Als Silva den finalen Elfmeter verwandelte, zog sich Lionel Messi demonstrativ die Kapitänsbinde ab, verkroch sich einsam auf die Ersatzbank und traf seine schockierende Entscheidung noch auf dem Platz. "Für mich ist das Kapitel Seleccion beendet", sagte der fünfmalige Weltfußballer aus Argentinien nach dem mit 2:4 im Elfmeterkrimi verlorenen Copa-America-Finale gegen Chile.
Copa America: Chilenen siegen nach Messi-Patzer
"Es sind nun schon vier Endspiele. Es scheint, nicht mein Ding zu sein. Ich habe alles versucht, es war mein größter Wunsch. Aber ich denke, das war es", sprach der Stürmer, der mit dem FC Barcelona Titel hamstert, aber im Albiceleste-Trikot nach der verlorenen Südamerika-Meisterschaft 2007 zuletzt gar in drei Finals in Folge - bei der WM 2014 gegen Deutschland sowie 2015 und 2016 bei der Copa America - als Anführer versagte. Einige Mitspieler hoffen noch, dass es nicht das letzte Wort von Messi gewesen ist und er am Ende doch im Nationalteam weitermacht.
Das Fußball-Genie, der nie an die WM-Erfolge seines Vorgängers Diego Maradona heranreichte, bestritt 113 Länderspiele für den zweimaligen Weltmeister und löste nach seinem Treffer beim 4:0 im Copa-Halbfinale gegen die USA mit 55 Treffern Gabriel Batistuta als Rekordtorjäger ab. Doch der 29-Jährige konnte zwei Tage nach seinem Geburtstag auch beim Centenario-Turnier in den USA die nun schon 23 Jahre währende Titel-Durststrecke der Gauchos nicht beenden, führte die Gauchos lediglich mit Juniorenteams zum U20-WM-Triumph 2005 und Olympiagold 2008, und war deshalb daheim trotz aller Fußballkunst nie unumstritten.
"Entscheidung ist zum Wohle aller"
"Ausgerechnet ich verschieße den ersten Elfmeter, der so wichtig war, um vorzulegen", fluchte La Pulga und begründete seinen Rücktritt dann: "Die Entscheidung ist zum Wohle aller. Es gibt viele Leute, die sich das gewünscht haben, die sich nicht damit zufrieden geben, wie wir es auch nicht tun, ein Finale zu erreichen und dann nicht zu gewinnen." Nachdem er den Ball über das chilenische Tor gesetzt hatte, zog er sein Trikot aus Verärgerung in die Länge und trottete mit hängendem Kopf vondannen.
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Zuvor hatte sich im MetLife Stadium von East Rutherford das Drehbuch des letztjährigen Finales wiederholt. Vor 82.026 Zuschauern lieferten sich Argentinien und Titelverteidiger Chile in torlosen 120 Minuten einen wahren Abnutzungskampf, der durch die frühen Platzverweise des Ex-Hamburger Marcelo Diaz (29.) nach zwei Fouls gegen Messi sowie des Argentiniers Marcos Rojo (44./Rot) nach hartem Einsteigen gegen den Münchner Arturo Vidal noch verschärft wurde.
Sieben Finalniederlagen seit 1993
Im Elfmeterschießen scheiterte dann zunächst Vidal an Argentiniens Schlussmann Sergio Romero, ehe Messi seinen Versuch weit über das Tor setzte. Die folgenden fünf Schützen, darunter der Leverkusener Charles Aranguiz für La Roja, verwandelten sicher, ehe Chiles Torhüter Claudio Bravo den Schuss von Lucas Biglia hielt und Francisco Silva den letzten Versuch sicher verwandelte.
"Es ist zum Heulen", brachte es Argentiniens Sportzeitung Ole auf den Punkt. Zuletzt jubelten die Gauchos 1993 bei der Südamerika-Meisterschaft. Danach folgten nun schon 17 vergebliche Anläufe auf einen Titel, mit sieben verlorenen Endspiel-Dramen: vier bei der Copa America (2004, 2007, 2015, 2016), eins bei der WM 2014 gegen Deutschland, je eins beim Confed Cup (2005) sowie dessen Vorgänger König-Fahd-Pokal (1995).
"Mannschaften, die zusammenhalten, gewinnen Turniere", betonte dagegen überglücklich Vidal und fügte hinzu: "Jetzt heißt feiern und sich auf die Ferien freuen." Das gilt auch für Hoffenheims Eduardo Vargas, der mit sechs Treffern vor Messi (5) Torschützenkönig der Centenario-Auflage wurde.
Folgen weitere Rücktritte?
Neben Messi scheinen sich laut internationalen Medienberichten auch weitere Spieler Gedanken um einen Rücktritt zu machen. Diese Annahmen bestätigt Sergio Agüero und fügte an: "Ich weiß nicht, wie es den anderen geht. Aber so etwas wie heute in der Kabine habe ich noch nie gesehen."
ESPN spekuliert über baldige Abtritte von Agüero, Gonzalo Higuain, Lucas Biglia und Ezequiel Lavezzi. Einige spanische Medien berichten übereinstimmend, dass auch Javier Mascherano das Nationalteam verlassen wird.
Lionel Messi im Steckbrief