"Hart, biestig und zickig"

Von Aus Frankfurt berichtet: Daniel Börlein
Deutschland steht nach zwei knappen Siegen in Gruppe A im Viertelfinale
© Getty

Die deutsche Nationalmannschaft steht im Viertelfinale. Ein Leckerbissen war der Sieg gegen Nigeria allerdings nicht. Die Afrikanerinnen setzten der Neid-Elf mächtig zu und kauften dem deutschen Team den Schneid ab. Eine Deutsche litt darunter besonders. Doch es gab auch eine Gewinnerin.

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Die Erste war die Bundestrainerin höchstselbst. Auf der offiziellen Pressekonferenz nach dem 1:0-Sieg gegen Nigeria und dem damit verbundenen Einzug ins WM-Viertelfinale sagte die Bundestrainerin: "Wir sind erstmal froh, dass wir eine Runde weiter sind."

Ein paar Räume weiter schlenderten etwas später ihre Spielerinnen in den Katakomben des Frankfurter Stadions an den Journalisten vorbei durch die Mixed Zone. Zunächst Abwehrchefin Annike Krahn, wenig später Spielführerin Birgit Prinz, anschließend noch Torschützin Simone Laudehr und der Rest des Teams.

Und jede von ihnen sagte das, was die Bundestrainerin kurz zuvor gesagt hatte: Wir sind erstmal froh, dass wir eine Runde weiter sind. Dass ausnahmslos alle Spielerinnen dies betonten, lag wohl auch daran, dass es über die vorherigen 90 Minuten nur wenig Positives zu berichten gab.

Prinz: "Wir haben relativ wenig Fußball gespielt"

Zwar war das deutsche Team seiner Favoritenrolle gerecht geworden und hatte den zweiten Sieg im zweiten Spiel gefeiert, mit Ruhm bekleckert hatte man sich dabei allerdings nicht. Die Neid-Elf leistete sich ungewohnte Schwächen im Pass- und Kombinationsspiel und zeigte eine der schwächsten Leistungen der letzten Jahre.

"Ich bin nicht ganz glücklich damit, wie wir gespielt haben. Wir haben relativ wenig Fußball gespielt und uns wenige Torchancen erarbeitet. Das fand ich enttäuschend", gab Birgit Prinz zu.

"Wenn wir schnell gespielt und den Ball flach gehalten haben, dann haben wir das Spiel auch bestimmt", sagte Stürmerin Inka Grings, lieferte das Aber allerdings gleich hinterher: "Das haben wir über weite Strecken des Spiels schon ein bisschen vernachlässigt."

Krahn: "Das war eher Ringkampf"

Das lag jedoch auch am Gegner. Nigeria ging "biestig und zickig" (Linda Bresonik) zu Werke und keinem Zweikampf aus dem Weg. "Einige Szenen heute hatten nichts mit Fußball zu tun, sondern eher mit Ringkampf", sagte Krahn. "Ich glaube, es gibt keine Spielerin bei uns, die nicht irgendwo einen Verband hat. Da gab's heute schon einige blaue Flecken."

Das Problem: Schiedsrichterin Sun Mi Cha war mit dem Einsteigen der Nigerianerinnen völlig überfordert und ließ deshalb viele Situationen einfach ungeahndet, statt durchzugreifen. "Die Schiedsrichterin hat das Spiel ein wenig verpfiffen", sagte Neid.

"In vielen Szenen ging es heute schon richtig hart zur Sache. Schade, dass die Schiedsrichterin nicht wirklich konsequent war", sagte Kim Kulig, die "für mein einziges Foul im Spiel" gleich Gelb kassierte. Auf der Gegenseite zeigte Chan für Nigeria ebenfalls nur einmal Gelb.

Schneid abgekauft

Ihr Ziel erreichten die Afrikanerinnen durch ihre harte Gangart allerdings: Das deutsche Team fand nie wirklich zu seinem Spiel und verlor phasenweise gar komplett den Faden. "Sie haben uns ein bisschen den Schneid abgekauft", gab Grings zu.

Das verwunderte, schließlich hatte Neid schon nach dem 8:0-Sieg gegen Nigeria im November des vergangenen Jahres angekündigt: "Die werden uns bei der WM ordentlich auf die Knochen hauen." So geschah es nun auch. Und dennoch kamen damit nicht alle deutschen Spielerinnen zurecht.

Prinz sauer nach Auswechslung

Allen voran Birgit Prinz. Die deutsche Spielführerin konnte sich nie in Szene setzen, leistete sich viele Fehler und musste bereits nach 53 Minuten vom Platz. Während die 33-Jährige Auswechslungen in den letzten Wochen stets äußerlich gelassen und mit Fassung getragen hatte, war ihr die Unzufriedenheit dieses Mal deutlich anzusehen.

Durchaus möglich, dass Prinz im abschließenden Vorrundenspiel gegen Frankreich nun erstmals in einer wichtigen Begegnung auf die Bank muss.

Krahn als Gewinnerin des Abends

Ihren Platz sicher hat dagegen Annike Krahn. Die deutsche Abwehrchefin lieferte eine starke Partie ab, behielt in einem hektischen Spiel stets die Übersicht und Ruhe und wurde von der FIFA nach Schlusspfiff als "Woman of the match" ausgezeichnet. Erstmals überhaupt, und einen Tag vor ihrem 26. Geburtstag.

"Ich war ehrlich gesagt ein bisschen überrascht. Ich dachte, die wollen mich auf den Arm nehmen", scherzte Krahn. An einem aus deutscher Sicht eher wenig erfreulichen Abend war sie so etwas wie die Gewinnerin. Froh war Krahn allerdings vielmehr über etwas anderes. Darüber nämlich, "dass wir erstmal eine Runde weiter sind".

Deutschland gegen Nigeria: Fakten zum Spiel

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