1 und 0 plus 5 macht 6

Oliver BirknerFrank Oschwald
02. November 201518:37
Ganz einfach Mathematik, er ist die Nummer eins: Paul Pogbagetty
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Diese Woche haben die Blitzlichter aus Europa ein wahres Potpourri an Skurrilitäten zu bieten. In Italien hilft ganz einfache Mathematik, um wieder in die Spur zu kommen. Während in der Premier League die Polizei ganz neue Wege in den sozialen Medien geht. Und in Spanien? Ach ja, da ist der FC Barcelona ziemlich mies.

Serie A

Von Oliver Birkner

Suizid des Spieltags: Das Derby würde manch Tifoso des FC Turin gerne aus dem Kalender streichen. Es bedeutete ohnehin oftmals eine ungemütliche Angelegenheit, den Rivalen Juventus zu treffen. Erst im vergangenen April gelang ein Sieg, auf den man 20 Jahre lang warten musste und zwischen 2002 und 2014 erzielte man nicht mal ein Tor. Jenes Tor fiel dann endlich am 30. November 2014 zum 1:1, doch Andrea Pirlo erstickte die Glücksgefühle per Freistoß sechs Sekunden vor Ablauf der dritten und letzten Nachspielminute. Dass solch eine unangenehme Eisenstange an die Schläfe kracht, wiederholt sich zum Glück selten, dachten die Gästefans, als sie das hochverdiente 1:1 im Juventus Stadium besangen, und Juve den finalen Angriff startete.

Der eingewechselte Alex Sandro feuerte eine Hereingabe von links in den Sechzehner, der ebenfalls eingetauschte Juan Cuadrado rutschte samt Ball zum 2:1 über die Linie. Dieses Mal fehlten vier Sekunden der dritten Nachspielminute. "So etwas in diesem Stadion in zwei Spielen hintereinander zu erleben, ist die Hölle", seufzte Torino-Trainer Giampiero Ventura. "Ich habe bei Gigi Buffon nachgefragt, wo ich mich am besten umbringen kann, und er empfahl mir drei, vier günstige Suizid-Orte." Buffon hatte mit zwei überragenden Paraden das 1:1 festgehalten und befand hinterher: "Einfach unfassbar. Der Fußballgott hatte heute seine Finger im Spiel." Sympathisant des FC Turin scheint er nicht zu sein.

Ein wenig weltlicher erklärten sich indes die ansteigende Formkurve und das exzellente Tor von Paul Pogba. Zentnerschwer lag die Last der neuen Nummer zehn auf seinen Schultern, seit einigen Wochen kritzelt der Franzose auf Rat eines Motivations-Coaches deshalb eine +5 auf den Rücken: 1 und 0 plus 5 macht 6, seine vorherige Erfolgsrückendeckung. Das gefällt offenbar auch dem launischen Fußballgott.

Strafzettel des Spieltags: Ein wenig angesäuert meldete sich Toyota kürzlich bei Claudio Lotito. Der Autohersteller hatte dem Lazio-Präsidenten einen Wagen zur Verfügung gestellt und Lotito bedankte sich mit einer Ansammlung von Strafzetteln wegen überhöhter Geschwindigkeit in Höhe von 70.000 Euro. Toyota zahlte bereits und kommt nun doch schon auf die kongeniale Idee, das Geld per Gerichtsverfahren zurückzufordern.

Signor Presidente weigert sich mit der Erklärung: "Mein Fahrer genießt den Status einer staatlichen Leibwache, und darf deshalb das Limit übertreten. Diese Strafzettel mussten nicht beglichen werden." Wäre ja auch noch schöner, wenn sich ein Calcio-Patron unsinnigen km/h-Vorschriften unterknechten müsste. Die Roma echauffierte sich ebenso. Man hakte bei Toyota nach, warum der prominente AS-Sponsor bitteschön dem Rivalen Lazio ein Auto zur Verfügung stellt? Im Vergleich zu dieser infernalen Toyota-Bredouille sind die VW-Probleme wahrlich Kinkerlitzchen.

Und sonst? Palermos Präsident Maurizio Zamparini ist nicht für Nibelungentreue bekannt. In 25 Jahren Fußballgeschäft feuerte der 74-Jährige bereits stattliche 44 Mal den Trainer. Dem aktuellen Coach Giuseppe Iachini droht nun ebenfalls Ungemach. "Er gibt sich bei Auswärtsfahrten schon vorher geschlagen, bei solch einer Idiotie spare ich mir doch lieber das Reisegeld. Und wer sich taktische Fehler erlaubt, Higuain nicht in Manndeckung zu nehmen, müsste einen Arschtritt erhalten", schnaubte Zamparini nach der Niederlage in Neapel. Bei einer Pleite am heutigen Montag gegen Empoli könnte der ungemütliche Tritt durchaus folgen. Vor dem verdienten Ruhestand will Zamparini die 50 schließlich noch vollmachen.

Serie A: 1 und 0 plus 5 macht 6

Premier League: "I have nothing to say"

Primera Division: Mies. Mieser. Barcelona.

Premier League

Von Frank Oschwald

Scherzkekse des Spieltags: Es bedarf einer gewissen Prise des rabenschwarzen, trockenen, britischen Humors, um den folgenden Absatz auch tatsächlich ansatzweise komisch zu finden. Und mit Prise meinen wir einen ganzen Sack. Nein, eine ganze LKW-Ladung. Angefangen hatte alles am Sonntagmittag in Liverpool. Dort ging bei der städtischen Polizei via Twitter von einer unbekannten Person eine Art Notruf ein. "Hallo. Ich würde gerne eine Vergewaltigung melden. Vorgefallen im Goodison Park, Liverpool, am 1. November um 15 Uhr", war dort zu lesen.

Dass damit statt einer tatsächlichen Straftat vielmehr der AFC Sunderland gemeint war, der von Everton mit 2:6 zerpflückt wurde, mag den meisten zwar klar gewesen sein. Das hinderte die Kasper von der Polizei jedoch nicht daran, den zweifelhaften Spaß mitzumachen. Zwar fragten sie im ersten Satz etwas unsicher nach, ob es denn wirklichen ein Witz gewesen sei. Danach zeigten sich die Spaßvögel dann aber von ihrer ganz witzigen Seite: "Sunderland hat ganz sicher die Hose unten", stand auf dem offiziellen Account der Merseyside Police. Etwas später wurde der Tweet gelöscht, man entschuldigte sich und kündigte Ermittlungen im eigenen Hause an.

Nicht weniger ulkig fühlten sich die Polizisten in Manchester. Bezugnehmend auf die etwas dürftigen Vorstellungen des Herrn Rooney in den letzten Spielen twitterte man vom offiziellen Account der Greater Manchester Police: "Vermisste Person: Wayne Rooney. Zuletzt mit einem roten Shirt in der Trafford-Area gesehen. Hinweise bitte an die Kollegen." Ob das von einem offiziellen Polizei-Account sein muss, sei mal dahingestellt. Letztlich ist für die meisten United-Fans aktuell sowieso unerklärlich, warum Rooney nicht auf der Bank landet. Die Kollegen des Wettportals Paddy Power haben die Erklärung gefunden. Er scheint ein gutes Druckmittel gegen van Gaal zu haben...

Wir fragten exklusiv bei Chelsea-Coach Jose Mourinho, was er zu den Polizei-Tweets in Manchester und Liverpool zu sagen hatte. "I have nothing to say", so der Portugiese.

Torjubel des Spieltags: Um die folgende Geschichte zu verstehen, müssen wir kurz ein wenig zurückspulen. Letzte Woche fand das Tyne-Wear-Derby zwischen Sunderland und Newcastle statt. Sunderland fuhr beim 3:0 einen wichtigen Dreier im Abstiegskampf ein. Doch eine Szene sorgte in der Nachbetrachtung der Partie für Aufsehen. In der Hauptrolle: Adam Johnson. Der setzte nach seinem 1:0-Führungstreffer zum Torjubel an. Er breitete - wie 7,2 Millionen Fußballer bereits vor ihm - beide Arme aus und sprintete wie ein Irrer quer über den Rasen. 1000 Mal gesehen, 1000 Mal ist nichts passiert. Doch genau diese Aktion brachte einige Newcastle-Fans zur Weißglut. Auch der Daily Telegraph baute die Szene mit in den Spielbericht ein.

"Einige reklamierten, dass dies eine gehässige und provokative Geste des Engländers gewesen sei", war im Bericht zu lesen. Johnson wurde vorgeworfen, beim Torjubel auf die abgestürzte Malaysia-Airlines-Maschine zu verweisen. Dort kamen im März 2014 zwei Newcastle-Fans ums Leben. Ein Vorwurf, so untragbar wie eine in Gleitgel eingeriebene Bowlingkugel ohne Löcher. "Johnson sollte sich für das Vergehen entschuldigen - Absicht oder nicht", so das Blatt. 24 Stunden später folgte ein Artikel mit der Überschrift: "Adam Johnson - eine Entschuldigung". Dort stand unter anderem geschrieben: "Wir akzeptieren, dass der Torjubel absolut nichts mit dem tragischen Tod vieler Menschen zu tun hatte." Ach so! Der normalste Torjubel der Welt hat nichts mit dem tragischen Tod zweier Newcastle-Fans von vor eineinhalb Jahren zu tun. Gut kombiniert, die Herren. Wir erkundigten uns bei Jose Mourinho, was er zu den Vorwürfen zu sagen hatte: "I have nothing to say".

Anything else: Mario Jardel unterlief zuletzt ein kleines Missgeschick. Er passte einmal nicht auf - und zack - stand er mit über 10 Kilogramm Fisch am Flughafen und wurde von der örtlichen Behörde aus dem Verkehr gezogen. Der Ex-Stürmer, der unter anderem auch für Bolton auf Torejagd ging, versuchte, nach einem Urlaub in Portugal mal eben, einen ganzen Koffer voller Fisch durch den Zoll in Porto Alegre zu schmuggeln. Hinzu kamen mehrere Tüten Nüsse und 1,2 Kilogramm Käse. Da dies jedoch verboten ist, wurde das komplette Essen noch am Flughafen zerstört. Die Facebook-Veranstaltung "Fische-Käse-Nuss-Party" wurde kurz darauf abgesagt. Ein Statement dazu, Herr Mourinho? "I have nothing to say!"

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Premier League: "I have nothing to say"

Primera Division: Mies. Mieser. Barcelona.

Primera Division

Von Frank Oschwald

Halloween des Spieltags: Getafes Victor Rodriguez wusste bei der PK nach dem Spiel nicht wirklich, wie ihm geschieht. Wie bei einer mündlichen Prüfung saß der 1,66 Meter kleine Dribbler eingeschüchtert auf dem Podest und wollte gerade zur Erklärung nach der 0:2-Pleite ausholen. "Ich glaube, dass...", startete Rodriguez, als laute Schreie aus dem Nebenzimmer des Presseraumes ertönten. Rodriguez blickte sich um und führte seinen Satz etwas verstört weiter. Doch die Schreie wurden stets lauter. Weniger Sekunden später tauchten passend zu Halloween vier Monster vor dem Podest des Presseraumes auf und brüllten sich die Seele aus dem Leib. Irgendwelche Spinner hatten sich in die Katakomben geschlichen und wollten die Pressekonferenz des Spiels stören.

Der Abtransport der vier Quatschköpfe verlief jedoch ohne Probleme. Nur Augenblicke nach dem großen Tamtam schlichen die scheinbar reumütigen Störenfriede davon. Zurück blieb ein völlig konsternierter Rodriguez, der etwas gezwungen lächelte. Anders als bei sonstigen Flitzer-Aktionen irrer Fans meldeten sich die Störenfriede wenig später mit einem Entschuldigungsschreiben. "Es war nicht unsere Absicht, die Spieler von Getafe zu beleidigen". Der Zwischenfall sei unglücklich und nicht geplant gewesen. Darunter war der Absender des Briefes zu lesen: "Viele Grüße, die erste Mannschaft des FC Barcelona". Offenbar wollten diese ihren Trainer überraschen. Der war allerdings nicht bei der PK. Wir präsentieren deshalb: den miesesten Halloween-Prank aller Zeiten.

App des Spieltags: Apropos Getafe...da war doch was? Wie die Schnitzel haben wir uns seit zwei Wochen auf das nächste Heimspiel des Teams gefreut. Um Gottes willen, nicht wegen dem bezaubernden Fußball. Beim letzten Spiel zu Hause führte der innovative Klub aus dem Vorort von Madrid die Dating-App Getafinder ein, die ähnlich wie Tinder funktionieren soll. Dort können sich interessierte Menschen verabreden. Einfach zum Quatschen oder so. Aber halt im Stadion. Während des Spiels. Oder so. Was auch immer, wir wissen doch auch nicht genau. Vielleicht ist die Geschäftsidee auch noch nicht zu 100 Prozent durchgedacht. Doch wir sind bereits jetzt große Fans dieser App. Am Wochenende gab's nun die zweite Partie mit der neuen App, die neue Fans ins Stadion locken sollte. Und siehe da, die Fans strömen ins Stadion! In der Prä-Getafinder-Zeit war der Zuschauerschnitt bei gut 6000 Fans. Am Wochenende platzte das Coliseum Alfonso Perez mit über 10.000 Fans im Vergleich fast aus allen Nähten.

Jetzt mag der ein oder andere spitzfindige Leser vielleicht sagen: "Jahaaa! Es ging ja aber auch gegen den großen FC Barcelona!" Das stimmt natürlich. Aber auch im Vergleich zum letzten Heimspiel gegen Barca erhöhte man den Zuschauerschnitt um mehr als 500 Fans. Dass das jetzt ein vogelwildes Argument ist und sich mit dieser Herleitung jeder Statistiker sofort die Augen ausstechen würde, wissen wir auch. Die weiteren tollen Gegenargumente liefern wir nach, wenn uns welche einfallen. Dennoch: Die App muss gepusht werden! In neun Monaten ernten wir die Früchte, Getafe-Fans!

Algo mas? Bei all den Ronaldo- und Messi-Lobhudeleien müssen wir jetzt auch mal einen heimlichen Star der Liga würdigen. Bereits sieben Hütte erzielte Vigos Nolito in dieser Saison. Am Wochenende kam beim 3:2-Sieg gegen Real Sociedad mittels Vorlage ein Scorerpunkt hinzu. Eine Momentaufnahme? Nicht wirklich. In den letzten zwei Runden kommt der Spanier auf insgesamt 36 Torbeteiligungen (20+16). Mehr schafften in dieser Zeit nur Neymar (39), Messi (68) und Ronaldo (74). Und hinter diesen drei Herren kann man sich schon mal einsortieren.

Serie A: 1 und 0 plus 5 macht 6

Premier League: "I have nothing to say"

Primera Division: Mies. Mieser. Barcelona.