Kyle Beckerman war einer der auffälligsten Spieler des US-amerikanischen Nationalteams bei der WM 2014 in Brasilien. Das lag zum einen an seinen langen Rastazöpfen und zum anderen an seinem robusten, aggressiven Spielstil, den er im Mittelfeld an der Seite von Jermaine Jones pflegte.
Beckerman ist ein Kind der MLS, er hat in seiner Karriere bisher für Miami Fusion, die Colorado Rapids und Real Salt Lake gespielt. Seit 2009 wurde er fünf Mal in Folge ins MLS-All-Star-Team berufen. Mit 33 Jahren neigt sich seine Karriere langsam dem Ende entgegen. In der Saison 2014 hat Beckerman 378.750 Dollar im Jahr verdient.
Ein nettes Sümmchen, aber nicht bemerkenswert viel aus europäischer Sicht, wo Zahlen dieser Größenordnung gut und gerne für Monatslöhne herhalten dürfen. Auch in den USA lässt sich deutlich mehr Geld verdienen mit Fußball, nicht ohne Grund zieht es vor allem Stars am Ende ihrer Karriere in die MLS. Als nächste große Namen starten Steven Gerrard und Frank Lampard in den Staaten, Andrea Pirlo steht kurz vor einem Engagement.
Auf die NFL fehlen 140 Millionen Dollar
Aber das große Geld bleibt den meisten Spielern der Major League Soccer verschlossen. Die höchste Profiliga der USA ist wie ihre verwandten Verbände NBA, NFL, NHL und MLB ein in sich geschlossenes System. Auf- und Abstieg gibt es nicht, dafür Drafts, Trades und Playoffs. Die amerikanische Struktur eben.
Verträge schließen die Spieler nicht mit den Klubs, sondern mit der Liga und die bestimmt auch die Regeln. Dazu gehört der in den USA ebenfalls übliche Salary Cap, nur ist der im Vergleich zu den US-Sportarten deutlich niedriger angesiedelt. Seit dieser Saison darf ein Team maximal 3,49 Millionen US-Dollar für Spielergehälter ausgeben, ein einzelner Spieler darf dabei nicht mehr als 436.250 Dollar pro Jahr verdienen. Zum Vergleich: Der Salary Cap der NFL liegt bei 143 Millionen Dollar. Pro Franchise.
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In diesen Grenzen müssen sich die Manager der Klubs bewegen und einen Kader zusammenstellen, der maximal 28 Spieler umfassen darf. Für europäische und südamerikanische Spitzenspieler eigentlich kein lohnendes Ziel, gäbe es da nicht die Designated Player Rule.
Die besagt, dass ein MLS-Klub bis zu drei Spieler in sein Team holen darf, die nicht unter den Salary Cap fallen. Beckermans Kollege im Nationalteam Jermaine Jones war einer dieser Designated Player. Er kassierte 2014 3,25 Millionen Dollar. Der Brasilianer Kaka, Weltfußballer 2007, sackte 7,2 Millionen Dollar ein. Man kennt die Zahlen so genau, weil die Gehälter veröffentlicht werden. Für 2015 liegen die Gehälter noch nicht vor. Aber man weiß: Kyle Beckerman hat sich diese Saison auch zum Designated Player hochgearbeitet.
Verträge: Nichts ist unmöglich
Es ist also nicht unüblich, dass ein Spieler mehr verdient als der Rest des Kaders zusammen. "Neid gibt es bei den US-Amerikanern trotz der gewaltigen Gehaltsunterschiede nicht", sagt Paul Keuter im Gespräch mit SPOX. Keuter wickelte den Wechsel von Arne Friedrich 2012 in die MLS zu Chicago Fire ab.
Friedrich wurde zwar kein Designated Player, gehörte aber trotzdem zu den Top-Verdienern im Kader. "Wenn es keine Chance gibt, als Designated Player engagiert zu werden oder der Klub schon die maximale Anzahl an Designated Playern erreicht hat, muss man andere Wege und Mittel finden, um auf die gewünschten Ergebnisse zu kommen. Und da ist es bei den Amerikanern wie immer: Nichts ist unmöglich", sagt Keuter.
Ein Kuriosum und gleichzeitig der größte Unterschied zum europäischen Markt ist, dass die Gespräche zwar mit dem Klub geführt werden, aber die Verträge mit der MLS abgeschlossen werden.
"Man redet bei Vertragsverhandlungen wenig über sportliche Dinge, dieser Bereich interessiert die Verantwortlichen nicht so sehr. Die MLS ist gespickt mit ehemaligen Marketingleuten, die wissen gar nicht, wie der Rasen riecht", sagt Keuter.
Kein Hurra für Europäer
Das führt dazu, dass in Verhandlungen das Marketingpotenzial eines Spielers seinen sportlichen Wert schon mal in den Hintergrund drängt. Geduld ist deshalb eine Eigenschaft, die Berater und Spieler in Verhandlungen mit der Liga mitbringen müssen.
"Bei Arne war es so, dass sich die sportliche Führung sehr um ihn bemüht hat, aber bei den Verhandlungen ist nichts passiert. Dann haben wir die Sachen gepackt, uns für drei schöne Tage bedankt und gedacht, wir sehen uns nie wieder. Als wir zwei Tage später zuhause waren, hat auch schon das Telefon geklingelt."
Bei großen Namen wie Gerrard oder Lampard, die als Marketing-Pferde die Entwicklung der Liga weiter vorantreiben sollen, laufen die Dinge anders. "Aber es nicht so, dass in jeder Ecke Hurra geschrien wird, wenn ein europäischer Spieler kommt", sagt Keuter.
Klinsmann leistet Basisarbeit
Dabei tut der Einfluss von außen, sei es aus Europa, Mittel- oder Südamerika, dem Niveau der Liga gut. Der Fußball hat in den USA in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, aber von einer echten Konkurrenzsituation mit den Top-Sportarten im eigenen Land oder gar mit den großen Fußballligen dieser Welt kann nicht die Rede sein.
Zwar lautet das Motto der MLS typisch amerikanisch "Think big", aber die Verpflichtung einiger, weniger Topspieler wird die Liga nicht aus diesem Dilemma befreien. Da das Niveau der einheimischen Spieler noch lange nicht ausreicht, um in allen Klubs hochwertigen Fußball anzubieten.
"Die Amerikaner haben die Kultur des Fußballs immer noch nicht vollends verstanden. Fußball hat durchaus seine Wurzeln, aber nach der Highschool verliert der Fußball wieder viele Jugendliche. Es gibt kein strukturiertes Fördersystem für die Jugend", sagt Keuter.
Bei den nächsten Schritten wird auch Jürgen Klinsmanns Arbeit von zentraler Bedeutung sein. Der 50-Jährige darf im US-Verband das machen, was er am liebsten tut, keinen Stein auf dem anderen lassen.
Er verpasst dem Soccer eine Struktur in Bereichen wie Jugendförderung, Scouting und taktischer Ausbildung, die es so vorher nicht gab und mit der das durchaus vorhandene Potenzial besser ausgeschöpft werden soll. Von einer stabileren, besser geschulten Basis würde am Ende auch die MLS profitieren.
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