Drei Talente, drei Länder, drei Geschichten. SPOX stellt deutsche Spieler vor, die den Schritt ins Ausland gewagt haben: Von Marvin Höners Weg zu Ajax Amsterdam über Leander Siemann, den gescheiterten Gunner mit verblüffenden Parallelen zu Shkodran Mustafi, bis hin zu Dennis Otto, der sich auf den Spuren von Viktor Valdes bewegt.
Am Freitagabend trifft die DFB-Elf in der EM-Qualifikation auf Gibraltar. Mit im Kader sind dann wieder zwei besondere Spieler. Ron-Robert Zieler und Shkodran Mustafi. Sie unterscheiden sich von den anderen 19 Profis im Kader von Joachim Löw in einer Beziehung: Sie haben bereits in der Jugend den Sprung ins Ausland gewagt.
Der Erfolg, sich Weltmeister nennen zu dürfen und die erneute Nominierung für die Nationalelf zeigen eins: Dieser eingeschlagene Weg ist zwar durchaus unkonventionell, kann aber dennoch von Erfolg gekrönt sein.
Auch aktuell gibt es etliche verheißungsvolle Talente, die im Ausland in Jugendmannschaften von großen Teams zu Werke gehen, teilweise sogar schon ihre Profidebüts geben durften.
Beste Beispiele hierfür sind Gedion Zelalem, Serge Gnabry oder Thomas Eisfeld. Dabei gibt es auch Spieler, die bislang unter dem Radar der deutschen Aufmerksamkeit versuchen, den Sprung ins Profigeschäft zu schaffen. SPOX stellt drei von ihnen vor.
Leander Siemann: Gescheiterter Gunner
Wenn man an Jugendarbeit in Verbindung mit deutschen Spielern denkt, assoziiert man dies auch häufig mit dem FC Arsenal. Schließlich durften die bereits angesprochenen Talente Gnabry, Eisfeld und Zelalem dort bereits erste Schritte im Profifußball machen.
Auch Rohdiamant Leander Siemann wurde bei den Gunners von 2011 bis 2014 geschliffen. Die Geschichte des 1,86 Meter großen Innenverteidigers in London ist aber nicht von vergleichbarem Erfolg geprägt - zumindest auf den ersten Blick.
Nach dem Wechsel von Hertha BSC auf die Insel lief zunächst alles nach Plan. Noch für die U 18 spielberechtigt lief Siemann bereits in der U 21 auf. Abseits des Fußballplatzes entwickelte sich aber bei Weitem nicht alles optimal - auch das ist womöglich ein Problem bei so jungen Spielern im Ausland: Die Integration.
Schattenseiten der "riesengroßen Chance"
Zwei Mal musste Siemann die Gastfamilie wechseln und umziehen, 2014 wurde der Vertrag des heute 19-Jährigen nicht verlängert. Es folgte ein Wechsel nach Portugal in die ebenfalls hochangesehene Ausbildungsabteilung des FC Porto. Dort spielt Siemann jetzt für die zweite Mannschaft in der Segunda Liga.
"Im Rückblick war es für mich zu früh, mit 15 dort hinzugehen", sagt der sichtlich gereifte Berliner heute. Nach einem Auslandsaufenthalt in London wurde für Siemann mit 15 Jahren ein Probetraining bei Arsenal organisiert, was damals zu seinem Wechsel geführt hatte. Von einer "riesengroßen Chance" hatte Siemann damals gesprochen.
Doch er wurde in London schnell mit den Schattenseiten des Traumberufs Fußballer konfrontiert: Hohe Konkurrenz, Anpassungsprobleme und fehlende Kollegialität. "Es ist schon professioneller und kein Spaß mehr", sagt Siemann über seine Zeit bei Arsenal. "Fußball sollte schon Spaß machen, aber man sollte nicht vergessen, dass alle Konkurrenten den selben Platz wollen. Das habe ich anfangs nicht so realisiert. Freunde gibt es nicht wirklich, zumindest nicht auf deiner Position."
Auf den Spuren von Hulk und James
Ein bisschen Reue kann man den Zeilen bei Siemann im Rückblick durchaus entnehmen. Dennoch gewinnt er seiner London-Zeit etwas Positives ab: "Fußballerisch hat es mich auf jeden Fall weitergebracht, die Sprache kann ich nun perfekt, das ist ein Pluspunkt. Jetzt kann ich schon besser damit umgehen, nicht zu Hause zu sein."
Nun, im sonnigen Portugal angekommen, weht ein angenehmerer Wind. Siemann wohnt inzwischen zusammen mit Mitspielern in Porto. Der Traum vom großen Wurf lebt weiter und auch Siemanns Vater weiß den neuen Klub zu schätzen. Durchlässigkeit, das in diesem Zusammenhang scheinbar magische Stichwort, fällt auch hier erneut: "Porto hat Stars wie Hulk und James Rodriguez herausgebracht, die höchsten Transferüberschüsse Europas, Mourinho hat dort eine irre Trainingsanlage entworfen. Die haben eine unglaubliche Durchlässigkeit in die erste Mannschaft."
Auch Siemanns Weg scheint noch lange nicht beendet, zumal es etliche Parallelen zu einem Weltmeister gibt. Auch Mustafi schaffte beim FC Everton im Alter von 19 Jahren nicht den Sprung in die Premier League. Es folgte ein Wechsel zu Sampdoria Genua, wo er in seiner ersten Rückrunde nur ein Spiel absolvieren konnte - wie Siemann - in der zweiten Liga. Siemann abzuschreiben, wäre also noch viel zu früh.
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Dennis Otto: Torwarthüne aus La Masia
La Masia - der Geburtsort des Tiki Taka, die wahrscheinlich bekannteste Jugendakademie der Welt. Am Fuße des Camp Nou gelegen brachte sie Stars wie Lionel Messi, Andres Iniesta, Xavi und viele mehr heraus. "Durchlässigkeit" trifft wohl auf kaum eine Nachwuchsarbeit so zu wie auf die der Katalanen.
Hier wurde Dennis Otto aufgenommen. 16 Jahre jung, 1,93 Meter groß - das kann kein typischer Barca-Spieler sein. So manch einer wird da bereits stutzig. Doch Otto ist Torwart. Mit La Masia wurde ein Traum für den Nachwuchsspieler wahr: "Ich bin schon mein ganzes Leben lang Barca-Fan", sagte er vor kurzem vor seinem Einzug in La Masia.
Doch wie Ausland fühlt sich Barcelona wohl kaum an, schließlich war er mit seinen Eltern bereits mit einem Jahr nach Mallorca gezogen. Beim RCD Mallorca durchlief er einige Jugendmannschaften, bis das Angebot aus Barcelona kam.
Langzeitvertrag in Barcelona
Für Otto war klar, dass er diese Offerte annehmen müsse. Mit einem Vierjahres-Vertrag ausgestattet lernt Dennis Otto nun auf den Spuren von Victor Valdes, der es zuletzt aus der eigenen Jugend ins Barca-Tor schaffte, das Torwartspiel. Über die nötigen Anlagen verfügt Otto tatsächlich: Er beherrscht bereits ein sehr gutes Aufbauspiel, gilt als mitspielender Keepe rund passt damit gut ins Anforderungsprofil der Katalanen.
Mit gerade einmal 16 Jahren lässt sich bei Otto nur schwer eine Prognose abgeben, eins ist jedoch klar: Eine bessere Ausbildung als in La Masia wird er wohl kaum genießen können, die Basis für eine große Karriere ist also geschaffen. Anpassungsprobleme wird er wohl kaum haben, da er die spanische Mentalität bereits seit Jahren verinnerlichen konnte.
Und so hofft am Ende auch er, dass es womöglich für den großen Traum reicht - und vielleicht sehen wir schon in wenigen Jahren einen dieser drei "Ausländer" im DFB-Dress auflaufen.
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Marvin Höner: Von der Alm zu Ajax Amsterdam
Der 20-jährige Marvin Höner spielt in einer der besten Jugendakademien der Fußballwelt: Bei Ajax Amsterdam. Vor einem Jahr zog es ihn von Arminia Bielefeld in die berühmtberüchtigte Ajax-Schule. Höner ist erst der fünfte Deutsche, dem die Ehre zu Teil wird, das weiße Trikot mit dem roten Längsstreifen in der Mitte überzuziehen.
Aber was zieht einen solchen Spieler ins Ausland? Besonders, wenn auch deutsche Angebote im Raum stehen - wie im Fall Höner, der auch zu verschiedenen Bundesligisten hätte gehen können. Für den gebürtigen Bielefelder war die Entscheidung pro Ajax und contra Deutschland dennoch klar: Talent werde dort "eher geschätzt als in Deutschland", meint Höner.
Auch weil Ajax wie kaum ein anderes Top-Team besonderen Wert auf die eigene Jugend legt und sich über Jahre den Ruf als attraktiver Ausbildungsverein erarbeitet hat. Es gibt nur wenige Klubs mit einer höheren Durchlässigkeit zwischen Jugend- und Profimannschaft. Über die Hälfte der Spieler im Ajax-Kader spielten bereits für eine Jugendmannschaft oder die zweite Garde der Amsterdamer. Der Sprung zu den Profis scheint dort stets in greifbarer Nähe.
Warten auf den Durchbruch
Durch diesen hart erarbeiteten Ruf wird es ermöglicht, Spieler aus dem Ausland in die Eredivisie zu locken. "Der Unterschied ist, dass Ajax sich komplett auf die eigene Jugend konzentriert", weiß Höner, der bislang noch auf seinen Durchbruch warten muss.
Nur für vier Spiele in der zweiten Mannschaft hat es bislang gereicht, die Verletzungsanfälligkeit, die der Angreifer aus Deutschland mitgebracht hat, legte ihm auf dem schweren Gang ins Profigeschäft bislang Steine in den Weg.
500.000 Euro hatte Ajax für den antrittsstarken Offensivallrounder Höner einst bezahlt. Ob die Investition von Erfolg gekrönt wird, bleibt noch abzuwarten. Mit 20 Jahren würde er dann schon fast als Spätstarter gelten - verglichen mit den anderen Jungspunden im Ajax-Kader.
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