SPOX: Herr Aogo, am Dienstag nach dem Training gab es eine Auseinandersetzung mit einem Fan, der Sie sehr direkt beschimpft und beleidigt hat. Wie haben Sie auf den Vorfall reagiert?
Dennis Aogo: Man sollte nicht den Fehler machen und aus so einer Situation ableiten, dass alle Fans mit der Mannschaft ein Problem haben und wir deshalb nicht mehr gemeinsam erfolgreich sein wollen. Der Fan war womöglich etwas aufgebracht und es gab eine kurze Diskussion.
SPOX: Ein Zeichen für das angespannte Verhältnis zu den Fans?
Aogo: Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass das Verhältnis zu den Anhängern gut ist und dass sie uns auch am Donnerstag im Craven Cottage nach vorne peitschen werden. Ich habe gehört, dass 1.300 Fans mitreisen.
SPOX: Es ist Hamburgs vorgezogenes Finale. Was überwiegt: Vorfreude und der Traum vom Finale im eigenen Stadion oder der Druck und die Sorge, dass die Situation - auch mit den Fans - weiter eskalieren könnte?
Aogo: Bernd Hoffmann hat vor dem Flug gesagt, dass es das Finale zum Finale ist. Damit hat er vollkommen recht. Es ist ein echtes Endspiel. Wir wissen, dass wir einen Treffer erzielen müssen, um ins Endspiel einzuziehen. Deshalb ist natürlich Anspannung da. Doch die Freude und die Chance, etwas ganz Außergewöhnliches zu leisten, ist auf jeden Fall viel größer.
SPOX: Die Mannschaft hat die Chance, Geschichte zu schreiben, trotzdem herrscht im Umfeld eine gereizte Stimmung. Wie gelingt es Ihnen dennoch, eine positive Spannung aufzubauen?
Aogo: Dass die letzten Tage bei uns alles andere als einfach waren, darüber müssen wir nicht lange reden. Doch vor dieser Partie müssen wir solche Dinge ausblenden und uns nur auf den Gegner und unsere Vorgaben konzentrieren.
SPOX: Obwohl sich die Kritik schon vor der Trennung vom Trainer sehr auf Bruno Labbadia konzentrierte, musste sich auch die Mannschaft viel anhören: Die Vorwürfe reichen von Charakterschwäche bis Sabotage am Trainer. Inwieweit trifft diese Kritik die Mannschaft?
Aogo: Ich glaube, dass Joris Mathijsen gesagt hat, dass es auch für die Mannschaft eine Niederlage ist, wenn der Trainer gehen muss. So ist es. Wir haben uns den Verlauf der letzten Wochen und Monate alle komplett anders vorgestellt. Doch wir sind alle Profis und wissen, dass wir jetzt nicht mehr zurückblicken können. Wir werden am Donnerstagabend alles dafür geben, um in unserem Stadion ein Finale zu spielen.
SPOX: Ihr Wechsel nach Mailand steht nach wie vor im Raum. Ändert der Trainerwechsel etwas an Ihrer Entscheidung?
Aogo: Ich habe ja schon auf der Pressekonferenz vor dem Hinspiel gesagt, dass solche Themen jetzt überhaupt keinen Platz haben. Außerdem habe ich immer betont, dass ich mich beim HSV und in Hamburg sehr wohl fühle.
SPOX: Co-Trainer Ricardo Moniz hat nun die Verantwortung auf der Bank. Wie waren die ersten beiden Tage ihm?
Aogo: Er liebt Fußball und versucht das jedem beizubringen. Seine Leidenschaft zu diesem Sport ist ansteckend. Jeder Einzelne merkt, dass bei ihm stets die Entwicklung im Vordergrund steht.
SPOX: Sie kennen Ihn besonders gut, weil er speziell mit jungen Spielern viel gearbeitet hat. Was ist Moniz für ein Typ?
Aogo: Er ist sehr emotional. Er ist mit einer Riesenleidenschaft dabei, wie ich sie noch nie erlebt habe. Er liebt Fußball, er lebt Fußball, er ist Fußball. Gerade für uns junge Spieler war er schon immer eine wichtige Verbindungsperson. Ich habe oft betont, dass Ricardo für mich eine besondere Person ist, weil er uns junge Spieler - ob im Training, im Zusatztraining oder neben dem Platz - immer versucht, voran zu bringen.
SPOX: Bringt er Sie nur fußballerisch oder auch menschlich voran?
Aogo: Natürlich. Wenn man sich mit ihm unterhält, kommt man nicht drum rum, auch über Fußball zu reden. Daher ist es hauptsächlich der fußballerische Bereich, in dem er einen voranbringt.
SPOX: Moniz ist aber auch sehr direkt.
Aogo: Er kann sehr kritisch sein, manchmal dachte ich schon, vielleicht sogar eine Spur zu hart. Er kann sehr direkt sein, er ist so ehrlich, dass es dem einen oder anderen auch mal weh getan hat. Aber diese Härte bringt einen weiter - wenn man ihm zuhört. Die Spieler wissen, dass er immer nur den Hintergedanken hat, einen voranzutreiben. Das ist der Grund, warum er intern so beliebt ist.
SPOX: Hat sich das Training anders angefühlt, mit Moniz als Cheftrainer?
Aogo: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es ist nicht anders. Es steht ein neuer Trainer auf dem Platz, der in seiner neuen Funktion als Cheftrainer neue Einflüsse hat. Von daher war es schon speziell. Wir hoffen, dass alles positiv endet.
SPOX: Ist Moniz die Optimallösung?
Aogo: Er war die einzige und beste Lösung. Er ist der Einzige im Umfeld, der die Mannschaft kennt. Ich denke, dass das am sinnvollsten ist. Wenn ein Außenstehender gekommen wäre, der eine neue Philosophie reinbringt, wäre es in der kurzen Zeit schwierig geworden. Für mich und auch für den Rest der Mannschaft ist er die optimale Lösung.
SPOX: Wäre er denn auch eine langfristige Lösung - ist er ein Typ, mit dem die Mannschaft auch auf Dauer arbeiten könnte?
Aogo: Fakt ist, dass es kurzfristig die richtige Entscheidung war, alles andere wird man sehen. Auf jeden Fall sind wir uns alle einig, dass man so einen Mann gerne in den eigenen Reihen halten würde. Ich habe es vorher noch nie erlebt, dass sich jemand so mit Fußball auseinandersetzt, es ist klar, dass man so jemanden binden sollte.
SPOX: Hat sich die Stimmung in der Mannschaft bereits verändert?
Aogo: Man sieht, dass jeder versucht, eine Art Neuanfang zu machen und positiv zu bleiben. Wir haben eine letzte Chance, die Saison positiv zu gestalten und deshalb ist die Stimmung den Umständen entsprechend gut.
SPOX: Die Mannschaft hat vor dem Rückspiel gegen Fulham Elfmeter trainiert. Zufall?
Aogo: Ich weiß nicht, was Ricardo da im Kopf hatte. Aber ich denke, dass ein Elfmeterschießen am Donnerstag eine mögliche Variante ist.
SPOX: Wie groß ist Ihre persönliche Hoffnung, das Finale zu erreichen?
Aogo: Die Hoffnung ist sehr groß. Die Chancen stehen 50:50 und deshalb werden wir alles daran setzen, ins Finale zu kommen.
SPOX: Moniz kennt den englischen Fußball sehr gut. Hat er in Hinsicht auf das Fulham-Spiel schon konkret auf die Mannschaft eingewirkt?
Aogo: Wir haben vor der Abreise nach London sehr Fulham-spezifisch trainiert, haben den Gegner auch im Trainingsspiel simuliert. Ricardo hat uns gesagt, was uns da erwartet. Allerdings gab es ja auch schon das Hinspiel, daher gab es nicht viele Neuigkeiten. Wir wissen, was auf uns zukommt. Wir werden versuchen, mit den Mitteln, die er vorgibt, den Gegner zu knacken. Ich denke, dass Fulham zuhause eine harte Nuss wird. Sie werden keinen Hauruck-Fußball, sondern kontrolliert nach vorne spielen - und wir werden versuchen, Lösungen zu finden.
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