Während sich in Italien eine Fortsetzung der Independent-Film-Sensation "Ziemlich beste Freunde" abzeichnete und sich zudem Gennaro Gattuso selbst vom Platz stellte, hatten die Engländer ganz andere Probleme. Im Spiel von Leicester gegen West Ham hielt der europäische Fußball Einzug in die Premier League. Und in LaLiga? Das ist schlichtweg der Fiskus an der größten Krise des FC Barcelona seit Menschengedenken verantwortlich.
Serie A
von Oliver Birkner
Kartenspiel des Spieltags: Zum Vorspiel ein bisschen Flipper im Sechzehner, dann eine rechte Klebe und ab zum Daumenlutscher. So sah Francesco Tottis Karrieretor Nummer 301 im 753. Einsatz für die Roma im Zeitraffer aus. Der Capitano hockte zunächst mal wieder 78 Minuten auf der Bank, ehe er zum 3:3-Ausgleich bei Atalanta traf (85.). Zuvor hatte der 39-Jährige die 2:0-Führung seines Teams erlebt, dann drei Gegentreffer und zur Beilage gefühlte 24 Großchancen, die Edin Dzeko vergab. Auf der Reise von Manchester nach Rom muss sich der Bosnier offensichtlich irgendwo rüde den Kopf gestoßen haben, anders lässt sich seine fatale Strafraum-Amnesie nicht mehr erklären.
Coach Luciano Spalletti hätte wegen des dürftigen Remis am liebsten alle seiner Untertanen durchgeschüttelt und fauchte in der Kabine: "Ihr gewinnt nie einen Titel, weil ihr seit zehn Jahren einen absoluten Scheiß zusammenkickt." Totti wagte zu widersprechen und erfuhr prompt den nächsten Donnerhagel: "Und du sei still - spielst bis 2 Uhr morgens dämlich auf dem Zimmer Karten..." Vielleicht Quartett mit Dzeko. In jedem Fall degradierte der Zwist beinahe zum Nahkampf, hätten die Mitspieler nicht eingegriffen. Später notierte Spalletti in die Blöcke: "Totti hat gar nichts gerettet, die Mannschaft hat sich gerettet. Wir haben neun Spiele ohne ihn gewonnen und dieses Tor macht Francesco selbst mit 43 noch. Natürlich hat er in der letzten Partie auch ein Tor vorbereitet - doch mit vier weiteren guten Zuspielen wären es fünf gewesen."
Nein, beide werden künftig sicher keine Humoresken beim Kartenspielen austauschen. Freilich kann man Tottis Einsätze dosieren oder über seinen Wunsch des Weitermachens diskutieren - ihn despektierlich zu behandeln, ist hingegen absolut überflüssig.
TV-Beweis des Spieltags: Da ist er also endlich, der lang ersehnte TV-Beweis. Italien wollte ihn experimentell eigentlich erst in der nächsten Saison bei drei Sonntagkicks einführen, doch Referee Nicola Rizzoli dachte sich offenbar: Na komm, die paar Monate... Den verdutzten Genoa-Coach Gian Piero Gasperini schickte er zum Start der zweiten Hälfte auf die Tribüne, da ja auch die Kameras Gasperinis zu heftiges Protestieren über die Nachspielzeit der ersten Hälfte bewiesen hätten. Solch akribische Aufklärungsarbeit kniffliger Szenen wird uns also bald erfreuen. Man könnte es gewiss auch wie Gennaro Gattuso halten. Der aktuelle Pisa-Trainer hüpfte im toskanischen Derby gegen Pontedera (1:1) über einen nicht gegebenen Elfer dermaßen im Dreieck, dass er nach der Beschwerdetirade mit den Worten "Und jetzt stelle ich mich auch gleich selbst vom Platz, leck mich!" grußlos auf die Tribüne wanderte. Wohl die erste eigenhändig verhängte Rote Karte eines Coaches. Grande Gennaro!
Und sonst? Einige fantastische Tore fielen an diesem 33. Spieltag, doch niemand reichte Andrea Consigli das Wasser. Mit einem Eintrag fürs Fußball-Lehrbuch sah der Sassuolo-Keeper am milden Florenz-Nachmittag verzückt einen Rückpass auf sich zurollen, um ihn dann imposant versiert ins eigene Tor zu schieben. Da behaupte noch jemand, Manuel Neuers Philosophie sei die Zukunft.
Premier League
von Florian Schimak
Klinsmann des Spieltags: Die Engländer haben in vielen, man möchte fast sagen in allen Bereichen eine andere Fußballkultur als wir. In Sachen Fans und Supporter sind die Jungs auf der Insel schon recht lässig drauf, so dass selbst der BVB das Einmaleins des Kickens verlernt, wenn die Anfield Road einmal in Wallung gerät. Was die Zuschauer in England aber so gar nicht mögen, sind schauspielerische Einlagen. Schwalben, Theatralik und Rumgeheule, wie in deutschen Stadien zuletzt häufiger und in italienischen Arenen fast immer zu sehen, findet man auf englischen Pitches eher selten. Also eigentlich fast gar nicht. Macht er halt einfach nicht, der gute Bobby.
Dass jetzt ausgerechnet Jamie Vardy und damit der Prototyp des Insel-Kicker mit Gelb-Rot wegen einer Schwalbe vom Platz musste, sorgte nicht nur in der Yellow Press für Diskussionen. Vielleicht liegt es an unserem etwas getrübten Blick, was die Sache mit den Schwalben angeht, aber die Aktion an Vardy hätte man auch gut und gerne als Foulspiel werten können. Nun gut, Referee Jonathan Moss beglich seinen Fauxpas umgehend und Pfiff den Hammers in der 83. Minuten mal lässig einen Elfer rein. Bei dem Faller von Winston Reid sind vermutlich selbst Jürgen Klinsmann, dem Erfinder des Dives in der Premier League die Freudentränen gekullert. Dass die Foxes am Ende dennoch ein Remis erzielten und nun wieder einen Schritt näher am Titel sind, lag daran, dass Genosse Moss noch einmal auf den Punkt zeigte. Allerdings verhielt sich Andy Caroll (dieses Mal ohne Wiesn-Playmate-Frisur) im Zweikampf mit Jeffrey Schlupp auch etwas unglücklich.
Throwback des Spieltags: Wäre die Welt in der heutigen Zeit ohne die Sozialen Medien eigentlich besser? Bevor wir uns bei den Blitzlichtern mit solchen tiefgründigen gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen müssen, richten wir einfach unseren Blick nach London. Dort sind die Spurs aus Tottenham einziger "Verfolger" von Leicester City. Garant für die starke Runde ist unter anderem Dele Alli (eigentlich ja Bambidele Jermaine Alli), der eine mehr als vernünftige Debüt-Saison in der Premier League abliefert. Da es inzwischen aber nicht mehr nur auf die fußballerischen Fähigkeiten der Youngster ankommt, sondern auch darauf, dass sie sich als Produkt gut selbst verkaufen können, hat sich der gute Bambidele schon früh gedacht, dass er seine Follower an seinem geistigen Eigentum teilhaben lässt. So hat er als 15-Jähriger bereits Verhandlungstipps für Bill Gates vorgeschlagen. Womit wir wieder auf die Ausgangsfrage zurückkommen...
Anything else?! Dass unser Mesut beim FC Arsenal eine starke Runde spielt, steht außer Frage. Ob er allerdings der allerallerallerbeste Kicker in der bisherigen Premier-League-Saison ist, würden selbst wir Fan-Boys von SPOX nicht sofort mit "Yes!" beantworten. Allerdings sind auch bei uns in der Redaktion nicht alle Gunners-Fans, so wie offensichtlich die Follower von Sky Sports News HQ. Denn 53 Prozent pro Özil beim Voting zum besten Spieler der Premier League? Bei einer Abstimmung mit Vardy (acht Prozent), Dimitri Payet (13 Prozent) und Harry Kane (sieben Prozent)? Nicht auszumalen, was passiert, wenn tatsächlich Sandro Wagner in der nächsten Saison in der Premier League spielt.
Primera Division
von Florian Schimak
Van Gaal des Spieltags: Der FC Barcelona steckt ausgerechnet in der wichtigsten Saisonphase in einer handfesten Krise. Erstmals seit 15 Jahren verloren die Katalanen vier Spiele in Folge. Trainer war damals Sympathikus Louis van Gaal, an den sich die Barca-Anhänger noch genauso gerne erinnern, wie Mitchel Weiser an sein Fotoshooting mit David Alaba. Aber alles nicht so wild, sagt Gerard Pique. Man spiele ja sehr ordentlich und generell hätte man ja lediglich eine Ergebniskrise. Dass Coach Luis Enrique zudem MSN auch nicht einmal im Ansatz eine Verschnaufpause gönnt, hat ebenso wenig etwas mit der Krise zu tun, wie die ewige Steuerdiskussion um Neymar und Leo Messi. So kann man davon ausgehen, dass es in Barcelona derzeit weniger um Belastungssteuerung als um belastenden Steuern geht - hat auch schon SPON festgestellt. Knaller, ne?!
Das würde auch die kleine Ohrfeige von Neymar erklären. In jedem Fall verließen gegen den FC Valencia die gleichen elf Barca-Jungs das Feld, die auch zu Spielbeginn auf selbigem standen. Dass es am Ende tatsächlich lediglich eine Ergebniskrise ist, zeigte Pique in der 90. Minute, in dem er den Ball völlig freistehend aus elf Metern nicht im Valencia-Kasten unterbringen konnte. Dabei hat er lediglich Mimikry betrieben, denn Sekunden zuvor hatte Paco Alcacer gezeigt, warum er seit über 750 Minuten ohne Torerfolg für das Team von Shkodran Mustafi (an dieser Stelle noch nachträglich alles Gute zum 24. Geburtstag) ist. Bei der Niederlage geriet sogar Messis 500. Ligator zur vollkommenen Nebensache.
Ob es sich beim dem Negativlauf des noch amtierenden Champions-League-Siegers tatsächlich um nichts Übermenschliches handelt, darf bei dieser Statistik aber durchaus einmal überdacht werden: Seit dem Tod von Johan Cruyff hat der FC Barcelona kein Ligaspiel mehr gewonnen.
Guti der Woche: Der kommt von Jose Maria Gutierrez höchstpersönlich. Schadenfreude ist auch in Spanien offensichtlich die schönste Freude, denn der ehemalige Real-Kicker hat wenige Sekunden nach dem Schlusspfiff zwischen dem FC Barcelona und dem FC Valencia einen Tweet abgesetzt, der relativ gut beschreibt, was Guti in diesem Moment gefühlt haben dürfte.
Jetzt äußert sich der gute Herr Gutierrez in schöner Regelmäßigkeit durchaus etwas abwertend über die Konkurrenz aus Katalonien, was uns jetzt wieder zur Frage aus der Premier League bringt. Vielleicht müssen wir es inzwischen einfach einsehen, dass Sätze wie "ich hau dich mit Ball über die Bande" oder "Junge, hörst du meine 18er-Alustollen?" der Vergangenheit angehören. Der richtige Trashtalk findet nun auf Twitter statt.
Algo mas?! Fernando Torres hat beim 3:0 Atleticos gegen den FC Granada sein 8. Saisontor erzielt. Mehr Tore in der Liga gelangen El Nino zuletzt in der Saison 2010/11. Damals waren es gigantische zehn Buden für den FC Chelsea. Die Renaissance des Bürschchens bei den Rojiblancos könnte ihm jetzt sogar wieder eine Nominierung für die spanische Nationalmannschaft einbringen, immerhin steht im Sommer eine EM vor der Tür. Sein letztes Länderspiel absolvierte Torres beim abschließenden Gruppenspiel der WM 2014 gegen Australien (3:0, Torres erzielte einen Treffer).
Seine Konkurrenten Diego Costa, Paco Alcacer und Co. bekleckern sich derzeit ja nicht wirklich zwingend mit Ruhm. Gut möglich also, dass Vicente Del Bosque den Stürmer im Sommer mit nach Frankreich nimmt, weil er gar nicht anders kann. Zwar ist Torres inzwischen auch schon 32, wird aber immer aussehen wie 24, was eine Nominierung durchaus rechtfertigen würde. Beschwerden diesbezüglich dürfen gerne in der Kommentarleiste hinterlassen werden.