SPOX: Herr Di Marzio, Ihr Vater Gianni war Trainer in der Serie A und gilt als einer der Entdecker von Diego Maradona. Wie kommt es, dass Sie auf die andere Seite gewechselt sind und Reporter wurden?
Di Marzio: Ich selbst war kein großartig talentierter Fußballer. Also habe ich als Journalist in einem kleinen Lokalsender angefangen. Und da mein Vater Vereine wie Napoli, Genua oder Palermo trainiert hat, konnte ich mit seiner Hilfe Kontakte in Italien und ganz Europa knüpfen.
SPOX: Sind Kontakte das A und O eines Transferreporters?
Di Marzio: Es ist wichtig, nicht nur Kontakte zu besitzen, sondern diese auch richtig zu nutzen. Man muss zu den Leuten im Profigeschäft eine gute Beziehung aufbauen. Ich mag es nicht sonderlich, mir die Informationen von irgendwelchen Websites zu besorgen. Ich bevorzuge es, mit den verantwortlichen Managern und Klubchefs selbst zu sprechen. Ich bin ein korrekter Journalist.
SPOX: Als Transferexperte enthüllen Sie meist Meldungen, die in den Augen der Klubs besser geheim bleiben sollten. Gibt es ab und an Probleme mit den Vereinen?
Di Marzio: Auch das passiert. Es gibt immer wieder komplizierte Vorgänge wie beispielsweise die Verhandlungen zwischen der Roma und Genua über einen Wechsel von Juan Iturbe im Sommer. Ich habe den Deal in meiner Sendung verkündet, obwohl er noch nicht hundertprozentig fix war. Das hat den Transfer im Nachhinein beeinträchtigt und zerstört. Genuas Präsident Enrico Preziosi rief daraufhin an und beschimpfte mich. Er war der Meinung, dass Iturbe ohne mich zu Genua gewechselt wäre. Tatsächlich hatte die Roma kurzfristig ihre Meinung geändert. Daran hatte ich keine Schuld.
SPOX: Wie oft stellen sich Gerüchte, die Ihnen zu Ohren kommen, im Endeffekt als falsch heraus?
Di Marzio: Die Leute vertrauen mir mittlerweile. Sie wissen, dass das, was ich sage, nicht immer zu 100 Prozent stimmen kann, aber doch in 90 Prozent der Fälle zutrifft. Früher wurde im Fernsehen zu viel spekuliert. Die Journalisten haben auf große Namen gesetzt und behauptet, Ibrahimovic könne im Sommer zu Milan wechseln. Bei Sky Italia ziehen wir es vor, über realistische Deals zu sprechen. So haben wir in den letzten Jahren die Transferberichterstattung im italienischen Fernsehen verändert. Wir brauchen keine großen Namen, um Publikum zu generieren. Wir wussten auch vom Ibrahimovic-Gerücht, doch uns war klar, dass PSG ihn nie abgeben würde.
SPOX: Spätestens seit der Exklusivmeldung von Pep Guardiolas Wechsel zu Bayern München gelten Sie als einer der einflussreichsten Transferreporter in ganz Europa und haben weit über 500.000 Follower auf Twitter. Wird die tägliche Arbeit durch die steigende Bekanntheit leichter oder schwerer?
Di Marzio: Das macht die Arbeit leichter! Durch diese Anerkennung bekomme ich mehr Informationen und auch bei den Klubs gewinne ich an Ansehen. Als ich dem Besiktas-Geschäftsführer in Italien vorgestellt wurde, wusste er sogar wie viele Follower ich auf Twitter habe und war froh, mich kennenzulernen.
SPOX: Den Wechsel Guardiolas meldeten Sie im Januar 2013 als Erster. Was glauben Sie macht er im Sommer?
Di Marzio: Ich glaube, dass Pep in die Premier League wechseln wird, falls er Bayern verlässt. Manchester City wäre ein guter Klub. Sie wollten ihn bereits im Sommer für die aktuelle Saison verpflichten, aber damals hat er sich entschieden, bei Bayern zu bleiben. City wird versuchen, ihn abzuwerben, aber noch ist nichts entschieden. Uns könnte ein interessanter Sommer auf dem englischen Trainermarkt bevorstehen. Mourinho steht bei Chelsea unter Druck, auch für Wenger und Pellegrini könnte es nach einer titellosen Saison eng werden. Es hängt ganz allein von Pep ab.
SPOX: Welche Ziele haben Sie noch als Journalist? Werden Sie künftig verstärkt internationale Gerüchte aufarbeiten?
Di Marzio: Mein Traum ist es, eines Tages nicht nur als italienischer, sondern als internationaler Transferexperte bekannt zu sein. In diesem Sommer habe ich mich zum Beispiel auch auf Transfers der türkischen Liga mit Vereinen wie Fenerbahce, Besiktas und Galatasaray konzentriert und dafür eine Menge Komplimente erhalten. Auf Twitter habe ich 6.000 Retweets auf Robin van Persies Wechsel zu Fenerbahce bekommen. Das war für mich ein großer Erfolg.
SPOX: Sowohl für Ihre wöchentliche Sendung als auch für Ihre Website brauchen sie täglich neue News. Wie schwer ist es, ständig zuverlässige Transfernews zu kreieren?
Di Marzio: Während des Transferfensters ist das ganz einfach, weil täglich etwas passiert. Im Oktober oder November ist es natürlich schwerer herauszufinden, welche Spieler die Vereine beobachten. Im Sommer ist das ein 24-Stunden-Job, weil man ständig erreichbar sein muss. Das ist auch für mich nicht ganz einfach, da ich am liebsten ständig wach wäre, weil in jedem Moment etwas passieren könnte.
SPOX: Sie werden also auch mitten in der Nacht aus dem Bett gerissen?
Di Marzio: Ich bekomme jeden Tag eine Menge Nachrichten, auch nachts. Meine Frau hasst mich dafür. Sie hat im Sommer Probleme zu schlafen, weil mein Handy im Schlafzimmer oft mitten in der Nacht klingelt. Aber sie muss damit leben können, denn gewissermaßen hat sie mich und mein Telefon geheiratet. Eines Nachts wachte sie auf und sah, dass ich heimlich Nachrichten schrieb. Sie dachte, ich würde einer anderen Frau schreiben, doch als sie genauer nachsah, stellte sie erleichtert fest, dass ich im Schlaf irgendwelche Meldungen verschickte.
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