EM

Italien - Spanien 5:3 i.E.: Jorginho schießt Italien ins EM-Finale

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© getty

Top-Favorit Italien hat als erste Mannschaft das Finale der EM 2021 erreicht. In einem temporeichen, aber eher torchancenarmen Halbfinale besiegten die Azzurri Spanien mit 5:3 (1:1, 1:1, 0:0) im Elfmeterschießen. Den entscheidenden Elfmeter verwandelte Jorginho unnachahmlich lässig und eiskalt. Den zweiten EM-Finalisten spielen am Mittwoch ebenfalls im Londoner Wembley-Stadion Dänemark und England aus.

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Der bis zum Tor völlig unsichtbare Federico Chiesa schlenzte den Ball nach einer Stunde ins Tor von Unai Simon. Ciro Immobile hatte die Abwehr zuvor mit einem beherzten Lauf und zwei Ballkontakten auseinandergerissen und den Raum für Chiesas Schuss geschaffen.

Der eingewechselte Alvaro Morata glich in der 80. Minute nach einem feinen Spielzug für Spanien aus - verschoss aber im Elfmeterschießen. Jorginho guckte anschließend Torwart Unai Simon aus, verzögerte, bis Simon nach links sprang und schob den Ball lässig in die rechte Torseite. "Es war ein sehr schweres Spiel. Spanien ist eine große Mannschaft, hat gut gespielt. Wir wussten, dass wir heute leiden mussten. Sie haben uns in Schwierigkeiten gebracht am Anfang, wir mussten uns an Dani Olmo gewöhnen. Wir wussten dass wir heute leiden würden", sagte Italiens Trainer Roberto Mancini bei Rai.

Auf die Frage des Reporters, ob die Azzurri, die ihre defensivste Leistung im Turnier darboten, auf italienische Art weitergekommen seien, antwortete Mancini gereizt: "Wir haben das Spiel gewonnen. Mannschaften im Fußball greifen an und verteidigen. Es war ein sehr offenes Spiel von zwei guten Mannschaften. Ob wir italienisch weitergekommen sind? Alle Mannschaften verteidigen. Nicht nur Italien."

Außerdem fügte er hinzu: "Das Verdienst ist von den Jungs. Sie haben schon vor drei Jahren daran geglaubt. Aber wir sind noch nicht durch. Wir müssen uns erholen und dann schauen, wie weit uns die Kräfte im Finale tragen."

Verteidiger Leonardo Bonucci gab zu: "Spanien hat uns dominiert, uns hat noch nie eine Mannschaft so in Schwierigkeiten gebracht. Aber das Herz der Italiener hört nie auf zu schlagen. Wir widmen den Finaleinzug unseren Fans und Leonardo Spinzazzola."

Spanien Trainer Luis Enrique meinte in der Pressekonferenz: "Italien wollte in der Verlängerung ins Elfmeterschießen, wir wollten noch 30 Miniuten weiterspielen. Ich denke, das hat man gesehen. Ich bin stolz auf meine Spieler."

Italien - Spanien: Die Analyse

Die Italiener gaben zunächst ein enormes Tempo vor. Spanien brauchte rund sieben Minuten, um so etwas wie ein Kombinationsspiel aufzuziehen. Davor hatten ihnen die Azzurri zwar den Ball überlassen, waren aber immer wieder erfolgreich dazwischengezischt. Doch dann wurden die Spanier zusehendes gefährlicher und machten die Partie, angetrieben vom erst 18-jährigen Super-Passer Pedri und Routinier Busquets im Mittelfeld, mehr und mehr zu ihrem Spiel.

Ciro Immobile im Sturmzentrum der Azzurri lief zwar viel, war aber kaum am Ball. Die Spanier agierten im Sturm gegen Bonucci und Chiellini mit den wendigen Oyarzabal, Torres und Olmo als falsche Neun. Olmo war in der ersten Halbzeit der gefährlichste Spieler auf dem Platz, Donnarumma musste sich nach 25 Minuten weit strecken, um seinen Schuss zu entschärfen.

Auf der Gegenseite kam eigentlich nur Gefahr auf, als Spaniens Keeper Unai Simon bei Emersons Flankenlauf nach Insignes Pass aus der Tiefe reichlich unnötig aus seinem Tor rauschte - Barella zögerte aber zu lange. Kurz vor der Pause versuchte es Emerson nach einer Kombination mit Insigne noch mal - der einzige wirkliche Torschuss der Azzurri in der ersten Halbzeit.

Vorm Führungstreffer lief zum ersten Mal die Pressingmaschine der Azzurri auf Hochtouren. Donnarumma brachte den Ball ins Spiel, mit einem Pass überbrückten die Azzurri das Mittelfeld, Immobile brachte die Spanier mit seinem 16. und 17. Ballkontakt am Strafraum in Bedrängnis und öffnete den Raum für den bis dahin völlig unsichtbaren Chiesa. Der traf unwiderstehlich zum 1:0 per Schlenzer (60.). Insgesamt war es von Italien trotz des Traumtores die defensivste Vorstellung des Turniers.

Trainer Mancini rührte in der Folge sogar noch mehr Beton an, brachte den sehr defensiven Verteidiger Toloi für Emerson und Pessina für Verratti. Enrique dagegen änderte nach dem Gegentor die Formation, wechselte unter anderem in der 62. mit Morata einen klassischen Mittelstürmer ein - und der traf nach einem simplen Doppelpass mit dem sehr spielfreudigen Olmo zum 1:1.

Auch in der Verlängerung behielten die zusehends müder werdenden Spanier den Ballbesitz (rund 70 Prozent insgesamt), Italien lauerte auf Konter. Der eingewechselte Berardi traf nach Chiellinis Pass nur aus dem Abseits das Tor. Im Elfmeterschießen hatte Italien schließlich das bessere Ende für sich.

Italien - Spanien: Die Aufstellungen

Italien: Donnarumma - di Lorenzo, Bonucci, Chiellini, Emerson (74. Toloi) - Barella (85. Locatelli), Jorginho, Verratti (74. Pessina) - Chiesa (106. Bernardeschi), Immobile (62. Berardi), Insigne (85. Belotti).

Spanien: Simon - Azpilicueta (85. Llorente), Garcia (109. Torres), Laporte, Alba - Koke (70. Rodrigo), Busquets (106. Thiago), Pedri - Oyarzabal (70. Moreno), Olmo, Torres (62. Morata).

Italien - Spanien: Die Daten des Spiels

Tore: 1:0 Chiesa (60.), 1:1 Morata (80.).

Elfmeterschießen:

Simon hält gegen Locatelli

Olmo schießt drüber

1:0 Belotti

1:1 Moreno

2:1 Bonucci

2:2 Thiago

3:2 Bernardeschi

Donnarumma hält gegen Morata

4:2 Jorginho

  • Pedri brachte in der regulären Spielzeit alle seine 56 Pässe an den Mann.
  • Emersons Schuss in der 45. Minute war der erste Torschuss Italiens im Spiel - nur gegen die Niederlande bei der EM 2000 hatte Italien länger für seinen ersten Torschuss benötigt (damals 48. Minute).
  • Dani Olmo is der erst dritte spanische Spieler, der mehr als 20 Schüsse aufs Tor gegeben hat während eines Turniers und kein Tor daraus machte. Die anderen zwei waren Andres Iniesta 2012 und Fernando Hierro 1996.
  • Spanien ist das erst zweite Team nach Portugal 2016, das in drei K.O.-Spielen in die Verlängerung musste.
  • Nur Deutschland (14) stand in mehr Endspielen bei Welt- und Europameisterschaften als Italien (10).

Star des Spiels: Enrico Chiesa (Italien)

War bis zu seinem Treffer völlig unsichtbar, als Roberto Mancini nach rund 25 Minuten die ersten Spieler zum Aufwärmen schickte, galt er als Auswechselkandidat. Durfte bleiben und hatte die Lust auf sein Tor in den Augen, als er nach einer Stunde traumhaft zum 1:0 schlenzte.

Der Flop des Spiels: Unai Simon (Spanien)

Spaniens Torwart sorgte mit einem übermotivierten und völlig desorientierten Herauslaufen gegen Emerson für Herzrasen und hatte Glück, dass Barella zu zögerlich war. Auch sonst strahlte der Keeper viel zu wenig Sicherheit aus an diesem Abend. Gefühlt wurde es immer, wenn er seine Linie verliieß, haarig. Parierte im Elfmeterschießen den ersten Schuss der Italiener von Locatelli.

Der Schiedsrichter: Felix Brych (Deutschland)

Übersah bei Emersons Schuss in der ersten Halbzeit, dass ein Spanier den Ball noch leicht abgefälscht hatte und brachte die Azzurri so um den einzigen Eckball in der ersten Halbzeit. Ließ wie meist viel laufen. Die Partie war während der regulären Spielzeit auch bemerkenswert fair. Als sich die Nickligkeiten jedoch in der Verlängerung häuften, verlor er ein wenig die Kontrolle. Ließ nach einer lautstarken Intervention von Chiellini die Seitenwahl des Elfmeterschießens wiederholen.