne und am Ende war es in jeder Partie so, dass Gündogan im Schnitt zu tief positioniert war und damit zu weit weg vom gegnerischen Tor, als dass er seine im Klub gezeigten Fähigkeiten hätte einbringen können.

Die durchschnittliche Spielerposition der DFB-Elf gegen Frankreich: Ilkay Gündogan (21) und Toni Kroos (8) agierten fast auf einer Linie.
© getty
Die durchschnittliche Spielerposition der DFB-Elf gegen Frankreich: Ilkay Gündogan (21) und Toni Kroos (8) agierten fast auf einer Linie.
Die durchschnittliche Spielerposition der DFB-Elf gegen Portugal: Ilkay Gündogan (21) und Toni Kroos (8) agierten fast auf einer Linie.
© getty
Die durchschnittliche Spielerposition der DFB-Elf gegen Portugal: Ilkay Gündogan (21) und Toni Kroos (8) agierten fast auf einer Linie.

DFB-Team: Die gefährliche Zone war bisher Sperrgebiet

Was wiederum dazu führt, dass die deutsche Mannschaft bisher mit Angriffen durch das Zentrum oder zumindest die Halbspuren wenig bis gar keine Torgefahr entwickeln konnte. Nur rund 27 Prozent aller deutschen Angriffe gingen bisher durch die Mitte, die gefährliche Zone zentral vor dem gegnerischen Strafraum ist quasi Sperrgebiet.

Das lag natürlich auch an der Spielweise der zum Teil sehr destruktiven Gegner, muss aber gerade gegen die Engländer, die mehr Platz für kleinteilige Kombinationen bieten dürften, deutlich besser werden. Das deutsche Spiel wir dann je näher am gegnerischen Tor und je mehr auf die Spielmitte konzentriert immer bewegungsloser. Sobald der Gegner das Spielfeld also auf ein kleines Format zusammenschrumpft, findet Deutschland keine Lösungen mehr. Dabei war das im Ballbesitz- und Positionsspiel mal eine deutsche Spezialdisziplin.

Im Spiel gegen Ungarn war der zentrale gegnerische Strafraum (re.) quasi Sperrgebiet. Die deutschen Spieler bewegten sich vor allem in einem breiten Gürtel rund um den Strafraum.
© getty
Im Spiel gegen Ungarn war der zentrale gegnerische Strafraum (re.) quasi Sperrgebiet. Die deutschen Spieler bewegten sich vor allem in einem breiten Gürtel rund um den Strafraum.
Inhalt: