Nach dem Sieg gegen Manchester City findet Liverpool-Kapitän Steven Gerrard deutliche Worte. In der Serie A erlebt Mauro Icardi einen überragenden Tag und eine, sehr zum Unmut ganz Genuas, wohl noch bessere Nacht. Zudem entpuppt sich in Spanien ein Kindheitstraum als Fiasko.
Premier League
Von Raphael Honigstein
Aussage des Spieltags: Kann das Wunder wahr werden? Seit 24 Jahren wartet der FC Liverpool auf einen Meistertitel, und nach dem 3:2-Sieg im Spitzenspiel gegen Manchester City sind die Reds dem Titel so nahe wie nie zuvor in der Premier-League-Ära.
Kapitän Steven Gerrard versammelte nach dem Schlusspfiff die Mannschaft um sich, und gab vor laufender Kamera folgende Kampfansage von sich: "Eh, this does not fucking slip now. Listen to me: this does not fucking slip. Listen, listen - this is gone. We go Norwich, exactly, the same, we go again, Come on!" Frei übersetzt: "Wir lassen uns das jetzt verdammt mal nicht mehr nehmen. Hört zu: dieses Spiel ist vorbei. Wir fahren nach Norwich, das gleiche noch mal. Auf geht's!"
In Norwich steht das nächste Ligaspiel an. Kurz darauf wurde der 33-jährige von dem Sky-Reporter gefragt, was er seinen Mannschaftskameraden mit auf den Weg gegeben hatte. Gerrard war noch so "im Tunnel", wie Oliver Kahn es sagen würde, dass er seine Ansprache leicht verkürzt wiedergab. "None of your business", schnauzte er, geht dich nichts an.
Fehlgriff des Spieltags: Liverpools Sieg erfreute alle neutralen Beobachter auf der Insel. Arsene Wenger dürfte nicht so begeistert gewesen sein, denn der (mögliche) Überraschungserfolg des Teams von der Mersey lässt den alljährlichen Kollaps seiner Gunners in der Premier League nur noch jämmerlicher erscheinen.
Immerhin mühte man sich am Samstag im Pokal-Halbfinale gegen Wigan Athletic, den Zweitligisten von Uwe Rösler, zu einem Sieg im Elfmeterschießen. Wenger wirkte ob der schwachen Vorstellung arg angefasst. Seine Entscheidung, anstatt dem überforderten Yaya Sanogo Lukas Podolski auszuwechseln, wurde mit Buhrufen quittiert; schlimmer war aber noch die Tatsache, dass so ein Mann in so einem wichtigen Spiel überhaupt auf dem Platz stand. "Seine Füße schienen miteinander im Streit zu liegen", schrieb der Daily Telegraph über den Franzosen.
Sanogos Landsmann, der ehemalige Arsenal- und Chelsea-Mittelfeldspieler Lassana Diara, bekam am Wochenende auch negative Schlagzeilen. Der 29-Jährige hatte sich laut Berichten auf mehreren Seiten den Aufständischen in Syrien im Kampf gegen Basher Al Assad angeschlossen. Die Geschichte stimmt jedoch so nicht ganz. "Er ist kein Jihadist und er war noch nie in Syrien", stellte Diaras Anwalt klar, "er spielt bei Lokomotiv Moskau". Kann man ja mal verwechseln.
Und sonst? Ansonsten erschütterten zwei Spionageaffären das Land, oder besser gesagt, zwei Vereine. Bei Leeds United, das nach längerem Rechtsstreit am Dienstag vom unbescholtenen sizilianischen Steuerbetrüger Massimo Cellino übernommen wurde, nahm Geschäftsführer David Haigh seinen Hut. Dass der Italiener Haigh zuvor einen "hochgefährlichen, kranken Idioten" genannt hatte, hat mit der Entscheidung möglicherweise etwas zu tun. Cellino entdeckte darüberhinaus Wanzen und versteckte Kameras in seinem Büro und erstattete Anzeige gegen unbekannt. Sogar die Toilette soll überwacht gewesen sein. Die Sache, so viel ist klar, stinkt gehörig.
Ein Verräter wurde auch bei Cardiff City gesucht und gefunden. Die Waliser beschwerten sich unter der Woche bei den Behörden über einen angeblichen Fall von Industriespionage. Ian Moody, der früher in Cardiff beschäftigte Sportdirektor von Crystal Palace, soll vor dem 3:0-Sieg der Londoner in dem Abstiegsduell von einem City-Kontakt die exakte Aufstellung des Gegners erfahren haben. Cardiff feuerte am Sonntag den (mutmaßlichen) Maulwurf. Palace streitet alle Vorwürfe ab. Für einen Sieg gegen das Team von Ole Gunnar Solskjaer brauche es keine Geheiminformation, so dass Alibi.
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Serie A
Von Oliver Birkner
Telenovela des Spieltags: Spielen zwei Argentinier in Genua... Klingt jetzt nach einem durchschnittlichen Kalauer, wurde aber zur italienischen Lindenstraße um 15 Uhr. Mauro Icardi hatte letzten Sommer Sampdoria nicht nur in Richtung Inter verlassen, er hatte Maxi Lopez zwischenzeitlich auch die Angetraute Wanda Nara ausgespannt. In der Folge twitterten Mauro und Wanda am liebsten darüber, wie oft und wie gut der gemeinsame Bettsport sei.
Icardi reiste am Sonntag mit Inter nach Genua und wurde, nun ja, nicht gerade nach Knigges Lehrfibel empfangen. Ein Spiel, das über weite Strecken von einer Frau und Dreiecksgeschichte bestimmt wurde, das fehlte dem Fußball tatsächlich noch. Maxi Lopez verweigerte Icardi vor Anstoß den Handschlag, und fortan ging es kaum noch um Calcio. Die kollektive, pausenlose Jagd auf dem Feld und von den Rängen schien Icardi genussvoll anzuspornen. Er sorgte für Inters frühes 1:0 und zelebrierte aufreizend vor der Samp-Fankurve.
Über die Außenmikros schwappten diverse "Du scheiß Hurensohn" von der Genua-Ersatzbank. Zusätzlich fing man eine junge Samp-Anhängerin ein, deren unwiederholbare Kanonaden ihre Eltern sicher richtig stolz machten. In der folgenden Szene verschoss Maxi Lopez einen Elfmeter und schaute noch melancholischer durch die Gegend, während Icardi breit über den Fehlschuss grinste. Selbst die Reporter sprachen auf jedem Kanal häufiger von Wanda als über die meisten Aktiven, Inter-Keeper Samir handanovic funktionierten sie zu "Wandanovic" um. Nach Spielende forderte ein Priester aus Genua Icardi gar per offenem Brief auf, sich bei Maxi Lopez, den Samp-Fans und der Stadt zu entschuldigen.
P.S.: "Nach dem Tor und deinem Gebärden hätte ich dich sofort vom Feld geholt und hoffte inständig, dein Trainer würde es wirklich tun." Und Icardi selbst? Der beendete die Telenovela mit zwei Toren, einem 4:0-Sieg und ließ per Twitter wissen: "War herrlich wieder mal in Genua gewesen zu sein. Jetzt gehen wir früh ins Bett." Zum Glück ersparte er der Welt dieses Mal die anschließenden Details.
Duo des Spieltags: Intensivere Glücksgefühle wie am Sonntag in Turin sind schwer möglich. Toro kassierte gegen Genoa fünf Minuten vor Schluss das 0:1 - dann kam die Nachspielzeit. Zweite Minute der Nachspielzeit: Ausgleich durch ein Traumtor von Ciro Immobile, 30 Sekunden später ein Wahnsinns-Hammer von Alessio Cerci in den Winkel zum 2:1, Spielschluss. Beide Angreifer kommen mittlerweile auf 32 der 49 Torino-Treffer. Deren Brasilien-Tickets sind im Druck.
Und sonst? Die Weisheit des Spieltags kam dieses Mal von Roma-Coach Rudi Garcia. Auf die Frage, was er denn nur ohne den gesperrten Fließband-Torschützen Mattia Destro mache, antwortete der Franzose knapp: "Für ihn spielt ein anderer Stürmer." Kein Einspruch.
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Primera Division
Von Frank Oschwald
Tsubasa des Spieltags: Von den meisten Spaniern ernteten Levantes Victor Casadesus und Ruben Garcia eine saftige Ladung Spott am Wochenende. Von der "größten Dummheit des Jahres" bis hin zu einem Live-Kommentator, der sich vor lauter Gelächter fast in die Hose gepieselt hätte, war alles dabei. Was war passiert?
Beim Stande von 0:0 bekam Levante in der 91. Minute aus fürchterlich aussichtsreicher Position einen direkten Freistoß zugesprochen. In der kurzen Lagebesprechung heckten die beiden Spieler in trauter Zweisamkeit einen niet- und nagelfesten Siegesplan aus und warteten auf das Signal des Schiedsrichters. Dieser gab das Freizeichen, woraufhin sowohl Casadesus als auch Ruben Garcia in Richtung des Balles stürmten.
Doch statt eines zigmal gesehenen und mehr als popligen Täuschungsmanövers, trafen die beiden den Ball exakt zur selben Zeit. Größte Dummheit des Jahres? Von wegen. Denn vielmehr haben sie es tatsächlich versucht, den Traum eines jeden heranwachsenden Fußballfans zu erfüllen: den Doppelschuss. Tsubasa wäre vor Stolz geplatzt. Dass die Kugel gut fünf Meter am Tor vorbeikullerte, erwähnen wir hier mal nur nebenbei. Wir freuen uns vielmehr schon wie ein Schnitzel auf nächste Woche. Ob dann der Teufelsdreier folgt?
Knuddeln des Spieltags: Die Woche für Barca hätte durchaus geiler laufen können. International gab es erst die Niederlage gegen Atletico, am Wochenende folgte dann zu allem Überfluss auch noch eine 0:1-Pleite gegen Underdog Granada und der Absturz in der Tabelle hinter den königlichen Erzfeind. Um es einfach auszudrücken: Die katalanische Hütte brennt. Lichterloh.
Um so höher ist es Andres Iniesta anzurechnen, dass er direkt nach dem Spiel mit der Ruhe eines tibetischen Zen-Mönchs Interviews gab. Denn während der Aufzeichnung rauschte ein wildfremdes Mädchen ins Bild, klammerte sich wie ein Äffchen an den Barca-Superstar und ließ diesen nicht mehr los. Statt panisch zu reagieren, zog Iniesta das Mädchen zu sich hin, streichelte ihr durch die Haare und machte mit dem Interview weiter.
Auch als wenig später eine dreiköpfige Security-Bande das gemeingefährliche Kind von Iniesta wegschweißte, schämte er sich ob der ruppigen Art fast fremd. Barca-Gegner Granada treibt die Freunde der Statistik indes weiter in den Wahnsinn. Während die Andalusier in der letzten Saison gegen Real Madrid ein Spiel ohne einen einzigen Torschuss gewannen (nach einem Eigentor von Cristiano Ronaldo), gab's gegen Barca am Wochenende einen Dreier mit sage und schreibe 18 Prozent Ballbesitz. Chapeau, meine Herren. Für eine solche Spielweise wurde das Wort Effizienz wohl erfunden.
Und sonst? Da wir in der Ausgabe bereits sämtliche Lanzen gebrochen haben, machen wir auch beim letzten Punkt damit weiter und applaudieren für eine Spezies, die in ihrer Klubgeschichte das ihnen entgegengebrachte Lob vermutlich an einer Hand abzählen kann. Denn anders als der mosernde Real-Fan auf der Gegengerade, machen die Madrilenen auf der Südtribüne direkt hinter dem Tor meistens mächtig Alarm, werden aber dennoch mit dem Operettenpublikum über einen Kamm geschert.
Am Wochenende blieben die Fans der Südtribüne bis weit nach Spielschluss im Stadion und feuerten das Team für den bevorstehenden Copa-Clasico weiter an. Die frisch geduschten Diego Lopez und Alvaro Morata sowie Trainer Carlo Ancelotti kamen erneut auf den Rasen und bedankten sich für die Unterstützung. Eine traute und familiäre Atmosphäre im sonst so sterilen Königshaus...
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