Im Schatten der Vorgänger

Von Marc-Oliver Robbers
Kapitän Michael Schimpelsberger (2.v.l.) hat seine Mannen vor dem Abflug um sich versammelt
© Imago

Bei der WM 2007 war das Abschneiden der österreichischen U-20-Nationalmannschaft eine der größten Überraschungen des Turniers. Der vierte Platz sorgte für einen großen Hype in der Alpenrepublik und war der Anfang einer erfolgreicheren Zukunft. Vier Jahre später will eine neue Generation den Helden von damals nacheifern.

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"I am from Austria" von Rainhard Fendrich schallte am 22. Juli 2007 durch das National Soccer Stadium von Toronto. Zwar hatte die österreichische U-20-Nationalmannschaft gerade das Spiel um Platz drei mit 0:1 gegen Chile verloren, doch brachte dieses Turnier das Alpenland zurück auf die Fußballlandkarte.

Völlig überraschend zog Österreich ins Halbfinale der U-20-WM ein und eine ganze Mannschaft spielte sich in die Notizblöcke der Scouts. "Werder hat mich bei der WM entdeckt, dann weiter beobachtet und schlussendlich verpflichtet. Kanada hatte also sicher entscheidenden Anteil an meinem Karriereweg", sagt Innenverteidiger Sebastian Prödl rückblickend über das Turnier.

Nicht nur Prödl machte von sich Reden. Auch Erwin Hoffer, Ruben Okotie, Zlatko Junuzovic, Martin Harnik und Veli Kavlak konnten ihre Klasse unter Beweis stellen. In Österreich war schnell vom "goldenen Jahrgang" die Rede.

Vier Jahre später will es der jetzige Jahrgang den Helden von damals nachmachen. Doch die Fußstapfen sind groß. Österreich trifft bei der WM in Kolumbien auf Brasilien, Ägypten und Panama. Die Mannschaft wird es schwer haben, den Erfolg zu wiederholen, fehlen Teamchef Andreas Heraf doch viele wichtige Legionäre. Für das Turnier besteht keine Abstellungspflicht seitens der FIFA.

Keine Freigabe für Alaba

Daher erhielten David Alaba vom FC Bayern München und Aleksandar Dragovic (FC Basel) genauso wenig die Freigabe wie die Stuttgarter Nachwuchspieler Alexander Aschauer und Raphael Holzhauser. Zudem fehlen Marcel Ritzmaier (PSV Eindhoven), Christoph Knasmüllner (Inter Mailand) und Gernot Trauner (LASK) verletzungsbedingt.

Keine guten Vorzeichen für ein erfolgreiches Turnier. "Es tut schon weh, dass ich nicht dabei bin", sagte Alaba der Agentur "APA", fügte aber gleich an: "Es fehlen zwar ein paar Spieler, aber ich mache mir trotzdem überhaupt keine Sorgen, dass die Mannschaft nicht stark genug ist. Die Spieler, die im Kader sind, haben riesiges Potenzial."

Auch Kapitän Michael Schimpelsberger lässt sich dadurch nicht entmutigen: "Letztendlich hat sich die Mannschaft, die jetzt nach Kolumbien fliegt, gegen Holland für die WM qualifiziert. Das sind nicht irgendwelche Spieler, in unserer Truppe steckt sehr viel Qualität drin!"

Und so lautet das Ziel ganz klar, die Gruppenphase zu überstehen. "Die Mannschaft hat einen unglaublichen Teamgeist, es gibt eine fantastische Stimmung. Wir hatten das eine oder andere Mal auch Glück, weiterzukommen, und da hat uns neben unserer Qualität auch der Teamspirit gerettet", findet Heraf nur Lob für seine Mannschaft.

Offensive Spielphilosophie

Der ehemalige Nationalspieler geht das Turnier mit einer klaren Philosophie an. Sein Team soll offensiv spielen. Heraf fordert von seinen Spielern ein gepflegtes Kurzpassspiel. Zwar spielt Österreich in einem 4-3-3-System, aber das Flügelspiel ist nicht auf Flanken ausgelegt.

Vielmehr sollen die Außenspieler das Eins gegen Eins suchen und in die Mitte ziehen. Das Risiko so in Konter zu laufen, nimmt der Teamchef in Kauf: "Wir wollen hinten kompakt, aber auch vorne gefährlich sein. Das ist die Gratwanderung. Diese Übergänge, die im Fußball so wichtig sind, darauf wird es ankommen."

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Dennoch versucht der Trainertross die Erwartungen niedrig zu halten. Die kurze Vorbereitungszeit, das andere Klima und die schwere Gruppe werden immer wieder angeführt, um die Erwartungshaltung zu drosseln.

"Wir sind stolz darauf, uns qualifiziert zu haben. Die europäischen Länder, die dabei sein werden, sind England, Portugal, Spanien, Frankreich, Kroatien und Österreich - und daran kann man schon sehen, dass das ein wirklich großer Erfolg ist", erklärte ÖFB-Präsident Leo Windtner der "Kronen-Zeitung".

Doch der Erfolg von 2007 ist allgegenwärtig und insgeheim hofft auch der Verband, an das Turnier von damals anzuknüpfen und lässt daher nichts unversucht. Österreich reist daher mit einem eigenen Koch an. Die üblichen Magen-Darm-Probleme, die Mittel- und Südamerikareisen meist mitbringen, sollen dadurch verhindert werden.

Turnier als Karriere-Sprungbrett

Die Mannschaft will es mit einem erfolgreichen Abschneiden zurückzahlen. Für sie ist es die Chance, aus dem Schatten der fehlenden Etablierten zu treten und sich auch für ein Engagement im Ausland zu empfehlen.

"So viele Scouts wie in einem Spiel gegen Brasilien werden sonst kaum auf irgendwelchen Tribünen sitzen, da kann man sich schon ins Rampenlicht spielen", weiß auch Schimpelsberger.

Auch Andreas Weimann möchte die Chance nutzen. Der Angreifer, der bei bei Aston Villa im Schatten von Darren Bent, Gabriel Agbonlahor und Emile Heskey steht, möchte sich durch eine starke WM für einen möglichen Leihverein empfehlen.

Gleiches gilt für Marco Djuricin. Der Stürmer von Hertha BSC ließ in der vergangenen Saison kurzzeitig aufhorchen, als er am ersten Spieltag mit einem Dopplepack für den Sieg gegen Oberhausen sorgte. Danach kam er geplagt von Verletzungen kaum mehr zum Einsatz. Da ist die WM eine willkommene Gelegenheit, der jungen Karriere neuen Schwung zu verleihen.

Schwung braucht die Karriere von Kevin Stöger momentan nicht. Der mit 17 Jahren jüngste Spieler im Kader bekam als Einziger die Freigabe vom VfB Stuttgart für das Turnier. Stöger wurde frisch mit einem Profivertrag bis 2015 ausgestattet und soll im Schatten von Tamas Hajnal heranreifen.

"Hajnal hat noch zwei Jahre Vertrag. Ich möchte mir so viel wie möglich von ihm abschauen. Und da sein, wenn er mal ausfällt", gibt sich der Spielmacher selbstbewusst. Doch erstmal möchte Stöger eine Duftmarke bei der WM setzen.

Sebastian Prödl gibt der Mannschaft einen guten Tipp mit auf den Weg: "Genießt die Zeit in Kolumbien, denn es wird eine geile Zeit. Ich bin in Kanada sportlich und menschlich gewachsen, davon profitiere ich heute noch."

Wenn die Mannschaft das beherzigt, ertönt sicher auch in Kolumbien Fendrichs Gassenhauer "I am from Austria"!

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