"Ich habe meine Lektion gelernt"

Von Interview: Haruka Gruber
Bei Schalke kam Ze Roberto II nur zu drei Einsätzen und einem Tor
© Getty

Der FC Schalke 04 holte ihn in der Winterpause 2007/08 für drei Millionen Euro Ablöse als neuen Mittelfeld-Star, doch der Brasilianer Ze Roberto II wurde zu einem der größten Fehleinkäufe der Klub-Geschichte. Auch wegen dieses Transfers wurde Ex-Manager Andreas Müller entlassen und Präsident Josef Schnusenberg entmachtet.

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Bis zum Ende dieses Jahres steht Ze Roberto II leihweise bei Flamengo Rio de Janerio unter Vertrag, wo er zusammen mit Adriano prompt brasilianischer Meister wurde. Doch nun erwartet S04-Trainer Felix Magath, dass der 29-Jährige zum neuen Jahr nach Gelsenkirchen zurückkehrt und die Vorbereitung für die Rückrunde mitmacht - was Ze Roberto II missfällt.

Im Interview spricht er über seine Wiedergeburt in Brasilien, die "schlimme Zeit" auf Schalke, sein früheres Übergewicht und Gerüchte um Alkohol und Partys.

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SPOX: Auf Schalke wurden Sie in einem Jahr lediglich bei drei Bundesliga-Spielen eingewechselt. Anfang 2009 gingen Sie zu Flamengo Rio de Janeiro, wurden Stammspieler, erzielten in 25 Spielen fünf Tore und feierten den Gewinn der brasilianischen Meisterschaft. Was ist passiert?

Ze Roberto II: Ich wusste sofort, dass sich etwas in mir verändert hat. Ich war wie aufgeladen und wollte mich zurückkämpfen. Im sicheren Bewusstsein, dass ich in Brasilien wegen meiner Vergangenheit besonders beobachtet werde, war mir klar, dass ich mich bei Flamengo professionell zu verhalten habe und ich mir nichts zu Schulden kommen lassen darf. Ich habe daher hart gearbeitet und versucht, den besten Fußball zu spielen. Glücklicherweise ging alles gut.

SPOX: Auf welcher Position kamen Sie bei Flamengo zum Einsatz?

Ze Roberto II: Ich habe zwar sehr offensiv gespielt, aber nicht direkt in der vorderen Sturmreihe, sondern als hängende Spitze mit allen Freiheiten. Diese Position liegt mir besonders, weil dort meine Stärken am besten zum Tragen kommen.

SPOX: Im offensiven Mittelfeld hat Schalke die größten Probleme, daher hat Sie Felix Magath wohl auch zurück nach Deutschland beordert. Werden Sie sich Magath beugen müssen?

Ze Roberto II: Ich überlasse die Angelegenheit lieber meinem Agenten. Ich weiß nur, dass ich von Schalke ausgeliehen wurde und auch 2010 für Flamengo spielen möchte, um an der Copa Libertadores teilzunehmen.

SPOX: Angeblich fordert Schalke vom finanziell gebeutelten Flamengo zwei Millionen Euro Ablöse, um Sie fest zu verpflichten.

Ze Roberto II: Ich weiß nur, dass ich informiert werde, wenn etwas perfekt ist. Daher kann ich nichts zu den Gerüchten sagen. Sollte ich Flamengo verlassen müssen, weiß ich auf jeden Fall, dass ich alles für den Klub getan habe.

SPOX: Stimmt es, dass Sie anders als damals auf Schalke mit Mirko Slomka und Fred Rutten eine besonders gute Beziehung mit Flamengo-Traine Andrade unterhalten?

Ze Roberto II: Andrade war vorher Co-Trainer und hat mich bereits damals stark geredet und half mir, wieder in meine Fähigkeiten zu vertrauen. Seine Beförderung 2009 zum Chefcoach war genau richtig. Für mich und die Mannschaft. Wir haben taktisch ein neues Gesicht bekommen und den Zusammenhalt im Team gestärkt. Dank ihm bin ich wieder zurück auf dem Gipfel.

SPOX: Ist Ihr Comeback nur mit dem Trainer zu erklären, oder haben Sie an sich selbst gearbeitet? Auf Schalke galten Sie als undiszipliniert.

Ze Roberto II: Ich habe mich dieses Jahr wie die gesamte Mannschaft weiterentwickelt. Auch menschlich. Wir hatten alle das gemeinsame Ziel, die Copa Libertadores zu erreichen, und zogen daher alle an einem Strang.

SPOX: Was meinen Sie genau mit "weiterentwickelt"?

Ze Roberto II: Ich hatte eine wirklich schlimme Zeit auf Schalke. Nichts hat funktioniert, ich habe keinen guten Fußball gespielt und bin weit unter meinen Möglichkeiten geblieben. In Brasilien habe ich mich darauf konzentriert, mich im Training zu verbessern und Gewicht zu verlieren.

SPOX: Ihr Übergewicht zu Schalker Zeiten war ein offenes Geheimnis. Wieviel haben Sie bei Flamengo abgenommen?

Ze Roberto II: Nicht so viel, wie Sie vielleicht annehmen würden. Es war vielleicht ein Kilo, aber das macht einen unglaublich großen Unterschied aus. Ich habe mich auf dem Platz viel leichter und besser gefühlt. Mein Fußball basiert auf schnellen Bewegungen, so dass ich meine Spritzigkeit sofort wesentlich verbessert habe.

SPOX: Ein weiterer Vorwurf aus dem Schalke-Umfeld: Sie hätten mit Ihrem engen Freund Rafinha zu oft und zu lange gefeiert. Bereuen Sie etwas von damals?

Ze Roberto II: So kategorisch kann man die Frage nicht beantworten. Zum Beispiel bereue ich es nicht, dass Fotos aufgetaucht sind, auf denen Rafinha und ich mit alkoholischen Getränken in der Hand zu sehen sind.

SPOX: Warum?

Ze Roberto II: Weil wir zu dem Zeitpunkt nicht im Dienst waren und im privaten Rahmen das Weiterkommen in der Champions League gefeiert haben. Zumal ich die Getränke in der Hand nur gehalten habe, um mit einem Freund herumzualbern. Aber was kann ich denn dafür, dass sich irgendeine Person das Recht nimmt, einfach eine Wand hochzuklettern, die Fotos zu schießen und diese an eine Tageszeitung zu verkaufen? Um es klipp und klar zu sagen: Ich war nicht auf den Straßen und habe wild Party gemacht.

SPOX: Sie bereuen also nichts?

Ze Roberto II: Doch, aber die Dinge sind schon länger her. Als ich 20, 21 Jahre alt war, bin ich nachts häufig feiern gegangen und habe das Training verpasst. Mittlerweile weiß ich, dass es ein Zeichen für mangelnde Reife war und würde die Zeit gerne zurückdrehen. Aber das ist nicht möglich, daher ist es müßig, darüber zu sprechen, was damals falsch und richtig war. Man kann sich aber in einem sicher sein: Ich habe meine Lektion gelernt.

SPOX: Sie wurden vergangene Woche 29 Jahre alt. Zeit, um ein Zwischenfazit zu ziehen?

Ze Roberto II: Ich bin meine Karriere über ein Reisender gewesen. Ich ging sehr jung zu Cruzeiro, wurde nach Portugal zu Benfica Lissabon ausgeliehen, kehrte nach Brasilien zu Vitoria zurück, wechelte daraufhin nach Japan, dann folgten erneut Vitoria, Botafogo, Schalke und jetzt Flamengo. Ich habe unter den vielen Wechseln gelitten, weil ich häufig nur ein halbes oder ganzes Jahr bei einem Klub war. Aber so ist das Geschäft: Das höchste Gebot gewinnt. Als Fußballer hat man nur wenig Mitspracherecht, um seine Zukunft zu bestimmen.

SPOX: Klingt desillusioniert.

Ze Roberto II: Nein, so sollte es nicht rüberkommen. Ich habe alles erreicht, was ich mir erträumt habe. Ich bin ohne Perspektive in einer kleinen Stadt namens Itumbiara inmitten von Brasilien aufgewachsen. Mit 13 Jahren habe ich daher meine Heimat verlassen und mein Glück versucht. Ich musste mein Leben lang kämpfen und war auf mich alleine gestellt. Dennoch stand ich bei großen Klubs unter Vertrag und kann dank meiner Arbeit meine Familie und meine Freunde unterstützen. Wer kann das schon von sich sagen? Daher erfüllt mich der Job mit großem Stolz. Das heißt aber nicht, dass ich mich darauf ausruhe: Ich möchte mehr erreichen und auf lange Sicht gewisse Sicherheiten haben.

SPOX: Nämlich?

Ze Roberto II: Wo ich zum Beispiel die nächsten Jahre Fußball spiele.

Die Chronik eines Reisenden: Ze Roberto II im  Steckbrief