"Der Bundestrainer", sagte Timo Werner im Vorfeld der EM noch voller Zuversicht, "hat mir klar signalisiert, dass ich ein wichtiger Faktor für das Turnier bin." Nach der Gruppenphase lässt sich konstatieren: Werner ist kein wichtiger Faktor. 39 von 270 möglichen Einsatzminuten durfte er bislang nur ran, beim 4:2-Sieg gegen Portugal schmorte er sogar die gesamte Partie über auf der Bank.
Eine absehbare Entwicklung. Schon in der letzten Länderspielpause vor der EM im März nahm Werner nur eine Nebenrolle ein, kam gegen Island (12 Minuten), Rumänien (13 Minuten) und Nordmazedonien (34 Minuten) für seine Verhältnisse auf sehr wenig Spielzeit. Sein letztes Länderspiel von Anfang an bestritt er im November 2020, als sich die DFB-Elf historisch mit 0:6 in Spanien blamierte.
Warum steht Joachim Löw nicht mehr auf Werner? Zum einen ist die Konkurrenz groß, die unter Löw gesetzten Serge Gnabry und Thomas Müller nehmen im 3-4-3 zwei der drei Offensivpositionen weg. Zum anderen passt der Tempo- und Umschaltspieler nicht zur grundsätzlichen Idee des Bundestrainers von technisch hochwertigem Kombinationsfußball.
DFB-Team: Chance für Timo Werner gegen England?
Gerade gegen tiefstehende Gegner ist der Stürmer des FC Chelsea in den Augen des 61-Jährigen nicht die 1A-Lösung. "Timo", sagte Löw im Zuge der März-Länderspiele, "ist ein gefährlicher Spieler, wenn man ein bisschen Räume bekommt." Räume, die das DFB-Team im bisherigen Turnier nur gegen Portugal bekam. Und gegen England bekommen wird?
Die insbesondere offensiv hochkarätig besetzten "Three Lions" werden sich im Achtelfinale (Dienstag, ab 18 Uhr im LIVETICKER) zumindest nicht so in ihrer eigenen Hälfte verbarrikadieren wie Ungarn. Ein Vorteil für Werner, der auch die meisten Verteidiger der Engländer aus der Premier League kennt. Zumal seine Debüt-Saison bei Chelsea trotz aller Häme und Kritik in Bezug auf seine Chancenverwertung alles andere als schlecht war. Werner kam in 52 Spielen immerhin auf 27 Scorerpunkte (12 Tore, 15 Vorlagen) und stand 66 Minuten im Champions-League-Finale auf dem Feld.
Ob Löw für ihn aber auf seinen Liebling Gnabry, Routinier und Lautsprecher Müller oder den bei der EM meist als Angreifer Nummer drei agierenden Kai Havertz verzichten würde, erscheint jedoch mehr als fraglich. Darüber hinaus hat sich Jamal Musiala mit seinem beeindruckenden Kurzeinsatz gegen Ungarn als zusätzliche offensive Alternative aufgedrängt - und es gibt ja auch noch Leroy Sane und Kevin Volland.
EM 2021 - Timo Werner: "Ich bin keiner, der schmollt"
Ein kleiner Trost für den Chelsea-Angreifer: Er leitete im letzten Gruppenspiel den entscheidenden Treffer zum 2:2 in gewisser Weise mit ein, sein abgeblockter Schuss wurde zur perfekten Vorlage für Leon Goretzka, der den Ball ins Tor der Ungarn wuchtete. Ganz unwichtig war er bei der bisherigen EM also nicht.
Von Zufriedenheit kann bei dem 25-Jährigen dennoch keine Rede sein. "Natürlich will ich spielen", sagte er schon vor dem Turnier. Gleichwohl versicherte er, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen: "Ich bin keiner, der sich mit verschränkten Armen auf die Tribüne setzt und schmollt."
Eine Einstellung, die Werner ehrt. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als auf bessere Zeiten zu hoffen. Der Abschied von Löw nach der EM dürfte ihm Mut machen. Dessen Nachfolger Hansi Flick hätte ihn vor seinem Wechsel nach London im Sommer 2020 bekanntlich gerne zum FC Bayern geholt.
EM 2021, Spielplan: Das Achtelfinale im Überblick
Datum | Uhrzeit | Team 1 | Team 2 | Spielort |
26.06.2021 | 18:00 | Wales | Dänemark | Amsterdam |
26.06.2021 | 21:00 | Italien | Österreich | London |
27.06.2021 | 18:00 | Niederlande | Tschechien | Budapest |
27.06.2021 | 21:00 | Belgien | Portugal | Bilbao |
28.06.2021 | 18:00 | Kroatien | Spanien | Kopenhagen |
28.06.2021 | 21:00 | Frankreich | Schweiz | Bukarest |
29.06.2021 | 18:00 | England | Deutschland | London |
29.06.2021 | 21:00 | Schweden | Ukraine | Glasgow |