"ManCity wollte Pep schon im Sommer"

Marco Kieferl
28. Oktober 201515:59
Pep Guardiola wird als Nachfolger von Manuel Pellegrini gehandeltgetty
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Seit der exklusiven Verkündung des Wechsels von Pep Guardiola zum FC Bayern München ist Transferexperte Gianluca Di Marzio in aller Munde. Im Interview spricht der Italiener über seinen berühmten Vater, die Hintergründe des Vidal-Deals und Beschimpfungen italienischer Klubpräsidenten. Manchester City sieht er im Rennen um Guardiola in einer guten Position.

SPOX: Herr Di Marzio, Ihr Vater Gianni war Trainer in der Serie A und gilt als einer der Entdecker von Diego Maradona. Wie kommt es, dass Sie auf die andere Seite gewechselt sind und Reporter wurden?

Di Marzio: Ich selbst war kein großartig talentierter Fußballer. Also habe ich als Journalist in einem kleinen Lokalsender angefangen. Und da mein Vater Vereine wie Napoli, Genua oder Palermo trainiert hat, konnte ich mit seiner Hilfe Kontakte in Italien und ganz Europa knüpfen.

SPOX: Sind Kontakte das A und O eines Transferreporters?

Di Marzio: Es ist wichtig, nicht nur Kontakte zu besitzen, sondern diese auch richtig zu nutzen. Man muss zu den Leuten im Profigeschäft eine gute Beziehung aufbauen. Ich mag es nicht sonderlich, mir die Informationen von irgendwelchen Websites zu besorgen. Ich bevorzuge es, mit den verantwortlichen Managern und Klubchefs selbst zu sprechen. Ich bin ein korrekter Journalist.

SPOX: Als Transferexperte enthüllen Sie meist Meldungen, die in den Augen der Klubs besser geheim bleiben sollten. Gibt es ab und an Probleme mit den Vereinen?

Di Marzio: Auch das passiert. Es gibt immer wieder komplizierte Vorgänge wie beispielsweise die Verhandlungen zwischen der Roma und Genua über einen Wechsel von Juan Iturbe im Sommer. Ich habe den Deal in meiner Sendung verkündet, obwohl er noch nicht hundertprozentig fix war. Das hat den Transfer im Nachhinein beeinträchtigt und zerstört. Genuas Präsident Enrico Preziosi rief daraufhin an und beschimpfte mich. Er war der Meinung, dass Iturbe ohne mich zu Genua gewechselt wäre. Tatsächlich hatte die Roma kurzfristig ihre Meinung geändert. Daran hatte ich keine Schuld.

SPOX: Wie oft stellen sich Gerüchte, die Ihnen zu Ohren kommen, im Endeffekt als falsch heraus?

Di Marzio: Die Leute vertrauen mir mittlerweile. Sie wissen, dass das, was ich sage, nicht immer zu 100 Prozent stimmen kann, aber doch in 90 Prozent der Fälle zutrifft. Früher wurde im Fernsehen zu viel spekuliert. Die Journalisten haben auf große Namen gesetzt und behauptet, Ibrahimovic könne im Sommer zu Milan wechseln. Bei Sky Italia ziehen wir es vor, über realistische Deals zu sprechen. So haben wir in den letzten Jahren die Transferberichterstattung im italienischen Fernsehen verändert. Wir brauchen keine großen Namen, um Publikum zu generieren. Wir wussten auch vom Ibrahimovic-Gerücht, doch uns war klar, dass PSG ihn nie abgeben würde.

SPOX: Spätestens seit der Exklusivmeldung von Pep Guardiolas Wechsel zu Bayern München gelten Sie als einer der einflussreichsten Transferreporter in ganz Europa und haben weit über 500.000 Follower auf Twitter. Wird die tägliche Arbeit durch die steigende Bekanntheit leichter oder schwerer?

Di Marzio: Das macht die Arbeit leichter! Durch diese Anerkennung bekomme ich mehr Informationen und auch bei den Klubs gewinne ich an Ansehen. Als ich dem Besiktas-Geschäftsführer in Italien vorgestellt wurde, wusste er sogar wie viele Follower ich auf Twitter habe und war froh, mich kennenzulernen.

SPOX: Den Wechsel Guardiolas meldeten Sie im Januar 2013 als Erster. Was glauben Sie macht er im Sommer?

Di Marzio: Ich glaube, dass Pep in die Premier League wechseln wird, falls er Bayern verlässt. Manchester City wäre ein guter Klub. Sie wollten ihn bereits im Sommer für die aktuelle Saison verpflichten, aber damals hat er sich entschieden, bei Bayern zu bleiben. City wird versuchen, ihn abzuwerben, aber noch ist nichts entschieden. Uns könnte ein interessanter Sommer auf dem englischen Trainermarkt bevorstehen. Mourinho steht bei Chelsea unter Druck, auch für Wenger und Pellegrini könnte es nach einer titellosen Saison eng werden. Es hängt ganz allein von Pep ab.

SPOX: Welche Ziele haben Sie noch als Journalist? Werden Sie künftig verstärkt internationale Gerüchte aufarbeiten?

Di Marzio: Mein Traum ist es, eines Tages nicht nur als italienischer, sondern als internationaler Transferexperte bekannt zu sein. In diesem Sommer habe ich mich zum Beispiel auch auf Transfers der türkischen Liga mit Vereinen wie Fenerbahce, Besiktas und Galatasaray konzentriert und dafür eine Menge Komplimente erhalten. Auf Twitter habe ich 6.000 Retweets auf Robin van Persies Wechsel zu Fenerbahce bekommen. Das war für mich ein großer Erfolg.

SPOX: Sowohl für Ihre wöchentliche Sendung als auch für Ihre Website brauchen sie täglich neue News. Wie schwer ist es, ständig zuverlässige Transfernews zu kreieren?

Di Marzio: Während des Transferfensters ist das ganz einfach, weil täglich etwas passiert. Im Oktober oder November ist es natürlich schwerer herauszufinden, welche Spieler die Vereine beobachten. Im Sommer ist das ein 24-Stunden-Job, weil man ständig erreichbar sein muss. Das ist auch für mich nicht ganz einfach, da ich am liebsten ständig wach wäre, weil in jedem Moment etwas passieren könnte.

SPOX: Sie werden also auch mitten in der Nacht aus dem Bett gerissen?

Di Marzio: Ich bekomme jeden Tag eine Menge Nachrichten, auch nachts. Meine Frau hasst mich dafür. Sie hat im Sommer Probleme zu schlafen, weil mein Handy im Schlafzimmer oft mitten in der Nacht klingelt. Aber sie muss damit leben können, denn gewissermaßen hat sie mich und mein Telefon geheiratet. Eines Nachts wachte sie auf und sah, dass ich heimlich Nachrichten schrieb. Sie dachte, ich würde einer anderen Frau schreiben, doch als sie genauer nachsah, stellte sie erleichtert fest, dass ich im Schlaf irgendwelche Meldungen verschickte.

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SPOX: Selbst normale Fans können für Sie zu Quellen werden. Wie geht das vonstatten?

Di Marzio: Das passierte durchaus öfter in den letzten zwei, drei Jahren. Manchmal schicken mir die Leute auch Falschmeldungen, weil sie Spaß machen wollen. Aber in manchen Fällen schicken mir meine Follower auf Twitter wichtige Hinweise, so bedeutend wie beim Wechsel von Carlos Tevez zu Juventus Turin waren sie bisher aber selten.

SPOX: Wie erfuhren Sie von diesem Deal?

Di Marzio: Ein Fan, der als Tellerwäscher in England arbeitet, schrieb mir nachts eine E-Mail, dass sich in seinem Restaurant Carlos Tevez und die Juve-Verantwortlichen um Trainer Antonio Conte zum Essen getroffen hätten. Tags darauf rief ich Manager Guiseppe Marotta an und fragte ihn: 'Wie hat das Essen in London geschmeckt?' Als daraufhin einige Sekunden Stille am Telefon eintrat, wusste ich, dass an dem Gerücht was dran war. Wir vereinbarten letztlich, dass wir nur von Juventus' Interesse an Tevez berichten würden, weil ManCity zum damaligen Zeitpunkt nichts von diesem Treffen wusste.

SPOX: Von Arturo Vidals bevorstehendem Wechsel zum FC Bayern in diesem Sommer erfuhr man zuerst in Ihrer Sendung. Bitte erklären Sie uns die Hintergründe.

Di Marzio: Der Wechsel von Arturo Vidal ging innerhalb von nur zwei, drei Tagen vonstatten. Die Bayern beobachteten Vidal seit Monaten, waren sich aber nicht sicher, ob sie aufgrund seiner Skandale außerhalb des Spielfeldes ein Angebot unterbreiten sollten. In Wahrheit wollte Juve Vidal aber ohnehin verkaufen. Sie wussten, dass angesichts seines Alters und dem Triumph bei der Copa America nun der perfekte Zeitpunkt war, um möglichst viel Geld mit ihm zu machen. Innerhalb von zwei Tagen einigten sich beide Vereine und auch Vidal war zufrieden, weil er in München mehr Geld verdienen konnte.

SPOX: Wann genau haben Sie vom Transfer erfahren?

Di Marzio: Ich habe die Nachricht eine Nacht vor der Einigung bekommen. Niemand hatte bislang darüber gesprochen, also ließ ich mir das Gerücht von Juventus bestätigen und sie sagten mir, dass sie versuchen würden, eine Einigung mit Bayern zu finden. Bei Mateo Kovacic' Wechsel zu Real Madrid war es sehr ähnlich: Inter wartete nur auf das richtige Angebot, weil sie Geld für ihre Transfers benötigten.

SPOX: Gerüchte gab es im Sommer auch um einen Wechsel von Mario Götze zu Juventus Turin.

Di Marzio: Das Gerücht um einen Götze-Wechsel zu Juventus war Nonsens. Immer wenn ich bei Juventus anrief, teilte man mir mit, dass es keine Möglichkeit gäbe, Mario Götze zu verpflichten. Bayern war nicht gewillt, den Spieler abzugeben und Götze war sich ja selbst nicht sicher, ob er die Liga verlassen sollte. Obendrein konnte und kann er bei Bayern mehr Geld verdienen.

SPOX: Anders schien die Sachlage bei Julian Draxler...

Di Marzio: Bei Draxler war es anders, er wollte nach Turin. Juve arrangierte ein Meeting, wollte jedoch keine 30 Millionen Euro ausgeben, weil man aufgrund von Draxlers Verletzungshistorie nicht hundertprozentig überzeugt war. Juve bot einen niedrigeren Fixbetrag in Verbindung mit einer Einsatzprämie für Schalke, doch der Verein bestand auf seiner Forderung. Wenige Tage vor Transferschluss wagte Juventus einen neuen Anlauf, aber da war es schon zu spät.

SPOX: Draxler wechselte innerhalb der Bundesliga zum VfL Wolfsburg.

Di Marzio: Wolfsburg hatte gerade Kevin De Bruyne verkauft und bot Schalke 36 Millionen Euro plus Bonuszahlungen. Draxler hatte eine persönliche Einigung mit Juventus Turin, doch der VfL kam zu ihm und seinem Vater, offerierte mehr Gehalt sowie die Möglichkeit, in der Bundesliga zu bleiben. Am Ende behauptete Turin, dass sie den Spieler gar nicht haben wollten, doch sie hatten einfach keine Chance. Wenn man einen Spieler in der Bundesliga will, kann man die Verhandlungen nicht über 30, 40 Tage hinziehen. Man muss schnell sein und innerhalb ein oder zwei Tagen zuschlagen.

SPOX: Die Klubs der italienischen Liga gaben mit 551 Millionen Euro in diesem Sommer wieder deutlich mehr aus als in der Vergangenheit. Wie bewerten Sie diesen Trend? SPOX

Di Marzio: Ich bin froh, dass die italienischen Vereine wieder mehr Geld ausgeben. Im letzten Sommer nahmen die Klubs nur wenig Geld in die Hand und holten international vergleichsweise unbedeutende Spieler. Die Serie A hat auf dem Transfermarkt an Einfluss verloren. Die Spieler wechseln nun lieber in die Bundesliga, nach Spanien, England oder sogar in die Türkei. Ich hoffe, dass wir mit diesen Transfers international wieder konkurrenzfähiger werden.

SPOX: Investiert wurde bislang mit unterschiedlichem Ausgang. Wer hat Ihrer Meinung nach den besten Job gemacht?

Di Marzio: Milan hat eine Menge Geld für Akteure ausgegeben, die erst langfristig helfen könnten. 20 Millionen Euro für Bertolacci, 25 Millionen Euro für Romagnoli - das war viel zu viel für Spieler, die bei Vereinen wie Genua und Sampdoria keine internationale Erfahrung sammeln konnten. Inter dagegen hat einen sehr guten Job gemacht. Mit Jovetic, Miranda, Murillo und Kondogbia haben sie erfahrene Spieler geholt und damit den Rückstand auf die Topteams wettgemacht. Ich denke, Inter kann sich am Ende der Saison in den Top 3 einreihen.

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