Vom Schutzpatron Heiliges Arschglück

Oliver BirknerFrank Oschwald
05. Oktober 201518:05
Hoch die Hände, Wochenende! Samp-Präsi Ferrero fand's jetzt nicht so geilgetty
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Meine Güte, was war denn in Europa wieder los? Sampdoria-Präsident Ferrero verteilt keine Küsschen und Balotelli wird bei Milan zur Kuh. In England haben Fußballer keine Chancen gegen die wirklich wichtigen Menschen und Mou wurde verhext. Abschließend stellt CR7 auf der iberischen Halbinsel fest, dass er zwischenzeitlich unehelich gezeugt wurde.

Serie A

Von Oliver Birkner

Kuh des Spieltags: Auf ins San Siro, in dieser Festung wird seit kurzem stets Champagner-Fußball geboten. Letzte Woche siegte Florenz 4:1 bei Inter, am Sonntag berauschte sich Napoli zu einem 4:0 gegen Milan. Auch die AC-Tifosi zeigten sich euphorisch, bescherten ihren Manager mit "Grazie Galliani!"-Chören und machten sich Mitte der zweiten Hälfte auf den Heimweg. Adriano Galliani hatte unter der Woche noch seine Angestellten per Brandrede ins Achtung gestellt und die Präsentation der kostspieligen Kronjuwelen gefordert: "Ihr müsst jetzt die Eier rausholen. Wo sind die 90 Millionen Euro, die Milan auf dem Mercato ausgegeben hat?" Auf den Konten anderer. Man muss freilich vor Napoli den Hut ziehen, das dank überragender Virtuosen wie zum Beispiel Gonzalo Higuain oder Lorenzo Insigne erneut eine pyrotechnische Show abzog. Milan sollte sich indes nicht grämen, denn Mut machte der globale Experte David Beckham. Zwischen lukrativen Sponsorenterminen in Dubai verriet der Engländer: "Ich hoffe, Milan holt in dieser Saison nach langer Zeit wieder die Champions League. Das wäre fantastisch." Fantastisch fänden es die Rossoneri ebenso, wenn sie überhaupt unter den Teilnehmern stünden. Nun ja, fragen wir Beckham 2016/17 noch einmal. Silvio Berlusconi bleibt von der Qualifikation zur nächsten Königsklasse überzeugt und Mario Balotelli wird es schon richten. Laut Ex-Milanista und "Genie" Dejan Savicevic hält "Super Mario" das AC-Schicksal in der Hand: "Er kann den Unterschied ausmachen, aber auch alles ruinieren. Wie wir in Montenegro sagen: Er ist wie eine Kuh, die 20 Liter Milch gibt, und dann mit einem Tritt alles verschüttet." Also, Obacht auf deine Hufklauen, Muhrio.

11:1 des Spieltags: Für einen Moment schien es, als hätte Inter José Mourinho zurückgeholt. Letztlich war es doch Roberto Mancini, der vor dem Duell bei Sampdoria zum Rundumschlag ausholte. "Ich höre von Taktik, Dreier- oder Viererkette, dabei wissen die meisten überhaupt nicht, was das genau bedeutet. Unfassbar, dass jemand tatsächlich denkt, Spiele würden durch ein bestimmtes System entschieden oder ob drei, vier, fünf Leute in der Abwehr stehen", schnaubte der 50-Jährige. Ex-Profis würden unkontrolliert auf den Sendern herumschwafeln und überhaupt sei jeder in Italien nach eigener Auffassung ein hochbegabter Trainer. "Akribische Analysen kennen unsere Kritiker doch gar nicht." Bis auf das völlig absurde Resultat, das durch Episoden entschieden wurde, habe er beim 1:4 gegen Florenz die beste Saisonleistung seines Teams gesehen, erzählte er abschließend. Diese bizarre Aussage verleitete zur Vermutung, auch Mancini besitze bei akribischen Analysen einige Schwierigkeiten. Das Spielchen führte sich nach dem 1:1 in Genua fort, wo Inter 75 Minuten lang steril und tumb auf Ballbesitz pochte und bei Sampdorias flinken Kontern mehrfach Glück hatte. Zum Beispiel, als Joaquin Correa aus drei Metern am völlig leeren Tor vorbeischob. "Wir hätten 2:1 gewinnen müssen. Und wer meine Aussagen anstößig findet, versteht nichts von Fußball", befand Mancinis Sachkompetenz. Mag sein, dass ihm zuletzt zur Seelenmassage vollkommen andere Partien eingespielt werden. Samp-Präsident Massimo Ferrero sprach: "Inter wurde heute vom Schutzpatron Heiliges Arschglück begünstigt. Wir hätten 11:1 gewinnen müssen." Eben alles eine Frage der Perspektive - und natürlich des Fußballverstandes.

Und sonst? Rätselraten gab es um einen Tweet vom offiziellen Account des italienischen Regierungssitzes. "Aldo Serena TorinoJuventusInterMilan" zwitscherte es am Wochenende in Richtung aller Abonnenten. Kurz zuvor hatte die italienische Sportschau die Quizfrage gestellt, welcher Profi vier Derbys mit vier verschiedenen Klubs bestritt. Ein dickes Lob an die Regierung in puncto Kenntnis in Fußball-Geschichte. Man hätte vermutet, sie besitzt aktuell durchaus dringlichere Punkte auf der Tagesordnung. Quatsch, Wochenende ist Calcio, der Rest muss sich gedulden.

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Game of Thrones des Spieltags: Wie ein kleiner Schulbub muss sich West-Brom-Stürmer Victor Anichebe unter der Woche vorgekommen sein. Als er gedankenverloren durch die Hotellobby eierte, liefen ihm auf einmal Kit Harington und Rose Leslie über den Weg und verwandelten sein Seelenleben in ein kleines Partyhütchen. Kit Harington und Rose Leslie? Puh, wer war das jetzt noch mal gleich? Richtig! Die beiden Schauspieler, die Jon Snow und Ygritte bei Game of Thrones verkörpern. Anichebe, riesiger Fan der Serie, nahm deshalb all seinen Mut zusammen und fragte nach einem Foto. Eigentlich ja nett. Doch der edle Ritter und die holde Dame hatten auf Selfies und sonstigen neumodischen Quark herzlich wenig Lust und gaben dem Nigerianer einen Korb. Bei Twitter ließ Anichebe seinem Frust deshalb freien Lauf: "Habe gerade Kit Harington und Rose Leslie in meinem Hotel getroffen. Da ich ein großer GOT-Fan bin, fragte ich freundlich nach einem Foto. Es ist eine Schande, dass sie abgelehnt haben. Ich würde niemandem ein Foto unterschlagen", polterte Anichebe und wünschte sich die baldige Arbeitslosigkeit für den GOT-Star: "Ich hoffe, Jon Snow stirbt bald." Er meinte natürlich in der Serie. Alles andere wäre dann doch eine Nummer zu wild. Aber mal ehrlich: Du kannst doch Victor Anichebe kein Foto verwehren.

Hexe des Spieltags: Wirklich lange ist es noch nicht her, dass Parkplatz-Chefeinweiser Jose Mourinho messerscharf und in jedem wichtigen Spiel den riesigen Luxusliner-Bus vor dem eigenen Strafraum parkte und Chelsea mit dieser brillanten/fürchterlichen (Wort darf je nach Wunsch ausgewählt werden) Taktik zur Meisterschaft führte. Vom 5-Sterne-Luxusliner ist inzwischen nichts mehr übrig. Wenn wir bei diesem Bild bleiben, parkt aktuell vielleicht noch ein klappriges Holz-Gespann mit einem gebrechlichen Pferd vor der eigenen Hütte. Denn auch am Samstag setzte es erneut eine 1:3-Pleite gegen den Grabbeltisch der Liga, den FC Southampton. Einen solch schlechten Start gab es bei den Blues seit 1978 nicht mehr - und da stieg man am Ende der Saison ab. Wir halten also fest: Ja, der aktuelle Start ist ganz schön scheiße. Verschwörungstheoretiker sind sich inzwischen sicher, dass Ex-Teamarzt Eva Carneiro einen bösen Fluch über das Team gezaubert hat. Fünf Pleiten gab es seit dem Zwischenfall mit ihr und Mourinho. Ein Zufall? Das Galileo-Team will sich dem Fall annehmen, sobald die neuntausendeinhundertdreiundachtzigste Wasserrutsche getestet wurde. So viel konnte die Redaktion vorab schon sagen: Die Illuminaten haben die Finger im Spiel. Aber wir wollen hier ja nicht den Teufel an die Wand malen. Denn es gibt Licht am Ende des Tunnels. Schließlich stellte der stets neutral reflektierende und selbstkritische Mourinho in einem siebenminütigen Monolog klar: "Chelsea kann keinen besseren Manager haben, niemand ist besser als ich. Wenn der Verein mich entlässt, entlassen sie den besten Trainer, den sie je hatten." Na dann kann's ja nur bergauf gehen.

Anything else? Während die meisten deutschen Fans meist mit großen Augen auf die Insel schauen und die unglaubliche Fußballkunst Woche für Woche bewundern, rief eine Sensation von der Insel speziell im süddeutschen, na gut, südöstlichen Raum Deutschlands nur lässiges Gähnen hervor. Kun Agüero erzielte am Wochenende zwar fünf Buden, brauchte dafür aber lächerliche 20 Minuten und 10 Ballkontakte. Eine Halbzeit war zudem noch dazwischen. Schwach. Einfach nur schwach.
Stürmerkollege Andy Caroll hingegen tritt indes mal wieder gegen seinen Ex-Coach nach. Ein Fan fragte ihn vor dem Merseyside-Derby nach einem Tipp für die Partie. Er antwortete: "Für Liverpool ist es eine Win-win-Situation." Wir holen unser Deutschheft raus und interpretieren: Gewinnen die Reds, gibt's drei Punkte. Verlieren die Reds, ist Trainer Brendan Rodgers weg. Das Spiel endete 1:1. Und Rodgers steht nun trotzdem mit gepackten Koffern vor der Anfield Road.

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Von Frank Oschwald

Mimimimimi des Spieltags: Inzwischen ist es unter Trainern immer mehr en vogue, mal eben angepisst die Pressekonferenz zu beenden und wild stampfend das Podest zu verlassen. Während sich das früher nur vereinzelt Trainerlegenden trauten (siehe auch "Flasche leer"), ist diese Modeerscheinung inzwischen bereits bis in die zweite spanische Liga durchgedrungen. Dort stellte sich Alaves-Coach Jose Bordalas nach der 0:1-Pleite den Fragen der Journalisten. Eifrig beantwortete der Spanier eine Frage nach der anderen und schien äußerlich ausgeglichen wie ein Shaolin-Mönch. Doch innerlich brodelte es bereits. Und dann wollte ein Journalist auch noch wissen, warum Alaves in der zweiten Halbzeit anders aufgetreten ist, als noch in der ersten? "Warum?", so der Coach entgeistert, als fragte man ihn nach dem Sinn des Weltfriedens. Sein Ton wurde forsch. "Nun, das ist halt Fußball. Verstehst du das?", fauchte der Trainer und blubberte einige verworrene Nebensätze über den Verlauf des Spiels. Nur, um abschließend den Journalisten noch mal zusammenzufalten: "Verstehst du das? Oder soll ich es noch mal erklären?", so der Trainer. Sprach es, bedankte sich artig und stapfte unmittelbar davon. Auf den TV-Bildern war dann nur noch ein dumpfer und lauter Ton zu hören. Die Tür, die Bordelas hinter sich zu knallte? Das wäre ja für Amateure! Vielmehr schlug der Alaves-Coach mit der blanken Faust gegen die unschuldige Türe und hinterließ ein großes Loch in selbiger. Lässige Abgänge müssen eben gelernt sein...

Panikmache des Spieltags: Aus neutraler Fan-Sicht ist es doch immer wieder lustig zu sehen, wie schnell bei den großen Klubs die Hütte brennt, wenn es mal nicht flutscht. Während in Granada nach fünf Pleiten in Folge erst mal generell von einer nicht ganz optimalen Saison gesprochen werden kann, ist in Barcelona schon Land unter. Denn gegen Sevilla setzte es in sieben Spielen bereits die, oh je oh je oh je, zweite Pleite der laufenden Saison. Kein toller Start, doch speziell die übersensiblen Zeitungen in Spanien schlagen Alarm. Einen solch schlechten Start gab es zuletzt zu Zeiten von Frank Rijkaard in der Saison 2003/2004, stand dort geschrieben. Das Ende scheint nah! Informiert man sich dann genauer, ist alles jedoch halb so wild. Dass die Rijkaard-Elf neben den zwei Pleiten auch drei Mal unentschieden spielte und auf dem elften Platz lag, wurde mal eben gekonnt unter den Teppich gekehrt. Hätte ja, wie bei den englischen Blitzlichtern, überhaupt nicht ins Bild gepasst. Denn eigentlich ist man mit fünf Siegen punktgleich mit Real. Alles im Lot also. Nur von hinten droht Gefahr. Die grüne Macht kommt ins Rollen. 6 Punkte holte Betis in den letzten beiden Spielen. Und jetzt treffen auch noch die Abwehrspieler. Gegen Rayo erzielte Betis-Neuzugang und HSV-Export Heiko Westermann seine erste Bude für seinen neuen Arbeitsgeber. Aber nicht etwa nach einer Ecke oder so Zeug. Aus dem Spiel heraus nach einem 250-Meter-Sprint aus der eigenen Hälfte. Viele Betis-Fans verstehen die Welt nicht mehr? "Westermann ist der Transfer des Sommers! Warum hat man sich in Deutschland über ihn lustig gemacht?", war in einem Forum zu lesen.

Algo mas? Und was treiben unsere beiden Überspieler eigentlich? Nun, Lionel Messi stürzt sein Team durch seine Verletzung in tiefste Depressionen (s.o.), Cristiano Ronaldo zeigte sich bei seiner eigenen Huldigung durch den Verein von der menschlichen Seite. Im Bernabeu bekam der Portugiese vor versammelter Mannschaft die Trophäe für den erfolgreichsten Torschützen im Real-Trikot überreicht. Ganz artig bedankte er sich bei seinen Trainern, dem Team und natürlich bei Mama. Auch an die Medien richtete er sich. Statt wie gewohnt zu mosern, zeigte sich CR7 überraschend einsichtig. "Ich danke den Medien, weil ich weiß, dass ich in der letzten Zeit ein bisschen ein Bastard war", so Ronaldo.

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