Wenn John J. Rambo zu dir spricht

SPOX
26. Januar 201519:57
Brachte den Goodison Park zum Beben: Slygetty
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Sylvester Stallone mimt in England den Pausenclown. In Italien feiern zwei Deutsche eine Party, der Prinz hadert noch mit dem Spektaktel-Fußball Inters und Ronaldo ehrt Cantona. Die Blitzlichter aus Europa.

Serie A

Von Oliver Birkner

Schland des Spieltags: Wie üblich nehmen sich die Deutschen auch in diesem Jahr im Januar mal eine Auszeit von Italien. Keine Studienräte, die in Florenz zunächst vor dem Dom ihr Wissen deponieren, um nach reichlich Chianti später aus der Trattoria zu stolpern. Auch in Rom, Verona oder Venedig jagt kein "Boah" der Touristen über die Piazze. Deutschlandfreie Zone also? Von wegen. Die drei M's zelebrierten in den letzten fünf Tagen eine akkurate Schlandpartie. Mario Gomez netzte in zwei Partien zwischen Pokal und Liga am Mittwoch und Sonntag drei Mal, Miro Klose zwang Samstagabend per Assist und Tor den AC Milan in die Knie (was momentan womöglich auch dem VfL Bochum mühelos gelingen würde) und zwischendurch gab sich die Merkel Angie Donnerstag und Freitag ein posaunendes Stelldichein in Florenz bei Premier Matteo Renzi. Bloß dem Prinzen war nicht nach Feiern zumute. Lukas Podolski beteiligte sich mit einer mittelmäßigen Leistung an Inters komatösem Tempo und verlor daheim 0:1 gegen Torino. Doch Mailand und Fußballkarneval gehören aktuell freilich so sehr zusammen wie Carsten Ramelow und Fallrückzieher.

Hulk Hogan des Spieltags: Wenn schon keine Klasse, dann wenigstens ran an die Kehle. Dachte sich Philippe Mexes im römischen Stadio Olimpico. "Schaum vor dem Mund" hatte Milan-Coach Filippo Inzaghi bei seinen Milan-Profis gegen Lazio angekündigt und der Franzose hielt Wort. Stefano Mauri flüsterte Mexes in der Nachspielzeit einige Humoresken ins Ohr, worauf Psycho Philippe sich beim Lazio-Capitano erkenntlich zeigte. In bester Wrestling-Manier versetzte er Mauri einen von hinten eingesprungenen Armbeugen-Kehlkopf-Drucktest gefolgt von Schlag- und Treteinlage. Der standfeste Mauri war allerdings nicht auf die Bretter zu bekommen. Wenn selbst Tätlichkeiten nicht mehr zum gewünschten Ergebnis führen, dann wird's wirklich eng.

Fußballerisch klappt es ja längst nicht mehr. Den schlechtesten Start ins Kalenderjahr seit 1941 (ein Punkt aus vier Partien) zementierte das rotschwarze Gespenst mit ganzen zwei Torschüssen. Neben dem orientierungslosen Neuzugang Alex in der Innenverteidigung stachen auf der linken Seite die Transfers Pablo Armero und Marco van Ginkel durch Beweglichkeit einer Leitplanke hervor. Tränen der Nostalgie schossen beim Gedanken in die Augen, dass vor fast genau 30 Jahren ein gewisser Paolo Maldini im Milan-Dress debütiert hatte. Doch Kopf hoch, schließlich kündigte Silvio Berlusconi an Neujahr an, der AC würde ohne Frage zum besten italienischen Team 2015 avancieren. Könnte noch klappen.

Und sonst? Zum dritten Mal in weniger als zwei Monaten erlebte Italien Wembley - am Sonntagnachmittag nun in Genua. Ein Schuss von Palermos Michel Morganella prallte von der Latte deutlich hinter die Linie und hätte das 2:1 bei Sampdoria bedeutet. Eigentlich. Denn der gut positionierte Torrichter entschied auf: kein Treffer. Dafür zeigte sich der Hauptreferee ungemein aufmerksam und schickte Torwarttrainer, Co-Trainer, Fitness-Coach und Physiotherapeuten der Sizilianer wegen Protestierens auf die Tribüne. Morganella platzte anschließend der Kragen: "45 Schiedsrichter auf dem Platz und alle blind. Eine Schande." Es ist vielleicht von Vorteil, dass die Serie A ab der kommenden Saison das Geld für 41 der 45 Referees einspart und in Technologie investieren wird.

Serie A: Party der drei M's und die Mailänder Leitplanke

Premier League: Oh England, du verrücktes Huhn!

Primera Division: El Nino auf dem Unterarm und Ronaldos Hommage

Premier League

Von Frank Oschwald

Irrsinn des Spieltags: Manchmal ist man ja vor allem im Sport recht schnell dabei, Superlative aus der Schublade zu holen. Da fällt hier und da mal ein Tor in der letzten Minute, schon wird vom absoluten Oberwahnsinn gesprochen und die Geschichte des Fußballs muss überarbeitet werden. Das ist zugegeben manchmal etwas voreilig und übertrieben. Aber! Nach dem Wochenende muss die Geschichte des Fußballs neu geschrieben werden. Denn Chelsea gab einen 2:0-Vorsprung gegen den Drittligisten Bradford aus der Hand und unterlag letztlich mit 2:4. An der Stamford Bridge! Unter Jose Mourinho! Wie Banane das ist? Sehr. Beweise? 1.) In den letzten elf Ligaspielen hat Chelsea lediglich zwei Tore zugelassen, jetzt setzte es gleich vier. 2.) Gegen ein Drittligateam kassierten die Blues zuletzt 1958 vier Gegentore. 3.) Noch nie hat sich ein von Jose Mourinho gecoachtes Team vor heimischer Kulisse vier Tore eingefangen.

Nach seiner Premiere bewies der Portugiese dennoch Größe. Er marschierte in die Gästekabine und schüttelte jedem einzelnen Spieler der Gästemannschaft die Hand und beglückwünschte das Team. Dass auch City in der vierten Runde die Segel strich, fiel dabei eigentlich gar nicht groß auf - und das, obwohl sich somit der Erste und der Zweite der Premier League verabschiedet haben. Dass es das zuletzt 1951 gab, sei hier zwar erwähnt, geht jedoch im großen Wahnsinn unter. Oh, England, du verrücktes Fußball-Huhn.

Sly des Spieltags: Dass Sylvester Stallone ein unglaublich eingefleischter Everton-Fan ist, ist ja hinlänglich bekannt. Er hat zumindest einen Schal. Und er hat ein Match gesehen. Vor acht Jahren. Gegen Reading. Mensch, dieses 1:1 hat ihn damals in den Bann gerissen und seitdem auch nicht mehr losgelassen. Deshalb war es ihm bestimmt auch eine riesige Ehre, in der Halbzeit zwischen den Toffees und West Bromwich Albion auf der Videoleinwand aufzutreten und - wie im Vorfeld angekündigt wurde - eine "mitreißende und stürmische" Rede zu halten. Im Everton-Trikot erschien Sly letztlich auf dem Screen. Statt über seine Liebe zum Verein zu schwärmen, gab Stallone Anweisungen an die Fans. Währenddessen wurde ein riesiger Kamera-Kran in den Mittelkreis gehievt, mit dessen Hilfe Fan-Szenen für den neuen Rocky-Film aufgenommen wurden. Aber! Sly weiß ja, was sich gehört. Am Ende des gut fünfzehn-sekündigen Videos brach doch der Fan aus Stallone heraus. Aus tiefstem Herzen inbrunste er: "Aber viel wichtiger ist: Go Everton!" Wenn das mal keine "mitreißende und stürmische" Rede war, die Spieler und Fans in den Bann zogen. Das Spiel ging 0:0 aus.

Anything else: Ja, die gute, alte Fan-Liebe, darüber kann Sly ein Buch schreiben, geht halt bei manchen Fans eben einen Zacken weiter als bei anderen. Sein Kind nach einem Spieler zu nennen? Mein Gott, 1000 Mal passiert und fällt dann auch nicht weiter auf. "Cristiano, Lionel, Diego, Zinedine, kommt ihr bitte zum Essen?" Könnte sich so eigentlich in jedem Haushalt abspielen, ohne dass da auch nur eine Spur von Fußballverrücktheit herumwabert. Ein norwegischer Liverpool-Fan hat das noch ein wenig weitergetrieben. Er gab seiner Tochter den zweiten Namen: YNWA - die Anfangsbuchstaben von "You'll never walk alone". Alternative wäre laut Aussage der Mutter Gerrard gewesen. Auch schön.

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Premier League: Oh England, du verrücktes Huhn!

Primera Division: El Nino auf dem Unterarm und Ronaldos Hommage

Primera Division

Von Frank Oschwald

Dummheit des Spieltags: Zugegeben, wer hätte schon damit rechnen können, dass Fernando Torres die Königlichen dermaßen wuschig spielt und danach wieder in die Versenkung verschwindet? Craig Burley tat das nicht. Der ehemalige Chelsea-Spieler ging im britischen TV deshalb eine - zumindest für Außenstehende - amüsante Wette ein. Sollte Torres in der Copa gegen Real treffen, werde er sich ein Tattoo von El Niño auf den Unterarm stechen lassen. Und statt sich die Augen über das Tor des Spaniers auszuheulen, schrieb er auf "Twitter" nach der Torres-Bude lediglich ein kurzes "Calling all Tattoo shops".

Einige Tage später veröffentliche sein Arbeitgeber "ESPN" ein Beweisvideo, in dem zu sehen war, wie sich Burley ein fürchterliches Torres auf den kompletten Unterarm stechen ließ und es wenig später mittelstolz in der Expertenrunde präsentierte. Mensch, was ein Kerl, könnte man meinen. Verliert eine Wette und steht wie ein Mann zu den Konsequenzen. Von wegen! Nach zahlreichen Kommentaren sah sich "ESPN" dazu gezwungen, das ganze Szenario aufzulösen. In ähnlicher Expertenrunde präsentierte Burley erneut seinen Unterarm und - oh Wunder - das Torres-Tattoo hatte sich verflüchtigt. Alles nur ein riesiger Fake. Burley selbst sagte, dass Torres das Tattoo selbst weggezaubert habe. Das ist natürlich Bullshit. Das heißt aber nicht, dass wir nicht davon überzeugt sind, dass Torres das theoretisch kann.

Hommage des Spieltags: Man lehnt sich nicht irrsinnig weit aus dem Fenster, wenn man sagt, dass Cristiano Ronaldo am Wochenende gegen Cordoba nicht seinen allergeilsten Auftritt im Real-Dress hatte. Zunächst feuerte er Crespo einen rechten Haken ins Gesicht, wenig später prüfte er mit einem gekonnten Tritt die Schienbeinschoner von Edimar. Dass er letztlich unter Pfiffen vom Platz trottete und in einem Anflug von Arroganz mit der Hand das Klub-Weltmeisterlogo streichelte, nehmen wir mal so hin. Auch der Fakt, dass CR7 in La Liga in drei von vier Fällen wegen einer Tätlichkeit vom Platz flog, ist, nun ja, etwas unglücklich. Aber wir packen hier mal die Schwimmflügel aus und paddeln gegen den Mainstream.

Denn auch drei dieser vier Roten Karten waren gegen Teams aus Andalusien. Huiuiui, diese feurigen Südspanier, stacheln den armen Ronaldo aber auch immer an. Der Portugiese selbst wird es zwar nicht zugegeben, aber: Am Tag vor dem 20. Jubiläum des berühmten Cantona-Kicks Rot in einem Ligaspiel wegen einer Tätlichkeit zu sehen? Die beiden ehemaligen Siebener von United? Danke für diese Hommage, Cristiano. Wer sich nun denkt, dass das alles verschwurbelte Verschwörungstheorien sind, dem sei gesagt: jup.

Algo mas? Zum Abschluss ein Loblieb auf das vermutlich heißeste Team der letzten Wochen. Denn heimlich, still und leise scheint sich Villarreal dauerhaft im oberen Tabellendrittel einzunisten. Vor zwei Jahren noch in den Untiefen der zweiten Liga unterwegs, schaffte man den Aufstieg ins Oberhaus und qualifizierte sich direkt für die Europa League. Diese verrückten Vögel stürzen doch früher oder später sowieso wieder ab, mag der ein oder andere da gedacht haben. Doch inzwischen hat sich das gelbe U-Boot in der Spitzengruppe etabliert. Die Statistik kann sich dazu durchaus sehen lassen. 17 Pflichtspiele in Folge hat Villarreal nicht mehr verloren. Und am nächsten Wochenende geht's ins Camp Nou. Zieht euch warm an, Barca.

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