Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Premier League
von Raphael Honigstein
Pöbel-Holloway in die Europa League? Ian Holloway wird uns in der nächsten Saison fehlen. Der Trainer von Absteiger Blackpool bereicherte die Liga nicht nur mit seinen Sprüchen, sondern sorgte mit seiner bedingungslosen (sprich: naiven) Offensivtaktik auch auf dem Platz für beste Unterhaltung. "Die dicke Frau hat gesungen, aber mir gefällt die Melodie nicht", sagte der 47-Jährige nach der 4:2-Niederlage im Old Trafford. "Ollie" beschwerte sich ein weiteres Mal über die Premier League und ihre strikten Regularien ("man hat mir gesagt, dass ich meinen Spielern noch vor dem letzten Spiel mitteilen musste, ob ihre Verträge verlängert werden") und drohte auch gleich seine Rückkehr an.
"Ich werde die Chance bekommen, denen zu sagen, wie die Dinge laufen sollten", sagte er. Demnächst wird Holloway vielleicht ähnlich gegen die UEFA polemisieren, denn Blackpool gilt - kein Witz - als heißester Kandidat für die Europa League. So wie es aussieht, könnten die Mandarinen sich über die Fair-Play-Wertung der Premier League tatsächlich für das internationale Geschäft qualifizieren. Sie wären dort neben Liga-Pokalsieger Birmingham City der zweite Absteiger. Ein Novum. Eine endgültige Bestätigung wird jedoch erst nach Eingang des Spielbeobachter-Bogens Ende der Woche erwartet. Wenn Holloway bis dahin weiter gegen die Behörden poltert, kann es gut sein, dass die Premier League doch lieber Mark Hughes' brave Fulham-Elf ins Rennen schickt.
Cesc, die treulose Tomate: "Ich gehe davon aus, dass Cesc nächstes Jahr bei uns bleibt", sagte Arsene Wenger vor dem 2:2 am Craven Cottage. Der Spanier würde nach sechs Spielzeiten ohne Titel gerne mal etwas gewinnen, aber Wenger mahnte, dass die Flucht in die Heimat nicht unbedingt das probate Mittel sei. "Es gibt nirgendwo Garantien. Ein Spieler, der aus Frust ständig wechselt, kommt nicht weiter", sagte der Franzose. Und überhaupt: "Der größte Stolz eines Kapitäns ist es, sich voll und ganz seinem Team zu widmen und mit ihm zusammen Titel zu gewinnen." Fabregas nahm sich die Worte sichtlich zu Herzen. Während Liverpools verletzter Kapitän Steven Gerrard das letzte Saisonspiel bei Aston Villa im Block der Reds-Fans betrachtete, vergnügete sich Cesc am Sonntag... beim spanischen Grand Prix.
Eigentlich ist Grant ja der Beste: Avram Grant war am 0:3 gegen Sunderland natürlich nicht (mehr) schuld, auch die Handgreiflichkeiten zwischen Fans und einigen Spielern bei West Hams Gala-Dinner in der vergangenen Woche gingen nicht auf sein Konto. Aber der Israeli sorgt auch nach seiner Demission für die schönsten Geschichten. Wegen ihm könnte zum Beispiel ein Pilot eines Kleinflugzeugs seine Lizenz verlieren - der Mann war während der 3:2-Niederlage gegen Wigan vor einer Woche mit dem schönen Banner "Avram Grant - Millwall Legende" über das DW-Stadion geflogen; möglicherweise eine Spur zu tief aus Sicht der Behörden.
Toll war auch die Annonce in der Süd-Londoner Lokalzeitung Southwark News. "Danke, Danke, Avram Grant", verkündete der "Männerchor aus Bermondsey". In dem Stadtteil ist Erzfeind Millwall beheimatet. Die wirklich beste und hoffentlich nicht letzte Einlassung zu dem Thema kam jedoch aus dem Fachblatt "TimeOut Tel Aviv". Grants immer zu Späßen aufgelegte Ehefrau Tzofit erklärte dort den zweiten Abstieg in Folge ihres Mannes als unglücklichen Unfall. "Es gab viel Pech und Verletzte. Man braucht die Eier eines Kamels, um so eine Mannschaft zu führen", sagte Mrs. Grant. "Haben Mourinho und Ferguson jemals mit so einem kleinen Verein gearbeitet?" Laut Wikipedia: Ja. Aber weiter im Text: "Für mich hat er nicht versagt. Er hat Chelsea ins Champions-League-Finale geführt, wo dieser Scheißer John Terry ihm die Karriere versaut hat. Er ist einer der drei besten Trainer der Welt und mit einem größeren Team hätte man das auch gesehen". Gaaanz bestimmt.
Serie A
von Oliver Birkner
Udines rheumatischer Braunbär: Um 22.38 Uhr ging ein Aufschrei durchs Stadion Friuli, als Udinese durch ein 0:0 gegen den wohlwollenden Sparringspartner Milan Platz vier gesichert hatte. Damit steht man zum zweiten Mal nach 2005 in der Champions-League-Qualifikation. Vor sechs Jahren gelang der Coup übrigens ebenfalls nach einem Remis gegen den AC am letzten Spieltag. Für den einzigen Missklang inmitten der Feierlichkeiten sorgte Coach Francesco Guidolin, der seine Tanzversprechung a la Boateng einlöste, neben den geschmeidigen Südamerikanern allerdings plump wie ein rheumatischer Braunbär daherkam.
Zum Vordringen in die europäische Elite muss der ungesetzte Klub zunächst durch die unangenehme Qualifikation, doch Udine scheint darauf bestens vorbereitet, wenn man dem Transparent eines wohl eher weiblichen Fanklubs Glauben schenkt: "Das Vorspiel ist wichtig!" Udinese feiert in diesem Jahr übrigens ein Vierteljahrhundert unter Patron Giampaolo Pozzo, der im Hinblick auf das Interesse um seine jungen Juwelen deutliche Ansagen machte. Für den Chilenen Alexis Sanchez habe er ein Angebot über 35 Millionen Euro von Manchester City abgelehnt, denn: "Sanchez ist für mich so viel wert wie Messi."
Delneri hoffte auf sommerlichen Schneefall: Zum zweiten Mal in Folge wurde Udines Toto Di Natale Torschützenkönig (28 Treffer) und bewies, die richtige Wahl getroffen zu haben, im vergangenen Sommer Juventus abzusagen. Juve verpasste als Siebter zum ersten Mal nach 20 Jahren die Qualifikation für den Europapokal (abgesehen von der Strafversetzung in die Serie B 2006), und so darf Coach Gigi Delneri nach nur einer Saison die Koffer packen. Nachfolger wird mit ziemlicher Sicherheit Antonio Conte, der sechste Juve-Trainer seit 2006. Zuvor hatten den Turinern sechs Übungsleiter für 20 Jahre gereicht. "In der Führungsetage besitzt man wenig Geduld. Die geforderte Meisterschaft war so wahrscheinlich wie Schnee im August", klagte Delneri, dessen taktische und personelle Manöver oft ebenso absonderlich wirkten. Ob er zu Atalanta wechseln würde? "Ich gehe nicht zu Atalanta, ich fahre jetzt auf die Malediven." Zweifelsohne pittoresker als Bergamo.
Römer Klonversuche mit Totti: Mit einem 3:1 über Sampdoria hangelte sich die Roma zwar in die Europa League, die Tifosi gaben jedoch kund, was sie von der abgelaufenen Saison hielten. "Alle scheiße außer Totti!" und "Lasst uns Totti klonen" waren zwei der netteren Plakate. Und während il Capitano der scheidenden Präsidentin Rosella Sensi am Ende Blumen überreichte, sangen die Tifosi lauthals, wie sie Frau Sensis Herkunft und tatsächlichen Arbeitsbereich einschätzten, dem man traditionell am Straßenrand nachgeht. Blicken ließ sich auf der Tribüne auch einer der neuen italo-amerikanischen Besitzer, dem manche Worte aus der Kurve sicher unbekannt waren. Noch so eine Saison wie diese, und er wird sie schnell lernen.
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
Barcas Angst vor Grimsvötn: "Das war eine einwandfreie Saison, 96 Punkte sind Wahnsinn. Und jetzt kommt erst noch das schönste Spiel", feierte Pep Guardiola nach dem Abschluss der Saison am Samstag. Wie schön es wirklich wird, könnte auch mit einem geologischen Phänomen zusammenhängen.
Am Samstagabend spie der Grimsvötn mal wieder Asche und Feuer. Der aktivste isländische Vulkan könnte auch Einfluss auf das Champions-League-Finale nehmen. Denn die Anreise des FC Barcelona könnte durch die sich langsam ausbreitende Aschewolke erheblich erschwert werden. Die europäische Flugsicherung Eurocontrol hatte am Sonntagabend erklärt, wenn die Intensität des Ausbruchs des Grimsvötn anhalte, könnte die Aschewolke am Dienstag Schottland erreichen und am Donnerstag Westfrankreich und Nordspanien.
Auch der FC Barcelona dürfte dann nicht fliegen. Schon vor gut einem Jahr hatte Barca mit einem isländischen Vulkan Probleme: der Eyjafjallajökull verlagerte Barcas Reise von der Luft auf die Straße. Messi, Xavi, Iniesta und Co. mussten in einer über zehnstündigen Busfahrt die mehr als 1000 Kilometer nach Mailand zurücklegen. Das Spiel bei Inter ging 1:3 verloren.
Trainerkarussell in Spanien: Die Bundesliga erlebte in dieser Saison einen Rekord in Sachen Trainerrauswürfe. Auch in der Primera Division geht's nach Abschluss der Spielzeit ziemlich rund. Nur acht Mannschaften wissen aktuell, mit welchem Coach sie in die neue Saison gehen. Dass sich die Absteiger von ihren erfolglosen Trainern trennen, ist normal.
Dass aber auch die drei direkt für die Europa League qualifizierten Teams auf der Suche nach einem neuen Trainer sind, kommt überraschend. Die Liga könnte aber durchaus davon profitieren. In Sevilla ist der ehemalige chilenische und argentinische Nationaltrainer Marcelo Bielsa, Spitname "el loco" (der Verrückte), im Gespräch und bei Atletico Madrid ist Ex-Barca-Star Luis Enrique der heißeste Kandidat auf die Nachfolge von Quique Sanchez Flores.
Madrid hoch vier: In Madrid gab es zum Abschluss der Saison doch noch was zu feiern. Bei Real krönte sich Ronaldo endgültig zum Torschützenkönig. Ob mit 40 oder 41 Toren - geschenkt. Bei Atletico knackte Sergio Agüero mit einem Dreierpack auf Mallorca die 100 Toremarke im Trikot der Rojiblancos. Und der FC Getafe sicherte den Klassenerhalt.
Im nächsten Jahr wird die Primera Division um einen weiteren Hauptstadt-Klub ergänzt. Rayo Vallecano machte zwei Spieltage vor Schluss durch ein 3:0 gegen CD Xerez den Aufstieg perfekt.