Sowohl der österreichische Erstligist Admira Wacker Mödling als auch der deutsche Zweitligist Kickers Würzburg werden vom Druckerei-Unternehmen Flyeralarm gesteuert. Die beiden Klubs sollen voneinander profitieren - wer letztlich über wem steht, ist dabei klar. Das Konzept erinnert an das Zusammenspiel der Red-Bull-Klubs in Salzburg und Leipzig.
Knapp 4.000 Zeichen lang werden Amir Shapourzadehs zweifelsohne großartige Verdienste für die Würzburger Kickers gewürdigt und auch der beschwerliche Weg, den der Stürmer mit seinem Klub von der Regionalliga bis hinauf in die 2. Liga beschritten hat. Shapourzadeh selbst und natürlich auch sein Ex-Trainer Bernd Hollerbach kommen dabei zu Wort.
"Alles erdenklich Gute" wird Shapourzadeh für seine "neue Herausforderung" als Manager des österreichischen Erstligisten FC Admira Wacker Mödling gewünscht, ehe im allerletzten Satz dieser Mitteilung vom 13. Dezember 2016 auf der Website der Würzburger Kickers auf eine "bedeutende Gemeinsamkeit" zwischen Shapourzadehs altem und neuem Verein hingewiesen wird: "Auch Flyeralarm zählt bei den Niederösterreichern zum Kreis der Hauptsponsoren."
Auf der Website des FC Admira Wacker Mödling, der mittlerweile FC Flyeralarm Admira heißt, lässt sich keine vergleichbare Mitteilung finden. Nachvollziehbar ist das insofern, als dass das Newsarchiv lediglich bis zum 3. Januar zurückgeht. Das war der Tag, an dem der bisherige Trainer Oliver Lederer entlassen wurde. Das war der Tag, an dem sich abzuzeichnen begann, dass Flyeralarm künftig wohl mehr ist, als nur "im Kreis der Hauptsponsoren". Das war der Beginn einer neuen Zeitrechnung.
Neue Reize und Kollegen
Am 2. Januar nahm der ehemalige Würzburg-Stürmer Shapourzadeh seine Tätigkeit als Admira-Manager auf, am darauffolgenden Tag entließ er den Trainer. Unter Lederer rangierte der Verein mit dem geringsten Budget der Liga auf dem mehr als respektablen sechsten Platz. Sein Nachfolger wurde Damir Buric - der seinen Trainerschein 2005 gemeinsam mit Würzburg-Trainer Hollerbach absolvierte. "Wir wollten neue Reize setzen", sagt Shapourzadeh im Gespräch mit SPOX und erklärt, wie die Wahl zustande kam: "Die Trainer-Bestellung war eine gemeinschaftliche Entscheidung und auch mit den Kollegen in Würzburg abgestimmt."
gettyDass die Würzburger Mitarbeiter "Kollegen" genannt werden dürfen, liegt am gemeinsamen Sponsor Flyeralarm. Seit 2014 unterstützt das Würzburger Druckerei-Unternehmen die Kickers finanziell. Firmen-Boss Thorsten Fischer ist gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender des Vereins, der in der Flyeralarm Arena spielt.
Die österreichische Niederlassung des Unternehmens befindet sich im Süden Wiens, knapp fünf Kilometer vom Vereinssitz der Admira entfernt. Im kleineren Stil engagierte sich Flyeralarm schon länger beim österreichischen Traditionsverein, erst mit Bandenwerbung, später mit einer VIP-Loge und als Trikotsponsor. Mittlerweile ist Gerhard Bügler, Geschäftsführer von Flyeralarm Österreich, Aufsichtsratsvorsitzender der Admira und seine Firma Mehrheitseigner der ausgegliederten Profiabteilung. Für zehn Jahre sicherte sich Flyeralarm Mitte März darüber hinaus das Naming Right am Klub und die entsprechende Widerspiegelung im Vereinslogo.
Shapourzadeh beteuert, dass das Feedback aus der Fanszene darauf "im Großen und Ganzen positiv war" und sagt: "Traditionelle Werte sind immer wichtig, aber der prinzipielle Erhalt des Vereins ist noch wichtiger." In den vergangenen Jahren bekamen die Mödlinger die Bundesliga-Lizenz meist nur unter Auflagen und überhaupt: Namenswechsel sind bei der Admira ohnehin schon Routine.
Eine umbenennungsreiche Vereinsgeschichte
Die aktuelle Umbenennung der Admira ist bereits die achte Episode einer umbenennungsreichen Vereinsgeschichte. 1905 fusionierten die Vereine Burschenschaft Einigkeit und Sportklub Vindobona zum 1. Groß-Floridsdorfer SK Admira (Episode 1). Nachdem Floridsdorf im Norden Wiens eingemeindet wurde, war bald nur mehr vom SK Admira Wien die Rede (Episode 2).
Es war die erfolgreichste Zeit des Klubs. Acht Mal gewann die Admira die österreichische Meisterschaft und drang 1939 sogar bis ins Finale der deutschen Meisterschaft vor, wo sie Schalke 04 aber mit 0:9 unterlag.
Auf Betreiben eines Sponsors übersiedelte die Admira 1966 in die südlich von Wien gelegene Stadt Mödling, fusionierte bald mit dem SC Wacker und hieß fortan FC Admira Wacker (Episode 3). Um die nun niederösterreichische Heimat herauszuarbeiten, folgte auf Betreiben der Politik die Umbenennung in SC Niederösterreich Admira Wacker (Episode 4). 1998 fusionierte der Verein mit dem neuen Lokalrivalen VfB Mödling und wurde zum VfB Admira Wacker Mödling (Episode 5).
Neun Jahre später übernahmen Person und Firma (Richard) Trenkwalder das Kommando und verwirklichten sich in Vereinsname und -logo: Trenkwalder Admira (Episode 6). Daraus wurde irgendwann wieder der FC Admira Wacker Mödling (Episode 7), bis schließlich Flyeralarm zur Episode 8 einstieg.
Und diese 8 Episode ist mit die folgenschwerste, denn sie schenkte der Admira nicht nur einen neuen Namen, sondern machte sie wegen des gemeinsamen Sponsors eben auch zum Partnerverein eines deutschen Zweitligisten. "Wir wollen in jeder Hinsicht zusammenarbeiten und stehen im ständigen Austausch mit den Kollegen in Würzburg", sagt Shapourzadeh und beginnt zu erklären, wie sich diese Partnerschaft genau darstellen soll.
Klare Schrittreihenfolge
Die strukturellen Rahmenbedingungen der Würzburger Kickers entwickelten sich in den vergangenen Jahren nicht so schnell, wie die Profimannschaft durch die Ligen stürmte. Speziell der Nachwuchsbereich hinkt hinterher, weshalb die Kickers einen Talent-Influx mehr als nötig haben. "Bei den Kickers gibt es noch keine funktionierende Akademie. Diesbezüglich kann Würzburg auch von uns lernen", sagt Shapourzadeh und meint mit "uns" ausnahmsweise nicht das große Ganze, sondern tatsächlich nur die Admira.
Bis diese Lernanstöße erste Auswirkungen zeigen, fungiert eben die Admira als Sprungbrett für Würzburg, verfügt sie doch über eine der erfolgreichsten Nachwuchsakademien Österreichs. Unter anderem die späteren Nationalspieler Marc Janko, Marcel Sabitzer und Erwin Hoffer schafften in Mödling zuletzt den Sprung zum Profi. Seit Jahren produziert die Admira also Top-Spieler - die künftig neue Aussichten haben.
"Wir können jungen Spielern ab sofort die interessante Perspektive deutsche 2. Liga bieten", sagt Shapourzadeh, "dort können sie bei unserem Partnerverein den nächsten Schritt gehen." Die Schrittreihenfolge ist damit geklärt: Wer sich bei der Admira bewährt, der darf nach Würzburg. Vom etablierten österreichische Erstligisten zum abstiegsbedrohten deutschen Zweitligisten.
Bisher zogen die besten Nachwuchsspieler der Admira ob der finanziellen Zwänge der Mödlinger vornehmlich recht kostengünstig zu den Wiener Großklubs Rapid und Austria weiter. Damit soll jetzt Schluss sein. "Wir sind kein Selbstbedienungsladen mehr", sagt Shapourzadeh in Richtung Wien und beteuert, dass das auch für die Richtung Würzburg gilt: "Die Spieler entscheiden selbst, ob sie diese Option irgendwann wahrnehmen wollen. Wir werden niemanden dazu zwingen, nach Würzburg zu wechseln."
Einen Spieler zog es bereits vor der Beziehungs-Intensivierung von der Admira nach Würzburg. Im vergangenen Sommer wechselte der Stammkeeper der Mödlinger Jörg Siebenhandl zu den Kickers - und verbrachte dort die ersten 25 Saisonspiele auf der Bank, ehe sich der gesetzte Robert Wulnikowski am Kreuzband verletzte.
Denkbar sind künftig aber auch Wechsel in die andere Richtung - jedoch mit einer anderen Motivation: Schritt zurück statt Schritt nach vorne. "Es ist natürlich möglich, dass Spieler, die in Würzburg einen schweren Stand haben, zu uns ausgeliehen werden, um Spielpraxis zu sammeln", sagt Shapourzadeh.
Vereinsinterne Unschlüssigkeiten
Diese Gedankenspiele erinnern an das Gebaren von Red Bull und das Transfergeschacher zwischen seinen Ablegervereinen in Salzburg und Leipzig, nur im etwas kleineren Stil. Die österreichische Zeitung Kurier nannte die Verbindungen zwischen Mödling und Würzburg gar schon ein "Mini-Red-Bull".
Im Flyeralarm-Imperium ist noch nicht abschließend geklärt, wie man diese Gegenüberstellung finden soll. "Der Vergleich ehrt natürlich, aber wir wollen keine Marke großmachen, sondern die beiden Fußballvereine", wird Admira-Präsident Philip Thonhauser in der SZ zitiert. In der FAZ sagte Würzburgs Vorstandsvorsitzender Daniel Sauer wenige Tage später: "Der Vergleich passt überhaupt nicht, wir wollen hier zwei Vereine weiterentwickeln und keine Marke."
Flyeralarm-Inhaber Fischer sieht das anders. "Für uns als Unternehmer ist es bei all den Dingen, die wir anpacken, wichtig, dass es am Ende auch auf unsere Marke Flyeralarm einzahlt. Österreich ist neben Deutschland einer der größten Märkte in Europa", wird er auf der Vereinshomepage der Admira zitiert.
Shapourzadeh sagt SPOX dagegen: "Wir verfolgen, was bei RB und anderen interessanten Vereinen passiert, sammeln Ideen und lassen uns inspirieren." Inspirieren lässt sich Shapourzadeh bei seiner alltäglichen Arbeit in Mödling auch von den Kollegen in Würzburg: "Wir können von den Kickers in Sachen professionelle Arbeitsbedingungen, Ticketing und Marketing viel lernen."
In Würzburg muss die Profi-Mannschaft dagegen lernen, ohne Führungsspieler Shapourzadeh auszukommen. Seit der Winterpause gewannen die Kickers kein Ligaspiel und rutschten in den Abstiegskampf, Shapourzadeh fehlt offensichtlich. "Er war immer mein verlängerter Arm", sagte Trainer Hollerbach zum Abschied von Shapourzadeh.
Abseits des Platzes und in Form seines neuen Arbeitgebers ist Shapourzadeh aber weiterhin ein "verlängerter Arm" für Hollerbach und seine Kickers.
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