"Sterling und Grealish dürfen nicht dastehen und einen jungen Kerl wie Saka beim Elfmeterschießen den Vortritt lassen", sagte Keane bei ITV Sport: "Sowas geht gar nicht. Sie haben beide viel mehr Erfahrung. Sterling hat Titel gewonnen. Er muss schießen, bevor es ein Kind tun muss."
Zumindest Grealish antwortet am Tag nach dem Endspiel auf die nicht nur von Keane geäußerte Kritik. "Ich habe gesagt, dass ich schießen will!", schrieb Grealish via Twitter: "Der Trainer hat im Verlauf des Turniers so viele richtige Entscheidungen getroffen und das hat er auch gestern getan. Aber ich werde nicht zulassen, dass jemand behauptet, dass ich keinen Elfmeter schießen wollte!"
Anstelle von Grealish oder Sterling hatte der erst 19 Jahre junge Bukayo Saka die Bürde des letzten Elfmeters für England getragen und war spielentscheidend an Gianluigi Donnarumma gescheitert. Vor ihm hatten bereits die erst in der 120. Minute eingewechselten Jadon Sancho und Marcus Rashford, die beide im Turnierverlauf kaum eine Rolle bei den Three Lions gespielt hatten, verschossen.
Aufgrund ihrer Fehlschüsse und ihrer Hautfarbe wurden alle drei anschließend im Netz rassistisch angefeindet. So fanden sich etwa unter dem jüngsten Instagrampost des 19-jährigen Saka vom FC Arsenal umgehend Dutzende Kommentare, deren Inhalt übelste Beleidigungen und Verwünschungen waren.
Sowohl der englische Fußballverband FA als auch die UEFA, Premierminister Boris Johnson und das britische Königshaus verurteilten die Anfeindungen gegen die Spieler aufs Schärfste. Die Metropolitan Police nahm Ermittlungen auf und kündigte an, die Beleidigungen würden "nicht toleriert" werden.
Englands Final-Pleite: Lineker spricht von "Angst"
Southgate hatte unmittelbar nach dem verlorenen Elfmeterschießen die Verantwortung für die viel diskutierte Wahl seiner Elfmeterschützen übernommen. "Ich habe die Elfmeterschützen aufgrund ihrer Leistungen im Training ausgewählt, und niemand ist auf sich allein gestellt", sagte Southgate: "Was die Elfmeter angeht, so ist das meine Entscheidung. Das liegt komplett bei mir. Es war nicht der Fall, dass erfahrene Spieler gekniffen hätten."
Er fühle sich, sagte Southgate am Montag, "als wären meine Eingeweide herausgerissen worden".
Die Wahl der Schützen war nach Meinung von TV-Experte und England-Legende Gary Lineker jedoch nicht der einzige Fehler von Southgate an diesem Abend. So warf Lineker dem Trainer der Three Lions vor, "Angst" davor zu haben, das zweifellos vorhandene Talent in der Offensive von der Leine zu lassen.
"Wir müssen einen Weg finden, offensiver zu denken, mutiger zu spielen, mehr Offensivspieler aufzustellen. Wir haben das Talent, anderen Mannschaften Angst zu machen. Aber momentan scheint es, als hätten wir Angst", schrieb Lineker via Twitter.