Wembley mutig erobert: DFB-Trainer Christian Wück macht Schluss mit "Sicherheitsfußball"

SID
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Unter Christian Wück verblüffen die DFB-Frauen in Wembley gleich mit Vollgasfußball. Mehr Mut zum Risiko soll das Erfolgsrezept im Umbruch sein.

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Christian Wück blieb noch ein wenig länger auf dem heiligen Rasen von Wembley, in Ruhe sog er alles auf. Aufmerksam blickte der neue Bundestrainer auf die gigantische Videowand und genoss die Highlights seines Traumdebüts noch einmal im XXL-Format.

"Den Spielerinnen gehört das größte Lob", schwärmte der 51-Jährige nach dem 4:3 (3:2)-Spektakel gegen Europameister England, von einem Wück-Effekt wollte er nichts hören: "Sie haben uns das Vertrauen gegeben, das war der Funken, der auf dem Feld zu sehen war." Und so stand es nach furiosen 29 Minuten 3:0 für sein verjüngtes, aber extrem mutiges Team.

"Alle haben gebrannt, dass sie jetzt endlich unter ihm spielen dürfen", erklärte danach die "sehr, sehr stolze" Giulia Gwinn. Mit dem Trikot von Bayern-Kollegin Georgia Stanway in der Jackentasche berichtete die Kapitänin und Doppeltorschützin (4., Foulelfmeter/11.), welch wirksame Kniffe und welch guten "Vibe" Wück in der kurzen Zeit seit Wochenbeginn entwickelt hat.

Der Schlüssel: Mehr Mut zum Risiko, "dass wir nicht diesen Sicherheitsfußball spielen wollen und gefühlt immer fünf Spielerinnen hinter dem Ball haben möchten", erklärte Gwinn. Unter Horst Hrubesch gelang im Sommer mit einer kämpferischen Willensleistung Bronze bei Olympia, spielerische Glanzpunkte aber waren unter permanentem Ergebnisdruck Mangelware.

DFB-Frauen schlagen England: "Das Spiel hatte fast alles"

Nun aber: Hohes Tempo, rasantes Umschalten, clevere Seitenverlagerungen. Und das gegen ein Weltklasseteam, vor fast 48.000 Fans. Die defensiven Schwachpunkte des Vize-Weltmeisters, der immer wieder Räume anbot, hatte der Trainerstab bestens analysiert und vermittelt. Wirbelwind Linda Dallmann lobte: "Das Spiel hatte fast alles, was wir haben wollten."

Fast alles. Auch die eigenen Fehler sprach Wück klar an, die Gegentore durch Stanways Doppelschlag (33., Handelfmeter/36.) sowie Lucy Bronze (81.) nach einem ungewohnten Patzer von Torhüterin Ann-Katrin Berger fuchsten ihn. "Da haben wir die Engländerinnen eingeladen", monierte der frühere Bundesliga-Profi. Sein Ziel: "Das Selbstvertrauen aufzubauen, dass wir uns nur selbst schlagen können."

Bis zur EM in der Schweiz (2. bis 27. Juli 2025) soll das gelingen, der nächste Test steht gleich am Montag (18.10 Uhr) gegen Australien an: allerdings ohne Torschützin Sara Däbritz und Sydney Lohmann, beide müssen verletzt vorzeitig abreisen. Auch wenn Alexandra Popp bei Wücks Heimdebüt in Duisburg "gebührend" verabschiedet werden soll - für den Bundestrainer steht bei allen Emotionen der nächste sportliche Schritt im Umbruch im Vordergrund.

Alexandra Popp nimmt gegen Australien Abschied

In ihrem 145. und letzten Länderspiel soll die langjährige Anführerin daher als Kapitänin beginnen, "aber keine Halbzeit spielen, das ist auch so mit ihr abgesprochen." Sein umformiertes Team brauche jedes Spiel, "um die nächste Entwicklung zu machen."

Umso wichtiger, dass Wück in Newcomerin Giovanna Hoffmann eine mögliche Popp-Erbin im Sturmzentrum ausgemacht hat. Mit dem ersten Länderspiel der 26-Jährigen von RB Leipzig als "Anspielstation" und "körperlich starke Spielerin" war der neue Coach "sehr zufrieden".

Auch hier zahlte sich der Mut aus: Die Debütantin bereitete das 3:0 durch Klara Bühl (29.) mit einem wunderbaren Steilpass vor. Treffer Nummer vier erzielte Rückkehrerin Sara Däbritz (72.) nach einem - allerdings sehr schmeichelhaften - Foulelfmeter.

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