Mario Balotelli zeigt ungeahnte Fähigkeiten am Herd, versagt anschließend auf dem Platz und verkündet das Ende der Welt. Fast. Abseits der Top-Spiele in England zeigt Carlton Cole seine verbale Schlagfertigkeit und in Madrid gibt's ein neues Tordrama. Dies und mehr von unseren Korrespondenten aus ganz Europa.
Serie A
Von Oliver Birkner
Omelette des Spieltags: Kochen kann therapeutisch sein. Das dachte sich auch Mario Balotelli, der kurz vor dem Spieltag auf Brescias Lokalsender "Teletutto" in der Sendung "Buon Appetito" mal an den Herd stürmte. "Ich habe noch nie gekocht, weil meine Mamma perfekt ist", gab der 23-Jährige vor und versuchte sich dann an einer Pasta und einem Omelette. Die Küchenchefs stuften die Resultate als "bemerkenswert" ein.
Die Milan-Tifosi bewerteten die Ausübung seines eigentlichen Berufes am Samstagabend dann etwas differenzierter. "Fare una frittata" (ein Omelette machen) bedeutet nämlich "Mist bauen" und genau das attestierte man Balotelli beim schlappen 1:1 gegen ein dezimiertes Genoa. Er streichelte einen Elfmeter sanft in die Richtung von Keeper Mattia Perin, der gar nicht anders konnte, als ihn zu halten. Nach 21 verwandelten Elfern in Serie nun der zweite Fehlschuss hintereinander. Mit Ausnahme von Kaka und Nigel De Jong war Balotelli freilich nicht der einzig Schuldige an Milans Mystery-Kick, der mal wieder heftig gegen die globale Überzeugung antrat, Fußball sei ein Mannschaftssport.
Die Ränge quittierten den dritten Punkt aus den letzten fünf Ligaspielen mit charmanten Plakaten wie "Zeigt endlich Eier" - "Besser 11 Ultras auf dem Platz als ihr" - "Auf euch warten die Rohrstöcke" - "Spuckt endlich Blut oder macht euch auf was gefasst" - "Wir warten am Ausgang, ihr Unwürdigen!". Letzteres setzten über 300 dann auch in die Tat um und versperrten die Tiefgarage des San Siro. Kaka und Torwart Christian Abbiati beschwichtigten und gewährten dem Teambus später dann endlich freie Fahrt. Balotelli wollte eigentlich auch mit den Fans reden, die Polizei riet ihm jedoch dringend davon ab. So sprach er zumindest morgens um 5 Uhr über Twitter und zwitscherte "This is the end :-)". Die Zeitungen standen im Aufruhr. Das Ende bei Milan? Das Ende seiner Liebe? Das Ende der Welt? Letztlich handelte es sich bloß um einen Kommentar über den verlorenen Fight seines Kickbox-Freundes Petrosyan in New York. Vielleicht sollte man Balotelli einfach mal nur in Ruhe kochen lassen.
Rückkehrer des Spieltags: Es gab aber auch glückliche Menschen im San Siro. Zum Beispiel Rückkehrer Luca Antonini, der nach der Partie hocherfreut über das Spruchband "Ein großer Mensch, wahrer Freund, willkommen zurück Luca, unser Anführer!" war. "Grazie mille, das hätte ich niemals erwartet", sagte Antonini gerührt im TV. Der Gruß ging ja eigentlich auch an einen Ultra-Chef, der nach fünf Jahren Stadionverbot zum ersten Mal wieder dabei war. Für Antonini wäre es ehrlich gesagt der Ehre auch ein Stück weit zuviel gewesen.
Und sonst? Wenig Verständnis zeigte Roma-Coach Rudi Garcia für die Organisation des Olympiastadions. Das Heimspiel gegen Cagliari wurde wegen des Rugby-Vergleichs zwischen Italien und Argentinien (Samstag) auf den heutigen Montag verschoben. "Ich habe noch nie erlebt, dass zwei Tage vor dem Fußball auf demselben Rasen Rugby gespielt wird. Absolut bizarr. Man kann sich denken, wie der Platz bei den Regenfällen aussehen wird. Vielleicht wissen ja nicht alle, dass der Ball anders als das Rugby-Ei beim Fußball über den Rasen rollen muss", sagte der Franzose.
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Premier League
Von Raphael Honigstein
Spiel des Spieltags: "Die Spurs haben die beste Abwehr der Liga", sagte der Kommentator von "Sky" - da zappelte der Ball schon im Netz der Londoner. Jesus Navas traf nach nur dreizehn Sekunden zum 1:0 für Manchester City, am Ende der Horrorvorstellung hieß es 6:0 für die Hellblauen im Etihad. "Wir müssen uns schämen", sagte Andre Villas-Boas nach dem Schlusspfiff, "ich muss keine Namen nennen, es für uns alle extrem peinlich."Anders war das Spiel der Nord-Londoner wirklich nicht zu bezeichnen.
In der Spitze stümperten eine Reihe von teuren Neueinkäufen vor sich hin, hinten war fast jeder Schuss von City ein Treffer. Sergio Agüero war mit zwei Treffern der überragende Mann in der Elf von Manuel Pellegrini. City hat in neun Heimspielen (in allen Wettbewerben) 37 Tore geschossen, wenn sie endlich auch auswärts anständig spielen, wird es vielleicht doch noch etwas mit der Titeljagd. Die Spurs rutschten indes auf Platz neun in der Tabelle ab. Ein kleiner Trost blieb: AVBs Team hat immer noch die zweitbeste Abwehr der Liga.
Spiel des Spieltags, die Zweite: Merseyside-Derbys zur Mittagszeit sind gerne mal eine Enttäuschung. Doch das 221. Spiel zwischen Blau und Rot übertraf alle Erwartungen. Es gab sechs Tore, darunter einen feinen Freistoß von Luis Suarez, ein ganz mieses Foul - Kevin Mirallas an Suarez - und auch noch hinterher etwas zu diskutieren. Anstatt den Torschützen zum 3:3, Einwechselspieler Daniel Sturridge, zu feiern, haute Brendan Rodgers auf den Putz. "Wer nicht anständig trainiert, kann auch nicht spielen", sagte der Liverpool-Trainer.
Anything else? Wayne Rooney hatte seine Nerven beim 2:2 gegen Cardiff City nicht ganz im Griff. Der Nationalspieler hatte großes Glück, dass ihn Schiedsrichter Neil Swarbrick nach einem dämlichen Tritt in die Beine von Jordan Match nicht vorzeitig zum Duschen schickte.
Kurz darauf erzielte der Angreifer von Manchester United natürlich ein Tor, aber die Gäste mussten sich letztendlich mit einem 2:2 begnügen. "Vor dem Spiel wäre ich mit dem Ergebnis zufrieden gewesen", sagte David Moyes. Eine bemerkenswerte Aussage eines Man-Utd-Trainers nach einer Partie gegen einen Aufsteiger.
Ganz andere Probleme hat dagegen Carlton Cole. Der West-Ham-Stürmer kommt derzeit nicht zum Zug. Als sich am Freitag ein Fan auf Twitter für sein Mitwirken gegen den FC Chelsea aussprach ("er ist zwar unbrauchbar, aber muss morgen starten") kam die Antwort von @CarltonCole1 prompt. "Unbrauchbar wie deine Mutter gestern Nacht", schrieb der Stürmer zurück. Nicht gerade die feine englische Art...
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Primera Division
Von Frank Oschwald
Spieler des Spieltags: Das Wörtchen "bitter" umschreibt die 3:4-Pleite von Celta Vigo bei CL-Teilnehmer Real Sociedad nicht mal im Ansatz. Nach frühem Rückstand drehte man die Partie und führte bis zur 60. Minute mit 3:1. Wie man es im Anschluss schafft, ein derartig fluffiges 3:1-Polster aus der Hand zu geben? Hier die Anleitung. Schritt 1: Zuerst einmal holt man sich bei einem Konter eine mehr oder weniger blöde Gelb-Rote Karte. Andreu Fontas, 65. Minute? Check. Schritt 2: Pech bei den Abseitsentscheidungen? Check. Schritt 3: Dem gegnerischen Überstürmer bei allen Strafraumsituationen möglichst viel Spielraum lassen. In Perfektion ausgeführt vom Abwehr-Kollektiv von Vigo, die Carlos Vela insgesamt vier (!) Hütten erzielen ließen.
Dessen Coach Jagoba Arrasate ließ die Weltöffentlichkeit im Anschluss an seinen hellseherischen Fähigkeiten teilhaben. Im Nebel einer großen Wolke voller Selbstbeweihräucherung gab er zu Protokoll: "Ich hatte schon vor der Partie das Gefühl, dass Carlos Vela ein gutes Spiel machen wird." So etwas vor dem Spiel zu sagen und sich danach in der von den Medien entgegengebrachten Ehrfurcht zu sonnen, das wäre lässig gewesen. Aber klugscheißerisch danach? Hm, na ja. Ebenfalls nett: Der mexikanische Verband, der Carlos Vela wegen Streitigkeiten seit Jahren ignorierte, meldete sich direkt nach dem Spiel und denkt nun ernsthaft über eine WM-Teilnahme des Stürmers nach. Käse, nicht mal Hugo Sanchez hat vier Buden in einer Partie in der Primera Division erzielt. Vielleicht sollten wir den doch mitnehmen. Über die Scharmützel könnten wir ja hinwegsehen. Wir sind doch alle Freunde. Was vier Buden ausmachen können...
Schiedsrichter des Spieltag: Ist doch auch mal gut zu sehen, dass nicht nur die Deutschen in Zeiten des Phantomtors Probleme mit dem Material haben. Rund eine Stunde vor Beginn der Partie Almeria gegen Real Madrid begab sich Schiedsrichter Gil Manzano auf seine übliche Runde, um die beiden Tore und den Rasen zu checken. Eigentlich Routine. Hier ein bisschen am Netz zupfen, da pseudomäßig mit dem Schuh im Rasen rumstochern, alles nichts wildes. Doch! Da! Oh! Im Strafraum angekommen, merkte Manzano - wie auch immer - dass das Tor auf der linken Seite um sechs und rechts um vier Zentimeter zu hoch war. Die Maße des Gehäuses waren somit außerhalb des erlaubten Bereichs der Liga-Regularien, ein Spiel zunächst nicht möglich.
Gut 15 Jahre nach dem königlichen Torfall wurden also erneut die Deodorants der Verantwortlichen auf die Probe gestellt. Nur noch 60 Minuten bis zum Anpfiff und die Bude hängt schief. Wie einst in Madrid versammelte sich eine Expertenkommission um den Ort des Geschehens und diskutierte wild. Schließlich einigte man sich auf die irre Lösung, das höhenverstellbare Tor um einige Zentimeter abzusenken - ausgeführt von zwei Männern in Arbeiterkluft, unmittelbar beobachtet von gefühlt 19 Herren im feinen Zwirn. Maßband raus, 2,44 Meter links, 2,44 Meter rechts, passt. Anpfiff.
Und sonst? Ja, die Jugendarbeit des FC Barcelona zu loben, ist auf der Skala der Innovation mit viel Wohlwollen knapp über der Viererpack-Lobhudelei von Coach Arrasate anzusiedeln. Dennoch muss an diesem Wochenende mal wieder auf die Talentschmiede hingewiesen werden. Denn mit Adama Traore debütierte beim lässigen 4:0-Sieg der Katalanen gegen Granada in den letzten Minuten der achtjüngste Barca-Spieler aller Zeiten. So weit, so gut.
Was der 17-Jährige, der romantischerweise nur einen Steinwurf entfernt vom Camp Nou geboren wurde und auch in der zweiten Mannschaft noch nie in der Startelf stand, in den verbliebenen acht Minuten jedoch veranstaltete, gab's bei einem solch kurzen Debüt zuletzt selten. Drei Gegenspieler narrte er mit einem Solo auf der linken Seite und scheiterte mit seinem Torschuss nur knapp. In den sozialen Netzwerken schoss der Name spanienweit zum Thema Nummer eins und überraschte die ganze iberische Halbinsel. Hätten sie doch vorher bloß mal bei Real-Sociedad-Coach Arrasate gefragt. Der wusste das bestimmt schon vorher.
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