Italien überrascht beim 3:0 gegen die Türkei im EM-Eröffnungsspiel mit Offensivdrang und phantasievollem Fußball, die neueste Reform der Handspielregel ergibt endlich Sinn und womöglich hat selbst die UEFA was gelernt. Drei Thesen zum Eröffnungsspiel.
In diese Squadra Azzurra kann man sich verlieben
Ja, Gigi Buffon, Andrea Pirlo, selbst Mario Balotelli: Eine Squadra Azzurra ohne sie wirkt irgendwie immer noch surreal, sie alle fehlen und dürfen vermisst werden. Doch dieses super homogene Team ohne große Superstars, das Trainer Roberto Mancini da für die EM 2021 um sich geschart hat, verfügt durchaus auch über großes Verliebungspotential.
Nicht etwa, weil die Gigio Donnarummas, Lorenzo Insignes, Leonardo Spinazzolas oder Nicolo Barellas dieser Welt den Inno di Mameli genauso laut, leidenschaftlich und schief schmettern können wie die alten Heroen. Auch nicht, weil sie und ihre Betreuer und vor allem ihr Cheftrainer noch immer die bestangezogenen Menschen des gesamten paneuropäischen Turniers sind (mindestens!).
Sondern, weil diese Mannschaft so spielen soll und weil sie so spielen will, wie ihr Trainer aussieht. Mancini hat dem Team, das er 2018 in den Trümmern der verpassten WM-Qualifikation übernahm, Schicht für Schicht den Zynismus abgeschabt und durch Phantasie ersetzt.
Große Könner hatte Italien ja immer, aber selbst Roberto Baggio, Alessandro del Piero oder Pirlo mussten ihre Phantasie regelmäßig dem Diktat des 1:0 opfern. Im EM-Eröffnungsspiel in Rom stand dagegen eine Mannschaft auf dem Platz, die gegen ultratief stehende Türken aus einer sicheren Defensive erst geduldig mit langen Pässen, dann geduldig mit gefälligen, aber nicht immer zielbringenden kurzen Passstafetten das 1:0 suchte.
Und die, als sie den Führungstreffer mit einem klugen Pass, einem Sprint und einer scharfen Flanke in die Mitte zum gegnerischen Verteidiger Demirel von Domenico Berardi endlich erzwungen hatte, auch mit zunehmend furiosem Kombinationsfußball das 2:0 durch Ciro Immobile und das 3:0 durch Lorenzo Insigne (auf Vorlage Immobiles) suchte und der man anmerkte, das sie am liebsten noch das 4:0 erzielt hätte.
Zugegeben, die Türkei in der Form vom Freitag war nicht der allergrößte Gradmesser für die wirkliche Stärke der Azzurri. Das Tempodefizit von den beiden Senatoren in der Innenverteidigung, Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini, könnte im Lauf der EM gegen spielwilligere und schnellere Mannschaften noch zum Problem werden. Aber so ein richtiger Geheimfavorit sind die Italiener, die seit 28 Spielen nicht mehr verloren und seit neun Spielen kein Gegentor mehr kassiert haben, nach dem höchsten Sieg in einem EM-Eröffnungsspiel und dem höchsten Sieg einer italienischen Mannschaft bei einer EM überhaupt nicht mehr.
Zumal Nicolo Barella, der unheimlich passsichere und stets anspielbare Aktivposten im Mittelfeld, und der sehr offensive und moderne Druckmacher-Außenverteidiger Spinazzola in die Mannschaft des Turniers gehören, wenn sie so weitermachen. Und mit Marco Verratti saß der wohl beste Fußballer der Azzurri auch noch angeschlagen auf der Tribüne. "Der Weg nach Wembley isz nocl lang", sagte Mancini später. Aber er und die Seinen scheinen große Lust zu haben, ihn zu gehen.
Bescheidenheit der Eröffnungsfeier steht UEFA gut zu Gesicht
Okay, den digitalen Bono als Alice-im-Wunderland-Grinsekatze hätte es wirklich nicht gebraucht. Bei allem Respekt vor der notorischen Fußball-Leidenschaft des irischen Aktivisten-Barden: Bis zum Auftritt Bonos, seines Kumpels The Edge und von DJ Martin Garrix war an der Eröffnungszeremonie in Rom aber auch gar nichts zu Meckern gewesen.
Ein bisschen Pyro hier, ein wenig Blasmusik dort, ein paar Luftballons, Fahnen, eine Ballerina, Totti mit dem Pokal sowieso und Andrea Bocellis Nessun dorma unter selbst für römische Verhältnisse äußerst hübschem Himmel, dazu noch 16.000 Fans im Olimpico, die Fußball endlich wieder so klingen ließen wie Fußball - da war die Notte auch ohne Gianna Nannini und Edoardo Bennato sofort magica.
Ja, es ist immer noch Pandemie und ja, die EM jetzt wirklich in elf Ländern stattfinden zu lassen, ist immer noch irre und zeugt vom Starrsinn und der völligen Abgekoppeltheit der Funktionäre. Doch die angenehm schlichte Eröffnungszeremonie (und durchaus auch das folgende Spiel) weckte dann doch eine Ahnung, dass Fußball einfach verdammt schön sein kann, wenn er denn einfach Fußball sein darf.
Für einen Dank an die UEFA dafür ist es selbstredend viel zu früh. Zumal auch schlicht der Glaube fehlt, dass die Funktionäre vielleicht wirklich wieder zurück auf die Erde geschwebt sind nach dem allgemeinen Superleague-Schock (Alice-im-Wunderland-Bono im Notti-magiche-Olimpico!).
Aber dass die in der Eröffnungszeremonie vorgelebte Bescheidenheit dem Fußball verdammt gut zu Gesicht steht, das kann man schon mal feststellen.
Endlich wieder eine Handspielregel, die man versteht
Die Handspielregeln im Fußball wurden in den letzten Jahren so oft verschlimmbessert, dass vielleicht sogar die obersten Fußball-Regelhüter des International Football Association Board (IFAB) ein wenig den Überblick verloren haben.
Wie auch immer: Ab der EM ist Handspiel jedenfalls dann (strafbares) Handspiel, wenn der Schiedsrichter dem Übeltäter Absicht unterstellen mag. Wie es eben bis 2019 der Fall war, ehe man gezwungen wurde über natürliche und unnatürliche Gliedmaßenbewegungen und Vergrößerungen der Körperfläche durch Anschießen und sonstigen Unsinn zu theoretisieren.
Nun also wieder alles auf Anfang in Sachen Absicht. Und das ist auch gut so - wie sich gleich im EM-Eröffnungsspiel mehrfach zeigte. Als zum Beispiel in der 21. Minute nach einem Schuss von Ciro Immobile der Ball vom Oberschenkel an den angelegten Arm des früheren Freiburgers Caglar Söyüncü sprang, entschied Schiedsrichter Danny Makkelie völlig zu Recht sofort auf Weiterspielen.
Ebenso, als kurz vor der Pause die Flanke von Leonardo Spinazzola die ebenfalls angelegte rechte Hand von Mehmet Celik berührte. Der Protest der Italiener verebbte in beiden Fällen recht schnell. Über die Handspielregel geärgert haben wir uns in den letzten Jahren schließlich alle genug.
EM 2021: Kompletter Spielplan
Runde | Termin | Begegnung | Ort |
Gruppenphase | 11. Juni, 21.00 Uhr | Türkei - Rom | Rom |
Gruppenphase | 12. Juni, 15.00 Uhr | Wales - Schweiz | Baku |
Gruppenphase | 12. Juni, 18.00 Uhr | Dänemark - Finnland | Kopenhagen |
Gruppenphase | 12. Juni, 21.00 Uhr | Belgien - Russland | St. Petersburg |
Gruppenphase | 13. Juni, 15.00 Uhr | England - Kroatien | London |
Gruppenphase | 13. Juni, 18.00 Uhr | Österreich - Nordmazedonien | Bukarest |
Gruppenphase | 13. Juni, 21.00 Uhr | Niederlande - Ukraine | Amsterdam |
Gruppenphase | 14. Juni, 15.00 Uhr | Schottland - Tschechien | Glasgow |
Gruppenphase | 14. Juni, 18.00 Uhr | Polen - Slowakei | St. Petersburg |
Gruppenphase | 14. Juni, 21.00 Uhr | Spanien - Schweden | Sevilla |
Gruppenphase | 15. Juni, 18.00 Uhr | Ungarn - Portugal | Budapest |
Gruppenphase | 15. Juni, 21.00 Uhr | Frankreich - Deutschland | München |
Gruppenphase | 16. Juni, 15.00 Uhr | Finnland - Russland | St. Petersburg |
Gruppenphase | 16. Juni, 18.00 Uhr | Türkei - Wales | Baku |
Gruppenphase | 16. Juni, 21.00 Uhr | Italien - Schweiz | Rom |
Gruppenphase | 17. Juni, 15.00 Uhr | Ukraine - Nordmazedonien | Bukarest |
Gruppenphase | 17. Juni, 18.00 Uhr | Dänemark - Belgien | Kopenhagen |
Gruppenphase | 17. Juni, 21.00 Uhr | Niederlande - Österreich | Amsterdam |
Gruppenphase | 18. Juni, 15.00 Uhr | Schweden - Slowakei | St. Petersburg |
Gruppenphase | 18. Juni, 18.00 Uhr | Kroatien - Tschechien | Glasgow |
Gruppenphase | 18. Juni, 21.00 Uhr | England - Schottland | London |
Gruppenphase | 19. Juni, 15.00 Uhr | Ungarn - Frankreich | Budapest |
Gruppenphase | 19. Juni, 18.00 Uhr | Portugal - Deutschland | München |
Gruppenphase | 19. Juni, 21.00 Uhr | Spanien - Polen | Sevilla |
Gruppenphase | 20. Juni, 18.00 Uhr | Italien - Wales | Rom |
Gruppenphase | 20. Juni, 21.00 Uhr | Schweiz - Türkei | Baku |
Gruppenphase | 21. Juni, 18.00 Uhr | Nordmazedonien - Niederlande | Amsterdam |
Gruppenphase | 21. Juni, 18.00 Uhr | Ukraine - Österreich | Bukarest |
Gruppenphase | 21. Juni, 21.00 Uhr | Russland - Dänemark | Kopenhagen |
Gruppenphase | 21. Juni, 21.00 Uhr | Finnland - Belgien | St. Petersburg |
Gruppenphase | 22. Juni, 21.00 Uhr | Tschechien - England | London |
Gruppenphase | 22. Juni, 21.00 Uhr | Kroatien - Schottland | Glasgow |
Gruppenphase | 23. Juni, 18.00 Uhr | Slowakei - Spanien | Sevilla |
Gruppenphase | 23. Juni, 18.00 Uhr | Schweden - Polen | St. Petersburg |
Gruppenphase | 23. Juni, 21.00 Uhr | Deutschland - Ungarn | München |
Gruppenphase | 23. Juni, 21.00 Uhr | Portugal - Frankreich | Budapest |
Achtelfinale | 26. Juni, 18.00 Uhr | Zweiter Gruppe A - Zweiter Gruppe B | Amsterdam |
Achtelfinale | 26. Juni, 21.00 Uhr | Erster Gruppe A - Zweiter Gruppe C | London |
Achtelfinale | 27. Juni, 18.00 Uhr | Erster Gruppe C - Dritter Gruppe D/E/F | Budapest |
Achtelfinale | 27. Juni, 21.00 Uhr | Erster Gruppe B - Dritter Gruppe A/D/E/F | Sevilla |
Achtelfinale | 28. Juni, 18.00 Uhr | Zweiter Gruppe D - Zweiter Gruppe E | Kopenhagen |
Achtelfinale | 28. Juni, 21.00 Uhr | Erster Gruppe F - Dritter Gruppe A/B/C | Bukarest |
Achtelfinale | 29. Juni, 18.00 Uhr | Erster Gruppe D - Zweiter Gruppe F | London |
Achtelfinale | 29. Juni, 21.00 Uhr | Erster Gruppe E - Dritter Gruppe A/B/C/D | Glasgow |
Viertelfinale | 2. Juli, 18.00 Uhr | Sieger Achtelfinale 6 - Sieger Achtelfinale 5 | St. Petersburg |
Viertelfinale | 2. Juli, 21.00 Uhr | Sieger Achtelfinale 4 - Sieger Achtelfinale 2 | München |
Viertelfinale | 3. Juli, 18.00 Uhr | Sieger Achtelfinale 3 - Sieger Achtelfinale 1 | Baku |
Viertelfinale | 3. Juli, 21.00 Uhr | Sieger Achtelfinale 8 - Sieger Achtelfinale 7 | Rom |
Halbfinale | 6. Juli, 21.00 Uhr | Sieger Viertelfinale 2 - Sieger Viertelfinale 1 | London |
Halbfinale | 7. Juli, 21.00 Uhr | Sieger Viertelfinale 4 - Sieger Viertelfinale 3 | London |
Finale | 11. Juli, 21.00 Uhr | Sieger Halbfinale 1 - Sieger Halbfinale 2 | London |