Mesut Özils ungewisse Zukunft beim FC Arsenal: Noch hält sich die Waage

Mesut Özil spielt seit 2013 für den FC Arsenal.
© getty

Aktuell ist wieder alles im Lot: Mesut Özil winkt gegen den SSC Neapel (21 Uhr live auf DAZN) sein zwölfter Einsatz in Folge - seine längste Serie in dieser Spielzeit. Er scheint den Ansprüchen seines Trainers Unai Emery endlich zu genügen. Dennoch droht im Sommer die Trennung vom FC Arsenal.

Cookie-Einstellungen

So heftig wurde Özil vielleicht noch nie diskreditiert. Zumindest aus sportlicher Sicht. "Schau dir Mesut Özil an. Er hat Championship-Niveau!" Radio-Moderator Adrian Durham von talkSPORT sprach dem "Zauberer von Öz" doch tatsächlich die Qualität für die Premier League ab. Die League One ist die zweithöchste Liga in England.

Dagegen geriet Mitspieler Alex Iwobi ins Schwärmen über Özil. "Die Fans wissen es manchmal nicht zu schätzen, was er dem Team gibt", sagte er der Tageszeitung The Sun.

Özils Ruf in a Nutshell. Seit jeher gibt es Özil-Liebhaber und -Kritiker. In den meisten Fällen ist das Urteil subjektiv und höchst emotionsgeladen. Beide Lager argumentieren mit berechtigten Punkten.

Ob Magier oder Zweitligaspieler: Özil ändert sein Spiel nicht

Die einen sehen Özils Gespür für offene Räume und freistehende Mitspieler. Kein Spieler aus Europas Top-Fünf-Ligen kreierte in den vergangenen zehn Jahren mehr Chancen als er (1409, 3,38 pro Spiel) - nicht einmal Lionel Messi. Das ist der Magier Özil.

Die anderen sehen einen immer wieder abtauchenden Spielmacher ohne Körpersprache und ohne defensive Komponente in seinem Spiel. Das ist der League-One-Özil.

Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Klar ist bei all der kontroversen Diskussion um den Wert des Weltmeisters von 2014: Özil wird sein Spiel nicht ändern. "So spielt er eben. Ich glaube nicht, dass sich Mesut wegen der ganzen Kritik umstellen wird", sagte Arsenal-Legende Ian Wright der Metro.

Mesut Özil kämpft sich zurück in Unai Emerys Gunst

Auch Emery schien sich erst mit Özils Spielweise anfreunden zu müssen. In zehn Pflichtspielen in dieser Saison berief er ihn nicht einmal in den Kader der Gunners. Er bemängelte immer wieder dessen Physis, war genervt von den vielen Wehwehchen und Trainingspausen. Teils begründete er Özils Fehlen damit, dass der Gegner taktische Vorgaben erfordere, die andere Spieler besser erfüllen könnten.

Mittlerweile hat der Franzose seine Meinung von Özil geändert. Auch, weil der professionell mit der Kritik des Trainerstabs umging. "Aus dem Arsenal-Inneren heißt es, dass er sich wirklich aufs Training fokussierte und Emery und Co. beeindruckt hat", sagte Charles Watt, Arsenal-Korrespondent von Goal zu SPOX.

Den endgültigen Vertrauensbeweis lieferte Emery mit der Einwechslung von Özil gegen Tottenham. Arsenal lag mit 1:0 zur Pause vorn. Die (nicht unberechtigte) Kritik, Özil würde auswärts sowie gegen die Top-Teams unterperformen, scheint Emery nicht zu teilen. Nicht mehr. "Das wäre ihm vor einigen Monaten gar nicht erst in den Sinn gekommen", meint Watt.

Watt: "Die Fans wollten Özil wieder in der Mannschaft haben"

Der Erfolg gibt Özil Recht. Seit er wieder regelmäßig zum Einsatz kommt, hat Arsenal einen 16:4-Punkte-Run hingelegt (5 Siege, 1 Unentschieden, 1 Niederlage). Nur Liverpool und ManCity holten in diesem Zeitraum mehr Punkte pro Spiel.

Mesut Özil genießt immer noch hohes Ansehen bei den Arsenal-Fans.
© getty
Mesut Özil genießt immer noch hohes Ansehen bei den Arsenal-Fans.

Sicherlich wuchs auch der öffentliche Druck auf Emery. "Die Fans wollten Özil wieder in der Mannschaft haben. Wenn du einen Spieler wie Özil aus der Mannschaft lässt, musst du Ergebnisse erzielen", erklärte Watt. Zuvor war Arsenal unter anderem gegen Blackpool aus dem FA Cup ausgeschieden, gegen City (1:3), West Ham (0:1) und Liverpool (1:5) setzte es Niederlagen.

"Nun gewinnt Arsenal wieder, das wird auch als Verdienst von Özil angesehen", meint Watt. Die Nummer 10 der Gunners genießt so viel Rückendeckung von den Fans wie eh und je. Tatsächlich habe seine Popularität in dieser Saison wahrscheinlich zugenommen, da er manchmal auf der Bank saß.

Mesut Özils Gehalt ist ein Problem für Arsenal

Dennoch würde ihn Emery nach rationaler Überlegung wohl gerne abgeben. Özil ist mit Abstand Bestverdiener der Gunners. Ein Vertrags-Relikt aus der Ära von Geschäftsführer Ivan Gazidis, der 2018 zu Milan wechselte und nach dem Abgang von Alexis Sanchez weitere Hiobsbotschaften vermeiden wollte.

Das Problem: Özil rechtfertigt die rund 405.000 Euro pro Woche (!) nicht - so gut und wichtig er in machen Spielen auch sein mag. Özils Inkonstanz - vor allem gegen die Top-Teams und in der Ferne "ist die große, aber berechtigte Kritik an ihm", meint Watt.

Doch wieso ist das überhaupt so? Özil will als Dirigent den Ball am Fuß haben und das Tempo bestimmen. "Aber auswärts bekommst du diese Zeit - vor allem in England - einfach nicht", erklärt Watt: "Özil hatte schon immer Schwierigkeiten mit dieser Art von Intensität."

Ein Blick auf die Statistik bestätigt diesen Eindruck: Sowohl defensiv als auch offensiv legt Özil gegen die Top-Six oder eben auswärts schlechtere Werte auf.

Mesut Özil schwächelt gegen Top-Teams und auswärts

Spiele gegen die Top-Six vs. Spiele gegen den Rest der Liga:

StatistikÖzil gegen Top-Six (pro 90 min)Özil gegen Rest der Liga (pro 90 min)Differenz (pro 90 min)
Passquote80,4689,78-9,32 Prozent
Ballaktionen52,4873,38-20,90
Kreierte Chancen2,622,16+0,46
Kreierte Großchancen0,000,25-0,25
Zweikampfquote36,17 Prozent49,69 Prozent-13,52 Prozent
Balleroberungen3,204,57-0,37
Abgefangene Bälle0,520,17+0,36

Auswärtsspiele vs. Heim-Spiele:

StatistikÖzil auswärts (pro 90 min)Özil zuhause (pro 90 min)Differenz (pro 90 min)
Passquote84,30 Prozent88,38 Prozent-4,09 Prozent
Ballaktionen56,6574,04-17,39
Kreierte Chancen1,542,63-1,09
Kreierte Großchancen0,000,28-0,28
Zweikampfquote26,40 Prozent53,36 Prozent-26,96 Prozent
Balleroberungen4,244,60-0,36
Abgefangene Bälle0,190,28-0,09

Arsenal-Abschied von Mesut Özil gilt als unwahrscheinlich

Ein Abschied des Linksfußes von Arsenal gilt trotz des Zwiespalts als unwahrscheinlich. Auch wenn, wie der Telegraph berichtet, mehrere Spielervermittler nach einem Abnehmer für den 30-Jährigen suchen.

Özil will bleiben. Laut SZ lehnte er im Winter trotz der wenigen Einsatzminuten eine Leihe zu PSG ab. Er hat noch Vertrag bis 2021. Er liebt London, hat dort geschäftliche Interessen und steht kurz vor seiner Hochzeit.

"Und offensichtlich gibt es nur sehr wenige Klubs, die sich Özil überhaupt auf der Gehaltsliste leisten können", fügt Watt hinzu.

Aktuell stimmt das Gleichgewicht von Aufwand und Ertrag für Arsenal wieder einigermaßen. Vielleicht kann Özil es ja halten.