"Ich weiß von Pulisic, dass er seinen Klub liebt"

Kellyn Acosta steht vor einem Wechsel nach Europa - mögliches Ziel: die Bundesliga
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Kellyn Acosta hat aufgrund seiner Leistungen für den MLS-Klub FC Dallas und die US-Nationalmannschaft etwaige Scout aus Europa auf sich aufmerksam gemacht - auch der FC Schalke soll interessiert sein. Mit SPOX spricht der 22-Jährige über die verpasste WM-Teilnahme, seinen Kumpel Christian Pulisic und den Konflikt zwischen US-Präsident Donald Trump und der Sport-Lobby.

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SPOX: Herr Acosta, Sie wurden in diesem Jahr ins MLS All-Star Team gewählt - als jüngster US-Spieler. Die Erwartungen an Sie sind groß. Wie gehen Sie damit um?

Kellyn Acosta: Ich merke schon, dass der Druck in diesem Jahr gewachsen ist, aber ich versuche, einfach nur mein Spiel zu spielen und Training für Training besser zu werden. Ich will immer meinem Team zu helfen. Egal, ob hier beim FC Dallas oder in der Nationalmannschaft, habe ich erfahrene Spieler an meiner Seite, die mir wertvolle Tipps für mein Spiel, aber auch für die Dinge neben dem Platz geben.

SPOX: Sie durften mit dem All-Star Team ein Vorbereitungsspiel gegen Real Madrid bestreiten. 45 Minuten lang konnten Sie sich mit dem spanischen Klub-Weltmeister messen. Welche Rolle spielt diese Erfahrung für einen jungen Spieler wie Sie?

Acosta: Es war ein einzigartiges Erlebnis. Gegen Spieler wie Sergio Ramos oder Toni Kroos zu spielen - mit Zinedine Zidane auf der Bank - war eine tolle Erfahrung für mich. Ich werde dieses Ereignis mein ganzes Leben lang nicht vergessen. Aber ich hoffe natürlich, dass ich irgendwann jedes Wochenende gegen solche Spieler auflaufe.

SPOX: Bei der WM 2018 in Russland hätten Sie erneut auf einige Spieler von Real Madrid stoßen können. Die USA hat sich in der Qualifikation jedoch am letzten Spieltag von Panama einholen lassen. Hin ist der WM-Traum. Woran machen Sie die 1:2-Niederlage gegen Trinidad und Tobago fest?

Acosta: Das war der enttäuschendste Tag meiner Karriere. Wir haben ein ganzes Land gekränkt. Aber daraus müssen wir lernen. Wir haben viele junge Spieler und müssen uns jetzt auf die kommenden Aufgaben konzentrieren.

SPOX: Panama konnte die Vereinigten Staaten auch aufgrund eines ominösen Phantom-Tors gegen Costa Rica am entscheidenden Spieltag übertrumpfen. Wie groß ist Ihr Ärger über dieses eigentlich irreguläre Tor, das Panama letztlich den Weg nach Russland ebnete?

Acosta: Ich bin darüber nicht wirklich verärgert, weil wir es selbst in der Hand hatten. Solche Dinge passieren im Fußball und ich freue mich für meinen ehemaligen Teamkollegen hier bei Dallas, Blas Perez, dass sie es geschafft haben.

SPOX: Sie wollten schon im Sommer den nächsten Schritt in Ihrer Karriere wagen. Ihr Vertrag bei Dallas läuft jedoch erst am Ende des Jahres aus. Wo soll die Reise hingehen?

Acosta: Mein Traum ist es, irgendwann in Europa zu kicken. Das ist mein großes Ziel. Ob in der Bundesliga, Premier League, Serie A oder irgendwo anders, ist eigentlich egal. Sich mit den besten Spielern der Welt zu messen, jedes Wochenende, das will ich erreichen. Ich verfolge europäischen Fußball intensiv - besonders Borussia Dortmund und Schalke 04.

SPOX: Dort spielen schließlich auch ihre Kumpel, Christian Pulisic und Weston McKennie. Sie haben schon in jüngeren Jahren das Abenteuer Europa begonnen. Holen Sie sich Tipps von den beiden?

Acosta: Ich spreche mit Weston und Christian viel über Facetime. Ich weiß, dass Pulisic den BVB liebt, und McKennie liebt Schalke. Es macht ihnen dort riesigen Spaß. Für beide war es nicht einfach, die USA in so jungen Jahren zu verlassen und damit weit entfernt von Freunden und der Familie zu sein. Aber wenn man einen Traum verfolgt, geht man dieses Risiko eben ein. Natürlich sprechen beide mittlerweile schon gut Deutsch, was sehr von Vorteil ist.

SPOX: Wie denken Sie über die Karrieremöglichkeiten von Christian Pulisic? Er ist jetzt 19 Jahre alt und wird schon mit Lionel Messi verglichen.

Acosta: Er ist ein guter Freund. Er hat schon gezeigt, dass er ein ganz Großer werden kann - sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft. Für ihn ist tatsächlich der Himmel die Grenze. Er wird von Mal zu Mal besser, wenn ich ihn sehe. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass er beim BVB mit absoluten Top-Spielern trainiert. Ich glaube, er kann es in eine Kategorie mit den Besten der Welt schaffen.

SPOX: Bei so viel Lob könnte man schnell die Bodenhaftung verlieren.

Acosta: Wenn man seine Familie kennt, weiß man, dass sie ihm sehr hilft. Auch dabei, auf dem Teppich zu bleiben. Er ist noch jung, aber wie gesagt: Er kann ein ganz großer Fußballer unserer Generation werden.

SPOX: Auch Ihnen scheint die Familie sehr wichtig zu sein. Welche Werte sollte der Verein vertreten, bei dem Sie spielen?

Acosta: Das kann ich nicht genau sagen. Ich weiß von Weston und Christian, welch großartige Vereine Dortmund und Schalke sind, aber mein Hauptziel heißt spielen. Ich will für einen Verein spielen, bei dem ich nicht nur von der Bank komme und ein paar Minuten Einsatzzeit sammle. Ich will jedes Wochenende spielen.

SPOX: Wenn Sie sich einen Klub aussuchen könnten, welcher wäre das?

Acosta: Jeder Spieler will zu den großen Vereinen wie Real Madrid, Barcelona oder Chelsea. Aber ich denke, das ist derzeit noch ein großer Traum. Ich will einfach nur regelmäßig spielen.

SPOX: In Ihrer Jugend versuchten Sie sich auch im Basketball oder American Football. Wieso sehen wir Sie heute nicht in der NFL oder NBA, sondern in der MLS? Wieso sind Sie beim Fußball geblieben?

Acosta: Fußball ist der Sport, in den ich mich verliebt habe. Natürlich habe ich wie jeder Amerikaner auch die anderen Sportarten ausprobiert, selbst noch mit 15 Jahren. Ich wusste, dass ich mich entscheiden muss, um etwas zu erreichen und Fußball war immer meine Nummer Eins. Am Wochenende oder nach der Schule stand immer nur Fußball auf dem Programm. Jeder in meiner Familie war fußballbegeistert. Ich habe in meiner Jugend wegen Fußball viel verpasst, aber ich bereue nichts. Es hat sich ausgezahlt.

SPOX: Die "anderen Sportarten" bilden zusammen mit dem Fußball eine starke Sport-Lobby in den USA. Eine Lobby, mit der sich US-Präsident Donald Trump derzeit nicht wirklich versteht. Wie stehen Sie zu den Take-a-Knee-Protesten?

Acosta: Das ist eine Entscheidung, die jeder Spieler für sich treffen muss. Ich bin stolz hier in den USA zu leben. Natürlich ist es sehr enttäuschend, wie Afroamerikaner oder Homosexuelle zum Teil behandelt werden. Daher unterstütze ich die Spieler, die protestieren, zu 100 Prozent. Aber ich bin stolz auf die Nationalhymne und werde sie mein Leben lang mitsingen.

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