Die deutsche Phalanx in Europa: Mit Werder Bremen, dem VfL Wolfsburg und dem Hamburger SV haben gleich drei Bundesligisten die Chance auf den Einzug ins Viertelfinale der Europa League. Keine Nation ist besser vertreten. Doch welcher Klub hat die besten Aussichten auf den Titel? Vor dem Rückspiel (18.45 Uhr im LIVE-TICKER, auf SAT.1 und SKY) kommentieren die SPOX-Redakteure Stefan Rommel, Florian Bogner und Stefan Moser.
Motivation: Triumph beim Erzrivalen
von Stefan Rommel
Werder Bremen wird sich den Einzug ins Viertelfinale zu Hause selbst gegen einen starken Gegner wie den FC Valencia nicht mehr nehmen lassen.
Danach sind es nur noch vier Spiele bis zum Finale in Hamburg - was selbstredend eine Zusatz-Motivation für Werder ist, auch wenn es von den Verantwortlichen nie jemand zugeben würde. Werder hat ähnlich wie der FC Barcelona die große Chance, im Mai im Stadion des Erzrivalen zu triumphieren und wird sich diese Chance auch nicht nehmen lassen.
Bremen wird auf jeden Fall ins Endspiel einziehen. Werder ist eine abgezockte Truppe, die gezeigt hat, dass sie in den großen Spielen, wenn es wirklich um was geht, zu 100 Prozent da ist. Im Prinzip gibt es nur noch zwei Teams, die im Favoriten-Ranking über den Bremern stehen, sowohl Liverpool als auch Juventus sind für Werder aber machbar. Die Chancen auf den Pott stehen sehr gut. Werder wird sich diesmal am Ende durchsetzen.
Die Innenverteidigung als Achillesferse
von Florian Bogner
VfL Wolfsburg - Europa-League-Sieger 2010? Zugegeben, das klingt etwas abenteuerlich. Aber klang Wolfsburg in Verbindung mit "deutscher Meister" in der letzten Saison nicht auch befremdlich? Der VfL hat auf europäischer Bühne bereits bewiesen, dass er keine großen Namen zu scheuen braucht. Auch auswärts - in Mailand letztes Jahr (2:2), in Manchester (1:2), bei Villarreal (2:2).
Mit Misimovic und Dzeko in Bestform ist jede Defensive zu knacken - zumal sich beide ja für höhere Aufgaben (Schalke, Milan) empfehlen wollen. Schlüssel zu einem internationalen Titel ist aber meist die Defensive. Dort haben die Wölfe unter dem konservativen Lorenz-Günther Köstner Fortschritte gemacht.
Allerdings steht der Gegentorschnitt unter dem neuen Coach immer noch bei 1,2 - also über einem Tor pro Spiel. Das ist international vor allem zuhause tödlich. Mit Alexander Madlung, Jan Simunek und Andrea Barzagli hat der VfL zudem keinen Innenverteidiger von internationalem Niveau, über Rever kann man noch nichts sagen.
Insofern ist für Wolfsburg das Halbfinale das Allerhöchste der Gefühle - zumal das Duell mit Geheimfavorit Rubin Kasan noch nicht gewonnen ist.
Europa League als letzte Chance
von Stefan Moser
Mladen Petric ist grundsätzlich kein hysterischer Typ. Dass also ausgerechnet er die Europa League schon jetzt zum "letzten großen Ziel" stilisiert, sagt einiges über den Zustand der HSV-Seele aus: Das Finale im eigenen Stadion muss eine Saison retten, die viele Hamburger spätestens seit der Niederlage gegen Leverkusen als Enttäuschung empfinden.
Im Kader steckt mehr als der Kampf um Platz fünf, doch ein fatales Wechselspiel aus Verletzungen, Misserfolgen und Erwartungsdruck ließen in Hamburg schleichend aber kontinuierlich Unsicherheit und Verkrampfung steigen - und die Form der Schlüsselspieler im gleichen Maße sinken. Resultat ist eine merkwürdig verspannte und etwas ratlose Grundstimmung, erste mediale Sticheleien gegen Bruno Labaddia inklusive.
Doch was wäre in dieser Situation ein besseres Gegengift als eine kollektive Vision - wie zum Beispiel das Projekt: "Endspiel vor eigenem Publikum". Den konsolidierenden Charakter dieser Mission haben die Verantwortlichen bislang noch kaum für sich genutzt. Mit einem Sieg gegen Anderlecht aber wäre die Idee langsam greifbar: Genau vier Spiele trennten den HSV dann noch von diesem Ziel.
Sollte sich daraus schließlich eine kollektive Aufbruchsstimmung entwickeln lassen, hat Hamburg genügend Potential, um auch Mannschaften wie Liverpool oder Juventus zu schlagen - und sich dann im Finale bei Werder Bremen zu revanchieren...
Das Europa-League-Achtelfinale im Überblick