SPOX: Herr Broich, Deutschland versinkt an Weihnachten im Winterchaos, Sie dagegen feiern das Fest im Hochsommer.
Thomas Broich: Das ist schon eine ganz skurrile Geschichte. Ich komme ja aus München und da verbindet man Weihnachten mit Schnee und Skifahren, weniger mit Barbecue. Das ist schon etwas Besonderes.
SPOX: Wie kickt es sich eigentlich so unter der australischen Sonne?
Broich: Von der Temperatur geht es, aber die Luftfeuchtigkeit in Brisbane kann einem schon mal zu schaffen machen. Du bist fünf Minuten auf dem Platz und denkst manchmal, dass du schon zwei Stunden gelaufen bist.
SPOX: Nicht nur das Wetter ist anders, sondern auch die Mentalität. Bereitet man sich da auch anders auf ein Spiel vor?
Broich: Nein, die Abläufe sind eigentlich identisch. Also mit der Anreise vor dem Spiel, Videoanalysen, was Besprechungen angeht, das Essen mit der Mannschaft. Ich glaube, dass das auf der ganzen Welt so ziemlich die gleiche Sache ist.
SPOX: Aber man nimmt schon mal ab und zu das Surfbrett mit zum Training und geht danach zum Strand?
Broich: (lacht) Das ist nicht so wie man denkt. Klar, wenn man mal einen Tag frei hat, dann macht man das schon. Da hat man auch das Gefühl, dass man eigentlich im Urlaub ist. Aber es ist nicht so, dass das Training nur eine Unterbrechung vom am Strand liegen ist.
SPOX: Sie führen mit Brisbane die australische Liga an. Ist dieses Jahr die Meisterschaft drin?
Broich: Brisbane stand noch nie so gut da wie jetzt. Aber das ist auch immer eine Sache der Erfahrung. Wir müssen sehen, wie gut das Team mit der Situation umgehen kann.
SPOX: Wie groß ist Ihr Anteil am sportlichen Erfolg?
Broich: Das ist immer schwer zu beziffern. Ganz entscheidend für unseren Erfolg ist unser Trainer, der sehr europäisch orientiert ist. Der Ball läuft ganz flüssig durch unsere Reihen, das kommt mir natürlich auch zu gute.
SPOX: Sie bereuen es also bisher noch nicht, dass sie nach Australien gegangen sind.
Broich: Nein, überhaupt nicht. Das ist super hier, wir sind Tabellenführer. Die ganze Liga spricht im Moment über uns, weil wir einen etwas anderen Fußball spielen.
SPOX: In Australien liegt der Fokus nicht so sehr auf Fußball. War das auch ein Grund für Sie zu wechseln? Von der sportlichen Perspektive her hätten Sie ja durchaus in Europa bleiben können.
Broich: Ich hab vor drei Jahren hier Urlaub gemacht und mich ein bisschen in das Land verliebt. Australien war sicher nicht der Plan von Anfang an. Als ich jung war, habe ich eher auf das europäische Ausland spekuliert.
SPOX: Hätten es auch die USA oder Katar getan?
Broich: Nein, Australien war schon ein besonderes Ziel. Das hat wirklich viel mit dem Urlaub zu tun. Das Land ist sehr exotisch, aber gleichzeitig doch sehr europäisch. Mit dem Englisch ist es natürlich auch einfacher, hier Fuß zu fassen. Irgendwie hat das Paket einfach gepasst.
SPOX: In Deutschland mussten Sie immer darunter leiden, dass Sie als etwas anderer Profi gesehen und vom Boulevard teilweise verhöhnt worden sind. Waren Sie früher etwa zu offen damit, dass Sie sich für mehr als nur Fußball interessieren?
Broich: Ja, definitiv. Ich habe damit auch kokettiert und mich geschmeichelt gefühlt. Ich stand mir selber im Weg. Meine Karriere hätte anders und erfolgreicher verlaufen können, wäre ich da weniger eitel und reifer gewesen.
SPOX: Haben sie zu wenig aus ihrem Talent gemacht?
Broich: Wenn man Bilanz zieht, muss man das schon sagen. Ja, es war Talent da, aber ich habe zu wenig draus gemacht. Ich hab zwar ein handvoll Spiele gemacht, viele aber nur als Einwechselspieler. Im Grunde glaube ich schon, dass ich mehr gekonnt hätte.
SPOX: In alten Interviews ist zu lesen, dass sie auch auf die Nationalmannschaft geschielt haben. Wenn Sie jetzt die Spiele im Fernsehen verfolgen: Sind sie etwas wehmütig, dass sie nie den Sprung geschafft haben?
Broich: Traurig ist zu viel gesagt, aber es ist ein komisches Gefühl, die Jungs da rumlaufen zu sehen und zu wissen, mit denen war man früher auf Augenhöhe. Ich weiß immer noch nicht ganz genau, warum die Entwicklungen teilweise so auseinander gegangen sind. Ich habe aber mein Glück gefunden und die Jungs in der Nationalelf machen einen super Job. Das passt schon.
SPOX: Sie sind erst 29, das ist normalerweise das Alter, in dem man den letzten großen Vertrag unterschreibt. Kam der Schritt nach Australien nicht zu früh?
Broich: (lacht) Wenn man auf das Geld guckt, dann bestimmt. Von einem großen Vertrag kann hier nicht die Rede sein. Aber für meinen weiteren Lebensweg und mein Wohlbefinden ist das hier einfach sehr wichtig.
SPOX: Besonders die Station in Köln war für Sie ein Karriereknick. Lag es am Trainer oder waren sie etwa trainingsfaul?
Broich: Trainingsfaul bin ich bei weitem nicht. Ich glaube, in Köln ist es generell schwierig. Das ist ein fantastischer Verein und mein Herz hängt immer noch an Köln. Wenn man es auch jetzt wieder verfolgt, da geht es drunter und drüber. Gerade die Presse ist in Köln extrem scharf. Da braucht man schon Hornhaut auf der Seele, um das alles ertragen zu können. Ich konnte das alles nicht so gut ab.
SPOX: Fühlen Sie mit den Kölnern mit?
Broich: Ja. Es gibt immer noch viele Leute dort, die ich gerne mag. Ich würde es der Stadt und dem Verein einfach wünschen, dass sie mal annähernd in die Regionen vorstoßen, die sie eigentlich auch anstreben.
SPOX: Können Sie sich eine Rückkehr als Spieler nach Deutschland vorstellen? Vielleicht sogar nach Köln?
Broich: (lacht) Das ist eher arg unwahrscheinlich. Aber wenn ich eines im Fußball gelernt habe, dann dass man niemals nie sagen sollte. Klar gab es auch schwierige Zeiten, aber grundsätzlich kann ich mir immer vorstellen, zurückzukommen.
SPOX: Wie sieht es eigentlich nach Ihrer aktiven Karriere aus? Die meisten Fußballer reden davon, später Trainer oder Manager werden zu wollen. Von Ihnen hat man so was noch nie gehört.
Broich: Ausschließen möchte ich es nicht. Für mich ist es jedoch auch wichtig, dass ich neben dem Fußball ein zweites Standbein habe. Es gibt hier solche begleitenden Programme, die sich um die berufliche Karriere nach dem Fußball kümmern.
SPOX: Schwebt Ihnen da schon ein konkretes Berufsziel vor?
Broich: Ach, das weiß ich noch nicht. Wir versuchen momentan ein Konzept und eine Richtung zu entwickeln. Aber es ist noch zu früh, um darüber zu reden.
Thomas Broich im Steckbrief