Als Bernd Neuendorf neulich zum Mittagessen vorbeikam, wurde dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) eine große Portion Wünsche serviert. "Es ging darum, den Frauenfußball in die richtige Richtung zu bringen - nämlich nach oben", berichtete Spielführerin Alexandra Popp vom "guten Austausch" der deutschen Nationalspielerinnen kurz vor der EM-Endrunde (6. bis 31. Juli) mit ihrem Chef.
Ob bei Tisch auch über Geld gesprochen wurde, blieb geheim. Ganz offen verkündeten dagegen zuletzt zahlreiche Verbände, dass sie für mehr finanzielle Geschlechtergerechtigkeit sorgen wollen. Wegbereiter bei der Angleichung der Prämien waren die USA; in den vergangenen Tagen leiteten Spanien, die Niederlande und die Schweiz entsprechende Maßnahmen ein. Auch Norwegen, England und Brasilien haben diesen Weg eingeschlagen.
Der DFB hinkt da hinterher. Denn obwohl den Frauen im Fall des neunten EM-Triumphes eine Rekordprämie von 60.000 Euro pro Spielerin winkt und die Summe im Vergleich zur Endrunde 2017 (37.500 Euro) gehörig gesteigert wurde, kann von "Equal Pay" keine Rede sein. Schließlich hätte jeder Nationalspieler für einen Titelgewinn bei der vergangenen EM 400.000 Euro kassiert.
Warum die Diskrepanz so groß ist, versuchte zuletzt Oliver Bierhoff zu erklären. "Die Einnahmen rund um das Turnier sind bei den Männern ganz anders als bei den Frauen", sagte der DFB-Direktor: "Wir glauben, dass wir mit der Erhöhung gezeigt haben, dass wir den Frauenfußball fördern wollen."
Tatsächlich liegen die Gesamtpreisgelder der Männer- und Frauenturniere meilenweit auseinander. So werden bei der Frauen-EM 16 Millionen Euro ausgeschüttet, bei den Männern waren es 331 Millionen Euro. Diese Diskrepanz hindert andere Verbände allerdings nicht daran, die Geldströme anzugleichen.
Equal Pay: Schweiz als Vorbild für DFB
Wie das funktioniert, können die deutschen Fußballerinnen am Freitag ihre Gegnerinnen beim EM-Test fragen. Schließlich hat der Schweizer Verband (SFV) dafür gesorgt, dass der Hauptsponsor Credit Suisse künftig die gleichen Prämien an Frauen wie Männer zahlt. Der SFV selbst setzt "mit eigenen Maßnahmen das Bestreben nach Gleichstellung fort".
So werden bis 2024 die Erfolgsprämien zu 100 Prozent angeglichen. Dies betrifft eben auch die Bonuszahlungen bei Endrunden. Ebenfalls gleichgestellt werden die Entschädigungen für kommerzielle Rechte. Für SFV-Direktorin Tatjana Haenni ist das "der erste Schritt zur Gleichberechtigung".
Weitere Schritte erhoffen sich auch die deutschen Nationalspielerinnen. Dabei schauen sie primär nicht einmal auf das eigene Einkommen. "Das Finanzielle ist das eine, aber wir müssen erst mal die Basisstrukturen in der Liga für alle Vereine schaffen", sagte Svenja Huth: "Das bezieht sich auf die Infrastruktur - und dass die Spielerinnen nicht noch 40 Stunden in der Woche arbeiten müssen."
Bei diesem Bestreben sieht die langjährige Führungsspielerin die bessere Platzierung des Produkts als wichtigsten Aspekt. "Unsere Spiele sollten zu Zeiten angestoßen werden, wo wir mehr Menschen erreichen - und nicht um 16.00 Uhr. Denn der Markt ist vorhanden", sagte Huth, die damit wohl ganz im Sinne des DFB Druck auf die TV-Sender ausübt: "Wenn wir diese Voraussetzungen schaffen, können wir uns auch finanziell annähern."