Deutschlands Lichtgestalt Franz Beckenbauer muss den Platzverweis von der weltweiten Fußball-Bühne fürchten: Nach Abschluss der Ermittlungen zur Rolle des 70 Jahre alten Idols bei der Vergabe der WM-Turniere 2018 an Russland und 2022 an Katar muss die rechtsprechende Kammer der Ethikkommission des Weltverbandes FIFA über Sanktionen gegen den "Kaiser" entscheiden.
Beckenbauer, der seit Ende vergangener Woche auch wegen des Korruptionsverdachts über der Vergabe des WM-Turniers 2006 an Deutschland mit Problemen zu kämpfen hat, scheint durch die Untersuchungen der ermittelnden Kammer der FIFA-Ethiker nicht vollends entlastet worden zu sein.
Theoretisch nämlich hätte das Verfahren gegen den Weltmeisterkapitän von 1974 und Teamchef der deutschen Weltmeister-Elf von 1990 auch eingestellt werden können und nicht weitergeleitet werden müssen. Beckenbauers Management reagierte auf eine SID-Anfrage nach einer Reaktion des früheren Rekordnationalspielers zunächst noch nicht.
Eine möglich Strafe wird allerdings anders als gewohnt nicht der Münchner Richter Hans-Joachim Eckert treffen. Der Chef der rechtsprechenden Kammer gilt als Landsmann als befangen, sodass stattdessen der Australier Alan Sullivan das Urteil fällt. Einen Zeitpunkt für die Verkündung des Urteils nannte die FIFA-Kommission am Mittwoch nicht.
Wegen mangelnder Kooperation mit den FIFA-Fahndern war Beckenbauer im Sommer 2014 bereits vorübergehend suspendiert worden. Seinerzeit hatte das ehemalige Mitglied der FIFA-Exekutive, das bei den WM-Entscheidungen 2018 und 2022 mitgestimmt hatte, auch auf die Reise zur WM-Endrunde in Brasilien verzichtet.
Auch Niersbach unter Verdacht
Erst zwei Wochen nach Aussprechen der Sperre und signalisierter Kooperationsbereitschaft wurde die Sanktion Beckenbauers wieder aufgehoben. Seine als unzureichend bewertete Zusammenarbeit mit den Ethikern erläuterte Beckenbauer damals jedoch noch mit den lediglich in englischer Sprache aufgeführten Fragen des damaligen Chefermittlers Michael J. Garcia (USA).
Beckenbauer hatte nur kurze Zeit nach dem Zuschlag für Russland eine Repräsentanten-Aufgabe beim russischen Energieriesen Gazprom erhalten. Auch in Bezug zu Katar waren dem "Kaiser" geschäftliche Interessen unterstellt worden.
Keine Angaben machten die FIFA-Ermittler trotz ihrer erst am vergangenen Dienstag erweiterten Auskunftsbefugnisse zu laufenden Verfahren zur etwaigen Einleitung von Untersuchungen gegen die deutschen WM-Macher von 2006.
Nach den Bestechungsvorwürfen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel aus der vergangenen Woche müssen besonders Beckenbauer als damaliger Präsident des Bewerbungs- und späteren Organisationskomitees als auch Präsident Wolfgang Niersbach vom DFB als damaliger OK-Vize Untersuchungen des Weltverbandes befürchten. Hintergrund ist die weiterhin ungeklärte Zahlung von 6,7 Millionen Euro des WM-OK an die FIFA.
Endgültige Entscheidung erwartet
Wie Beckenbauer droht auch dem spanischen Verbandschef Angel Maria Villar Llona die "Rote Karte". Die FIFA-Untersuchungen auf Basis des weiterhin unveröffentlichten Garcia-Reports zu den Umständen der beiden umstrittenen WM-Vergaben gegen den Vizepräsidenten der UEFA und Angehörigen der FIFA-Exekutive beziehen sich auf die Bemühungen des Ex-Nationalspielers bei Spaniens Bewerbung um die WM-Endrunde 2018.
Die ermittelnde Kammer bestätigte außerdem am Mittwoch die Fortführung der Ermittlungen gegen den suspendierten FIFA-Chef Joseph S. Blatter (Schweiz), den gleichfalls vorläufig gesperrten UEFA-Boss Michel Platini (Frankreich) und den schon von der FIFA zuvor abgesetzten Generalsekretär Jerome Valcke (Frankreich).
"Die ermittelnde Kammer tut alles in ihrer Macht stehende, dass innerhalb der 90-tägigen Suspendierung von Herrn Blatter und Herrn Platini eine endgültige Entscheidung gefällt werden kann", teilte das Gremium mit.