Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Serie A
von Oliver Birkner
Torflut: Am letzten Spieltag ließ es die Serie A noch einmal richtig krachen: Die 42 Treffer bedeuteten Saisonrekord und die 988 Tore insgesamt bedeuteten das zweitbeste Resultat seit die Liga wieder auf 20 Teams aufstockte. Bomber Nummer eins wurde Zlatan Ibrahimovic, der seinen 25. Saisontreffer kongenial per Hacke schoss. Auf den Plätzen folgten Diego Milito vom FC Genua (24 Tore) - er wechselt zu Meister Inter - und Marco Di Vaio, der Aufsteiger Bologna mit 24 von 43 Treffern beinahe alleine knapp vor dem Abstieg rettete.
Dreimal Auf Wiedersehen: Es war ebenfalls ein Tag der drei großen Abschiede. Paolo Maldini (40) beendete nach 24 Jahren seine Karriere, ebenso Pavel Nedved, der nach acht Jahren Juventus mit einer rauschenden Zeremonie unter Tränen verabschiedet wurde: "Ich bin 37 und kann nicht mein Leben lang wie ein Irrwisch über den Platz sprinten. Es ist an der Zeit, mal stehenzubleiben", sagte der Tscheche. Auch Luis Figo (36) hängte seine Schuhe nach 20 Karrierejahren an den Nagel. "Figo verlässt den Platz, Figo verlässt den Fußball", so ein TV-Kommentator. Darauf sein Partner: "Er verlässt jedoch nicht seine Frau - dafür ist sie zu heiß." Es ist wirklich Zeit für die Sommerpause.
Diktatorwechsel: Neben Maldini wird dem AC Mailand in der kommenden Saison ein weiteres Gesicht fehlen: Trainer Carlo Ancelotti sagt dem Verein nach acht Jahren auf der Bank Adieu (sein Nachfolger ist Leonardo) und wechselt zu Chelsea. Was Machtkompetenzen angeht, sollte das für ihn kein Problem bedeuten, denn er tauscht den einen Diktator - Silvio Berlusconi - einfach gegen den nächsten - Roman Abramowitsch. Als Übersetzer soll bei den Verhandlungen übrigens Andrej Schewtschenko ausgeholfen haben - wenigstens noch eine tragende Funktion für Sheva, der es nach seinem tristen Chelsea-Dasein in dieser Saison bei Milan in der Liga auf zwei Einsätze von Beginn an und null Tore brachte.
Premier League
von Raphael Honigstein
White Men Can't Dance: Am Tag vor der Rückkehr nach Russland gab Guus Hiddink noch einmal sein letztes Hemd für den FC Chelsea. "Zwei bis drei Mal" hatte der Niederländer laut Michael Ballack in der Kabine die Oberbekleidung wechseln müssen; "der war klitschnass von der Sektdusche und beim Feiern ganz vorne dabei", berichtete der 32-Jährige nach seinem zweiten FA-Cup-Gewinn mit den Blauen. Dafür, dass am Samstag aus Sicht der Londoner nur ein 1b-Preis im Wembley vergeben wurde, spielten sich erstaunliche Szenen in den Katakomben ab. Eigentümer Roman Abramowitsch stand Arm in Arm neben seinem Zigarre rauchenden Interimstrainer, beide versuchten vergeblich, mit dem Tempo der Party-Musik Schritt zu halten. "Es wurden flotte Rhythmen gespielt", berichtete Hiddink, 62, später gerührt, "mein alter Körper bewegte sich und tanzte auf afrikanische Art. Ich dachte, ich tanze eigentlich ganz gut. Aber als weißer Mann macht man sich das nur vor".
Ill Communication: "Luiz Felipe Scolari wurde gemocht, aber selten verstanden", schrieb die "Sunday Times" gestern. Die Gefahr ist, dass es Carlo Ancelotti ähnlich ergeht: die Englischkenntnisse des neuen Chelsea-Trainers seien noch limitiert, hat David Beckham den Nationalmannschaftskollegen Lampard, Cole und Terry verraten. Wenn das Becks, der große Linguist, sagt, muss man sich wohl ernsthaft Sorgen machen. Die Freunde von ChelseaTV sehen das anscheinend anders. Sie haben auf die Homepage des Vereins ein lustiges Interview mit Ancelotti hochgeladen. Da kann man sich, äh, sein eigenes, äh, Bild, von der, äh, Sache machen. Capito?
Ein gutes Geschäft: Vor zwei Jahren übernahm Mike Ashley Newcastle United für 134 Millionen Pfund und pumpte danach noch einmal 110 Millionen für die Tilgung der Schulden in den Klub. Nach dem Abstieg wird der Wert der Elstern auf 80 bis 100 Millionen geschätzt, Ashley will aber trotzdem so schnell wie möglich verkaufen, an wen auch immer. "Ich bedauere (den Kauf)", sagte Ashley, "ich habe nie gesagt, dass ich ein Fußballexperte bin. Ich habe mein Bestes gegeben, leider war mein Bestes bei weitem nicht gut genug". Von dem Eingeständnis können sich die Geordies (Bewohner von Newcastle) auch nichts mehr kaufen.
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
Weißgrüne Tragödie: Von den vier Abstiegskandidaten traf es Real Betis am schmerzhaftesten: Nach einem 1:1-Unentschieden gegen Valladolid spielt Betis in der kommenden Saison nur noch in der zweiten Liga. Die Fans sind voller Frust und Wut. Ein paar Hundert blockierten die Ausfahrt des Heliopolis Stadion mit Sit-Ins und Straßenbarrikaden aus Müllcontainern. Sie wichen erst, nachdem die Polizei Gummigeschosse einsetzte. Für zwei weißgrüne Spieler bedeutet der Abstieg ein Deja-vu: Sergio Garcia und Ricardo Oliveira mussten bereits letzte Saison in die zweite Liga runter - damals mit Real Saragossa. Acht bzw. neun Millionen Euro hatte Betis für die zwei Spieler hingeblättert, unter dem Strich stehen zwei Abstiege in zwei Jahren. Moral von der G'schicht: Auch gut gepolsterte Portemonnaies schützen vor Abstiegen nicht.
And the Pichichi goes to...: Diego Forlan gehört nun auch zur erlesenen Gruppe an Stürmern, die bereits zweimal die Torschützentrophäe Pichichi gewonnen haben. Damit steht er in einer Reihe mit Spielern wie z.B. Ronaldo, Kempes, Amancio und Raul Gonzalez. Dieses Jahr schoss der Uruguayer in 33 Spielen gleich 32 Tore. Samuel Eto'o, Anwärter Nummer zwei, schaffte es am letzten Spieltag nicht mehr, die drei Tore Abstand aufzuholen. Der letzte Torschützenkönig der Primera Division, der die 30-Tore-Marke knackte, hieß übrigens Juan Antonio Pizzi, der in der Saison 1995/96 31 Tore für Teneriffa schoss. Ein Jahr später holte ihn der FC Barcelona und auch die spanische Nationalmannschaft klopfte prompt an.
Aufbruch im weißen Haus: Auch das letzte Ligaspiel hat Real Madrid 1:2 verloren - und das gegen Abstiegskandidat Osasuna. Die Welt wäre ohne Gegner einfach grundsätzlich leichter. Man nehme sich ein Beispiel im eigenen Haus: Florentino Perez wurde am Montag als neuer Präsident der Blancos im Santiago Bernabeu eingeführt. Da seine Kandidatur die einzige war, die Real vorlag, wurde sie auch direkt angenommen. Nach drei Jahren, zwei Ligameisterschaften, einer Copa del Rey und der wohl tiefsten königlichen Depression kehrt der Unternehmer ins weiße Haus zurück, um gründlich aufzuräumen: neuer Trainer, neuer Sportdirektor und fünf bis sechs Neuzugänge sind bereits angekündigt. Wenn's hilft.
Ligue 1
von Alexis Menuge
Bordeaux hat's verdient: Zehn Jahre nach seinem letzten Meistertitel steht Girondins Bordeaux wieder auf dem Thron des französischen Fußballs. Nach dem Sieg im Liga-Pokal im April sicherten sich die Bordelais den zweiten Titel binnen weniger Wochen. An Ostern sah es nach einer 0:3-Pleite in Toulouse noch düster aus. Danach gab es elf Siege in Folge: Rekord in der französischen Liga. Das hatte damals Bordeaux-Präsident Jean-Louis Triaud vorausgesagt: "Wenn wir alle unsere restlichen Partien gewinnen, werden wir am Ende ganz oben stehen", hatte er nach dem Rückschlag beim Nachbarn gesagt. Außerdem war Bordeaux bis zum drittletzten Spieltag nie Spitzenreiter. In Caen (1:0) gab es dank eines Treffers von Yoann Gouffran den ersten Dreier überhaupt. Gouffran freute sich einerseits auf den Titel, war aber auch traurig, dass sein Tor den Abstieg seines ehemaligen Vereins besiegelte. Der Ex-Leverkusener Diego Placente, Edelreservist bei Girondins, ist somit auch "Champion de France". Übrigens: Vor zehn Jahren gab es genau das gleiche Podium (Erster Bordeaux, Zweiter Marseille, Dritter Lyon).
PSG: Eine erneute Blamage: Nachdem man sich in der vergangenen Saison erst am letzten Spieltag rettete, sah es nun lange so aus, als ob die Pariser endlich mal wieder ganz oben mitspielen würden. Doch in den letzten sechs Partien gab es nur einen Sieg, so dass der Hauptstadt-Klub nicht mal in der neuen Europa League dabei sein wird. PSG steht vor einer harten Saison und ohne Europapokal-Teilnahme wird es erneut verdammt schwer, gute Spieler zu verpflichten. In seiner Autobiographie schrieb Ex-Nationalspieler Claude Makelele kürzlich, dass im Verein vieles nicht stimmt. Und der künftige Ex-PSG-Coach Paul Le Guen übte scharfe Kritik an Sportdirektor Alain Roche, indem er ihn als "inkompetent" bezeichnete. Neu-Trainer Antoine Kombouare (derzeit noch Valenciennes) wird es wohl nicht leicht haben.
Saint Etienne ist gerettet: Eine ganze Region musste wochenlang zittern. Doch dank eines 4:0-Kantersieges vor heimischem Publikum gegen Valenciennes und der Hilfe von Bordeaux in Caen konnte sich der AS Saint Etienne knapp retten. Eine gute Nachricht für die gesamte Liga, nachdem vor einer Woche der FC Nantes zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren abstieg. Denn ohne diese zwei Teams hätte die Ligue 1 zwei seiner traditionsreichsten Vereine verloren. Stürmerstar Bafetimbi Gomis sorgte mit einem Doppelpack für die positive Wende. Er wird in diesem Sommer höchstwahrscheinlich zu einem Top-Verein wechseln.