Souverän hat sich Serbien erstmals als gänzlich unabhängige Nation für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. Einer der Garanten für diesen Erfolg ist Milos Krasic. Der Blondschopf stand lange im Schatten von Nemanja Vidic und Dejan Stankovic. Doch mittlerweile sind auch die Top-Klubs auf den pfeilschnellen Flügelspieler von ZSKA Moskau aufmerksam geworden. Sogar Bayern München dachte an eine Verpflichtung des 24-Jährigen, der in Zukunft hoch hinaus will.
Cristiano Ronaldo, Ricardo Carvalho und die anderen portugiesischen Stars kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Da stahl ihnen doch tatsächlich ein serbischer Nobody beim Quali-Spiel zur EURO 2008 in Belgrad die Schau. Mit seiner blonden Haarpracht ähnelte der Emporkömmling dem tschechischen Mittelfeldmotor Pavel Nedved.
Und auch seine Bewegungen, seine Ballbehandlung und seine Robustheit im Zweikampf erinnerten stark an Europas Fußballer des Jahres von 2003. Der Name des jungen Serben? Milos Krasic, an diesem Abend des 28. März 2007 gerade einmal 22 Jahre alt. Das 1:1 im Marakana war erst sein zweiter Auftritt für die Beli Orlovi, die weißen Adler.
Das Debüt hatte er vier Tage zuvor bei der 1:2-Pleite gegen Kasachstan gegeben. Diese Inkonstanz kostete das Team trotz überzeugender Auftritte wie gegen die Portugiesen letztlich die Qualifikation für die EM in der Schweiz und Österreich.
Savicevic: "Krasic ist unglaublich"
Zweieinhalb Jahre später ist alles anders - und besser. Die von Radomir Antic trainierten Osteuropäer lösten das Ticket schon einen Spieltag vor Schluss. Durch ein 5:0 über Rumänien. Drei der Treffer bereitete Krasic vor.
Das Publikum liegt ihm längst zu Füßen, und auch eine jugoslawische Fußball-Legende hat der mittlerweile 26-malige Nationalspieler überzeugt. "Milos Krasic spielt unglaublich. Ich zweifle nicht daran, dass er zum besten serbischen Spieler werden kann", sagte Dejan Savicevic, heute Montenegros Fußball-Präsident, in "Press".
Krasic widmet Tore dem Kosovo und seinen Eltern
Dabei sind Krasic' Einsätze für Serbiens Fußballverband einzig der Bodenständigkeit seiner Familie und deren Liebe zum Kosovo zu verdanken. Denn während viele Einwohner während des Bürgerkriegs aus dem Krisengebiet flohen, blieben Veljko und Zorica mit ihren Kindern in Milos' Geburtsstadt Kosovska Mitrovica.
"Der Kosovo ist immer ein Teil meines Lebens", unterstreicht Krasic Jr. die Verbundenheit zu seiner Heimatregion. Diese Einstellung lebt er auch als Profi vor, widmet seine Tore häufig "meiner Heimat und meinen Eltern".
Um seine Fußballerkarriere voranzutreiben, verließ er seine Heimatstadt dennoch recht früh. Nachdem Krasic bei einem zweiwöchigen Probetraining bei Roter Stern Belgrad für nicht gut genug befunden wurde, verschlug es ihn im Alter von 14 Jahren zu Vojvodina Novi Sad. Einem Klub, der für seine hervorragende Jugendarbeit bekannt ist.
4er-WG mit Bruder Bojan
In der Akademie wohnte er jahrelang gemeinsam mit seinem älteren Bruder Bojan und zwei weiteren Nachwuchsspielern. Später ging auch sein jüngerer Bruder Ognjen diesen Weg. Doch bis in die serbische Auswahl schaffte es aus dem Krasic-Trio bis heute nur Milos.
Dabei hatte er zu Beginn eine schwere Zeit in der fremden Stadt. Auch weil die Angst um die daheimgebliebenen Freunde und Familie ein ständiger Begleiter war. "Aber unsere Eltern haben immer an uns geglaubt. Sie wussten, wie sehr wir den Fußball liebten", sagt Krasic stolz.
Jovanovic ist "ältester Bruder"
Erleichtert hat ihm das Einleben in Novi Sad zudem Milan Jovanovic. Den mit fünf Treffern besten serbischen Torschützen in der Quali zur WM 2010 lernte Krasic in seiner Jugendzeit kennen.
"Er gab mir immer wieder wertvolle Tipps", erklärt Krasic die Beziehung zu dem dreieinhalb Jahre älteren Offensivallrounder, den er "meinen ältesten Bruder" nennt. Während der Zeit in der Universitätsstadt war das Offensiv-Duo unzertrennlich, in der Freizeit häufig zusammen unterwegs.
Dreierpack in russischer Premier Liga
Heute bilden sie die Flügelzange der serbischen Adler. Linksfuß Jovanovic kommt über die linke Seite, die rechte ist das Aufgabengebiet des mit seinen Tempodribblings kaum zu stoppenden Krasic. Beide suchen immer mal wieder den Weg ins Zentrum.
Doch genau dort offenbart sich Krasic' größte Schwäche: der Abschluss. Tore des Mannes mit der Trikotnummer 17 haben Seltenheitswert. Für die Nationalmannschaft traf er erst zweimal. Ein Dreierpack wie im April, als er seinen Klub ZSKA Moskau in der Premier Liga im Alleingang zum 3:0 bei FK Khimki schoss, ist eine absolute Rarität.
Dennoch versichert der frühere serbische Stürmer Zoran Stojadinovic: "Krasic ist aktuell in der Form seines Lebens und kann sich in jedem Verein der Welt durchsetzen." Den Beweis will Krasic nach eigenem Bekunden bald antreten.
Krasic plant nächsten Karriereschritt
"Ich bin seit fünf Jahren bei ZSKA und möchte etwas Neues ausprobieren. Jetzt muss der nächste Schritt in meiner Karriere folgen. Bei einem Angebot eines großen Vereins müssen die Verantwortlichen mich gehen lassen", gibt Krasic trotz Vertrag bis Ende 2011 Einblick in seine Zukunftsplanung.
Wer zu diesen großen Vereinen zählt, hat er auch gleich klargestellt. Den Premier-League-Klubs Wigan Atletic und Bolton Wanderers erteilte Krasic die Absage höchstpersönlich. Anders verhielt es sich mit Real Madrid. Die Königlichen sollen sich vor einem Jahr schon mit ihm einig gewesen sein.
Doch die Vereine kamen nicht auf einen Nenner. "Wir verlangen 20 Millionen Euro Ablöse, nicht weniger. Sonst bleibt Krasic bei uns", positionierte sich ZSKA-Sportdirektor Roman Babajev Ende 2008.
Vorvertrag mit AC Milan?
Derzeit zeigt der AC Milan großes Interesse an dem 24-Jährigen. Es gab bereits Spekulationen über einen Vorvertrag zwischen den Rossoneri und Serbiens neuem Star. Krasic-Berater Dejan Joksimovic bezeichnet den Verein aus der Lombardei als einen "Traum für meinen Spieler".
Der Umworbene selbst lässt sich zu dem Thema nicht viel entlocken: "Es wäre eine Ehre, mit Spielern wie Ronaldinho, Andrea Pirlo und Filippo Inzaghi zusammenzuspielen."
Die russische Zeitung "Novosti" zitiert Krasic derweil mit den Worten: "Ich weiß nichts von einem Angebot. Der AC Milan ist sehr, sehr weit weg."
Auch Bundesliga ist ein Thema
Ganz nah dran war im Sommer der FC Bayern München. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge planten einen besonderen Coup. "Sie wollten mich als Nachfolger für Franck Ribery verpflichten. Da er geblieben ist, hat sich der Transfer leider zerschlagen", verrät Krasic, um gleich hinterher zuschieben: "Ich wäre gerne nach Deutschland gekommen."
So forsch Krasic auf dem Rasen und in Vehandlungen auftritt, privat gibt er sich bescheiden. "Ich habe keine Tätowierungen und trage keine Schmucksachen. So etwas brauche ich nicht", betont Krasic.
Auch ohne diese Extras hat er sich in Serbien einen Namen gemacht. Und wird dies in naher Zukunft sicher auch in anderen Teilen der Fußball-Welt tun. Cristiano Ronaldo zumindest kann mit dem Namen Milos Krasic schon eine ganze Menge anfangen.
Milos Krasic im Steckbrief