Serie A
von Oliver Birkner
Wash and Go: In kaum einer Stadt Italiens ruft der Ausspruch "Juventus" mehr Ausschlag der Aversion hervor als in Florenz. Gemäß der tief verwurzelten Abneigung regnete es am Samstagabend vor der Partie zwischen der Fiorentina und den Turinern Frotzeleien en masse. Besonders im Visier waren Antonio Conte und dessen mirakulöse Wiederkehr seiner Haarpracht. Viele der Tifosi hatten sich deshalb Perücken in den Vereinsfarben viola aufgesetzt, ein Plakat fragte: "Conte, wäschst du die Perücke mit Vidal?" Ungünstig nur, dass später unter anderem Arturo Vidal mit einem Treffer zu Juves 5:0-Sieg beitrug. Die meisten Tifosi verließen frühzeitig das Stadion und warfen ihre Perücken erzürnt in den Innenraum. Conte schmunzelte: "Eine davon habe ich mitgenommen. Vielleicht kann ich die irgendwann mal gut gebrauchen." Fünf Tore, drei Punkte und für den zweiten Haarausfall vorgesorgt - mehr geht nicht.
Danke, Coach, aber ich lauf' nicht so gern: Gigi Simoni, Mircea Lucescu, Luciano Castellini, Roy Hodgson - diese phantastischen Vier gaben sich 1998/99 ein kunterbuntes Ringelrein auf der Inter-Bank, was zu Platz acht und einer Folgesaison ohne Europapokal führte. Zum ersten Mal nach zwölf Jahren droht nun wieder ein europäisches Vakuum. Dazu benötigte man zwar nur zwei Trainer, es reicht aber allwöchentlich trotzdem für reichlich Bonanza. Abgesehen von dem kargen 0:0 gegen Atalanta, dem Patron Massimo Moratti bereits in der Pause entfloh, verdiente sich insbesondere Diego Forlan Aufmerksamkeit. Coach Claudio Ranieri wollte ihn in der 65. Minute auf dem linken Flügel einsetzen, worauf der Uruguayer antwortete, dass er lieber auf einer anderen Position spielen wolle. Also kam der 20-jährige Davide Faraoni, der offensichtlich Lust auf die linke Außenbahn hatte. "Das war ehrlich und loyal von Diego", kommentierte Ranieri später. Gewiss ehrlich, aber loyal? Freilich hatte es auch eine gute Seite, denn Forlan offerierte zuletzt bloß eine burleske Eigen-Imitation. Dennoch stand die Episode sinnbildlich für die gesamte Inter-Misere. Linke Bahn? Ach nö, da muss ich am Ende ja noch nach hinten arbeiten. Danke Trainer, heute lieber nicht. Giovanni Trapattoni hätte eine passende Antwort parat gehabt. Einige dachten wohl schaudernd an das ursprüngliche Projekt, dass Forlan eigentlich Samuel Eto'o ersetzen sollte, der unter Mourinho derweil gar als verkappter Außenverteidiger auftrat. Wie dem auch sei, in zehn Spieltagen ist die Saison vorbei und Forlan kann trotz eines Vertrages bis 2013 in die Heimat zurück, wo er weniger laufen muss und sich seine Position sicher aussuchen darf.
Ibra macht die Beine breit: Was wäre ein Calcio-Wochenende ohne anzügliche Doppeldeutigkeiten? Im Mittelpunkt stand der dieses Mal unschuldige Zlatan Ibrahimovic. In Abseitsposition ließ er einen Ball durch die Beine laufen und ermöglichte Urby Emanuelson so den 2:0-Treffer in Parma. "Als Zlatan die Beine breit machte, bewies er unglaubliche Intelligenz", schwärmte ein Analyst, was im Studio für allerhand Gelächter sorgte. Moderatorin Ilaria D'Amico setzte noch einen drauf: "Aber wenn er die Beine breit macht, wechselt Ibra dann nicht von aktiv zu passiv?" Das darf nun jeder für sich selbst entscheiden.
Premier League
von Raphael Honigstein
Londoner Omnibus: Das Wochenende wurde von Fabrice Muambas Herzstillstand überschattet, aber zum Glück gab es auch ein paar weniger bedrückende Geschichten. Chelsea-Stürmer Fernando Torres zum Beispiel traf beim 5:2-Sieg im FA-Pokal gegen Leicester City endlich, endlich, endlich mal wieder, zum ersten Mal seit 151 Tagen und mehr als 24 Stunden Spielzeit. "Fernando Scorres", dichtete die "Sun" nach seinem Doppelpack gegen den Zweitligisten. Während Fans und Beobachter unweigerlich an das alte Sprichwort von den Londoner Omnibussen denken mussten ("Du wartest ewig, dann kommen zwei"), nützte der Spanier die günstige Gelegenheit, seinem ehemaligen Boss Andre Villas-Boas noch einen mitzugeben. "Jetzt spüre ich das Vertrauen des Trainers", sagte Torres, der am Dienstag 28 Jahre alt wird. Auf der Insel geht man davon aus, dass bei "El Nino" nun der Knoten platzt und eine Torflut einsetzt, aber in dem allgemeinen Jubel über sein vermeintliches Comeback wurde ein kleines Detail übersehen. Als Torres das letzte Mal zweifach traf - 5:0 gegen Genk in der Champions League, Oktober 2011 - wurde ebenfalls das Ende seiner Leidenszeit prophezeit. Es folgten: fünf torlose Monate.
Gestatten, Siggy Stardust, Sinsheim: Aufsteiger Swansea ist die Mannschaft der Stunde, vielleicht sogar der ganzen Saison. Die Schwäne sind nach dem 3:0-Auswärtssieg in Fulham der Champions League näher als den Abstiegsplätzen, über die Fairplay-Wertung könnte man sogar in die Europa League kommen. "Ich hätte nie geglaubt, dass so etwas möglich ist", sagte Swans-Trainer Brendan Rodgers, der den Hauptverdienst an dem wunderschönen und zugleich erfolgreichen Fußball der Waliser hat. Der beste Mann auf dem Platz war wieder einmal der Isländer Gylfi Sigurdsson mit zwei Treffern. Der Mittelfeldspieler hat seit seinem Wechsel von Hoffenheim auf Leihbasis im Winter schon fünf Tore erzielt. "Ein Mittelfeldspieler der Tore erzielt ist wie Goldstaub", sagte Teamkollege Joe Allen. Der Tabellenachte will "Siggy" im Sommer natürlich unbedingt halten. Fragt sich eigentlich nur noch, welches 1899-Genie den Mann im Januar weggeschickt hat....
Wer meckert, ist doof: Liverpool steht nach dem 2:1 gegen Stoke City im FA-Pokalhalbfinale. In der Liga (Platz sieben) ist man unter Kenny Dalglish zwar bisher deutlich unter und hinter den Erwartungen geblieben, aber für den Schotten haben sich die Saisonziele mittlerweile deutlich verschoben. "Man darf sich nicht nur auf die Liga fokussieren, das ist despektierlich gegenüber den Pokalwettbewerben, " behauptete der 61-Jährige. Kritikern hatte er zuvor einen "Intelligenztest" nahegelegt, außerdem sei der Fortschritt sowieso "nicht nur an Ergebnissen und Trophäen zu messen", meinte er. Der Zusammenhalt im Verein sei größer, und abseits des Platzes habe man mit den neuen Werbe- und Sponsorverträgen "enorme Fortschritte" gemacht. Eine endgültige Bewertung dieses hoch interessanten Gedankens muss in Ermangelung eines aktuellen IQ-Testergebnisses leider ausfallen.
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
Guardiola auf Guerreros Spuren: Was haben Pep Guardiola und Paolo Guerrero gemeinsam? Kleiner Tipp: Die Frisur ist es nicht. Die Erfolgsstory auch nicht. Aber beide werfen sie gerne mit Plastikflaschen nach Leuten am Spielfeldrand. Am Samstag in Sevilla nämlich verlieh der Barca-Trainer seinem Ärger dadurch Ausdruck, dass er zur Pulle griff, einen schönen Schluck nahm - und das Ding dann ziemlich lässig mit der Rückhand nach hinten pfefferte. Anders als Guerrero aber wurde Guardiola sofort klar, dass er Mist gebaut hatte. Im Augenwinkel sah er nämlich noch, dass er damit einen Sanitäter torpediert hatte, der völlig unschuldig hinter ihm in einem Plastikstuhl lungerte. Angemessen peinlich war ihm das, man sah es Guardiola deutlich an. Und angemessen entschuldigte er sich auch sofort bei seinem Opfer.
Schwächen an der Schlüsselstelle: Abgesehen von Flaschen-Gate läuft es sonst eigentlich nicht schlecht für Messi & Friends: Mit dem 2:0 beim FC Sevilla hat Barcelona nun sogar den Rückstand in der Liga auf Real Madrid verkürzt. Und dennoch hatten die Katalanen am Wochenende ein massives Problem auf der Schlüsselposition. Denn kurz vor der geplanten Abreise aus Andalusien lächelte der Busfahrer plötzlich recht verlegen in die Szenerie: "Perdon! Schlüssel weg!" Ob verloren oder gestohlen, konnte der arme Mann nicht sagen.
Jedenfalls musste eine schnelle Lösung her. Und nachdem Sevilla sich zuvor schon auf dem Platz als guter Gastgeber erwiesen hatte, machten die Verantwortlichen auch hinterher nicht lange Umstände. Sie borgten Barca, gern und selbstverständlich, usw. - den eigenen Bus. Mit etwas Verspätung kam die Mannschaft dann also doch noch zum Flughafen. Messi konnte daheim im eigenen Bettchen schlafen - und noch einmal von seinem Lupfer über Sevilla-Keeper Andres Palop träumen.
Keine Wortspiele mit Seenot: Sie träumen vom Europapokal, doch spielen gegen den Abstieg. Und es wird irgendwie alles immer schlimmer. Die Rede ist diesmal nicht von deutschen Rothosen, sondern vom gelben U-Boot aus Spanien. Der FC Villarreal nämlich taumelt dort immer näher an den Abgrund. Drei Punkte sind es nur noch bis zu den Abstiegsplätzen; und während die Gegner zu Saisonbeginn noch vom FC Bayern, Manchester City und Napoli kamen, heißt die direkte Konkurrenz nun plötzlich Granada, Gijon und Santander. Am Sonntag hieß der Gegner indes Levante. Das Spiel wurde mit 0:1 verloren - und Trainer Jose Molina wurde kurz darauf gefeuert. Nur drei Monate war er im Amt.