Der Lord ist tot, lang lebe Nicklas

Nicklas Bendtner führt die Torjägerliste der norwegischen Eliteserien an
© getty

Nicklas Bendtner hat sich als Lord einen Namen gemacht. Diese vier Buchstaben werden für immer an ihm haften, obwohl er sich selbst beerdigt hatte. Der Lord sei tot, schrieb Bendtner nach seinem Wechsel zu Nottingham Forest. Nach einer Saison zum Wegwerfen war der Hype dann tatsächlich dahin. Doch Bendtners Reinkarnation erlebt ein Karriere-Hoch zwischen norwegischen Wäldern und Seen.

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Vor fast genau acht Jahren sagte Nicklas Bendtner in einem Interview einen Satz, der seine Karriere von Grund auf verändern sollte: "Ich sehe mich in ein paar Jahren bei Real Madrid oder dem FC Barcelona."

Dass ein Spieler, der beim FC Arsenal zu dieser Zeit zwischen Ersatzbank und Tribüne hin und her beordert wurde, mit dem Ziel "einer der besten Stürmer der Welt" werden zu wollen, primär auf Spott stößt, ist klar. Dass ein derartiger Hype entsteht, war nicht zu erwarten. Der Lord war geboren.

Dank seiner Exzentrik wuchs das Phänomen. Unvergessen ist Bendtners Sonnenbad, bei dem der Däne lediglich sein bestes Stück mit einem Mundschutz bedeckte. Typisch für den Lord. Er polarisiert. "In Dänemark heißt es: Du bist jemand, der das Meer teilt", sagte Bendtner über sein Image, das er bisweilen selbst nicht wirklich definieren konnte. Er sei sich nicht sicher gewesen, ob er seinen Spitznamen als Kompliment oder Häme deuten sollte.

Nach neun durchwachsenen Jahren bei Arsenal, etlichen Leihgeschäften und stagnierter Entwicklung erlangte Bendtner Gewissheit und zog den Schlussstrich: "Der Lord ist tot."

Haarscharf am Karriereende vorbeigeschrammt

Er wollte einen Neuanfang. Statt Real oder Barca hieß die nächste Station nun also Nottingham Forest. Zweite englische Liga statt Weltfußballer-Galas. Die Aussagen von früher? "Ich war sehr jung und habe es vermutlich zu früh gesagt, bevor ich bewiesen habe, das ich in diese Kategorie gehöre. Beziehungsweise in diese Kategorie gehören kann", meinte Bendtner später.

Dieses Potenzial bescheinigte ihm selbst Arsene Wenger noch nach Bendtners jähem Aus in London: "Er hatte alle Anlagen für eine großartige Karriere." Nach ein, zwei Schwächephasen und einigen Fehlern auf beiden Seiten stand Bendnter bei Arsenal jedoch auf dem Abstellgleis. Die Ambitionen des Spielers blieben dieselben, weshalb er "missverstanden wurde". Selbstüberschätzung gehöre allerdings nicht ins Repertoire des 29-Jährigen, erklärte Wenger.

Arsenal war schlichtweg der falsche Klub für Bendtner. Er kam kaum zu Einsätzen. Auch Wegner riet zu einem Neuanfang. Er brauche Spielpraxis. Doch die bekam der Stürmer auch in Nottingham nicht. Die Tricky Trees befanden sich im Abstiegskampf. Für das Experiment Bendtner war da kein Platz. Lediglich sieben Startelfeinsätze und zwei Tore standen Bendtner zu Buche, der regelrecht verzweifelte.

"Bevor ich hierher (Rosenborg BK, Anm. d. Red.) kam wollte ich gar nicht mehr Fußball spielen. Ich wusste nicht, was schief gelaufen war", sagte Bendtner über seinen Wechsel nach Norwegen. Der Hype um seine Person war endgültig erstickt, ein echter Neuanfang möglich.

Bendtner schießt Rosenborg zum Titel

War der Wechsel zum Rosenborg Ballklub die letzte Chance? Der letzte Versuch zu beweisen, dass er es ja eigentlich könnte? Bendtner fand in Norwegen endlich einen Trainer, der von Beginn an auf die Fähigkeiten des dänischen Fußballers des Jahres 2009 vertraute.

"Es ist klar, dass er bei einem Klub wie Rosenborg, der 50, 60 oder 70 Tore pro Jahr schießt, Erfolg haben wird", prophezeite Rosenborg-Coach Kare Ingebrigtsen. Bendtners vorherige Stationen hätten nicht zu ihm gepasst. "Er war bei vielen schlechten Vereinen."

Er sollte Recht behalten. Nach 28 Spieltagen kürten sich Bendtner und Rosenborg BK am vergangenen Wochenende zum Meister. 55 Tore stehen bei zwei ausstehenden Spielen zu Buche. 18 davon erzielte Bendtner. So viele Treffer waren ihm noch nie in einer Saison gelungen. Bendtner führt die Torjägerliste der Eliteserien an, er ist der Star der Liga. Warum? Weil es passt.

Selbstdarsteller? Nicklas ist Nicklas

Der Trainer, der Verein, die Umgebung - Bendnter fühlt sich wohl in Norwegen. Und das wirkt sich auf die Leistungen des 29-Jährigen aus. "Nicklas wird sehr respektiert bei Rosenborg. Nicht nur als Fußballer, sondern auch als Person. Er ist ein weiser, reifer und sehr sozialer Mann", sagte RBK-Trainerlegende Nils Arne Eggen im Gespräch mit BT.

Bendtner verbringt viel Zeit mit seinem sechsjährigen Sohn Nicholas, geht gerne angeln und wandern. Die Norweger haben den echten Charakter hinter der Lord-Fassade lieben gelernt. "Er kommt oft hierher. Er ist sehr zuvorkommend und nett. Er hat die Nase nicht oben. Ganz und gar nicht", erzählte der Kellner von Bendtners Lieblingsitaliener. Er komme mit jedem in der Gegend zurecht.

Extrovertiert hin oder her, der Ruf eines Selbstdarstellers war schon nach wenigen Wochen in Norwegen verpufft. "Nicklas ist Nicklas. Er ist ein Teil der Gang und wird genauso behandelt. Er ist ein super Typ, der einfach nur Fußball spielen will", sagte Ingebrigtsen.

Nicklas Bendtner: Der dänische Vorzeige-Norweger

Und das macht Bendtner derzeit so gut, dass ihm für seine Leistungen bei RBK eine große Ehre zuteil werden könnte. Der Stürmer wurde für den "Arets tronder 2017" nominiert. Eine Auszeichnung für einen Bewohner der Region Trondheim, der sich besonders hervorgehoben hat. Nicht ganz vergleichbar mit dem Ballon d'Or, aber sehr prestigeträchtig und auf seine eigene Weise charmant. Unter anderem nahm 2014 die Medizin-Nobelpreisträgerin May-Britt Moser die Auszeichnung entgegen.

"Nicklas Bendtner ist erst seit ein paar Monaten in Trondheim, aber er hat sich längst in die Fußball-Herzen der Region gespielt", heißt es in der Zeitung Adressavisen, die den Preis verleiht. Bendtner hat sich als Aushängeschild Trondheims und einer ganzen Liga etabliert.

Eggen, der im Vereinsalltag immer noch als Mentor und Berater aktiv ist, ist überzeugt: "Nicklas wird einer der größten Stürmer in der Geschichte von Rosenborg sein. Er ist ein absoluter Schlüsselspieler."

Startet Bendtner einen letzten Versuch?

Vorerst hat der Mittelstürmer für dieses Unterfangen noch Zeit bis Ende des Jahres 2019. Dann läuft sein Vertrag in Trondheim aus. "Ich hoffe, dass Nicklas seine Fähigkeiten noch viele Jahre für Rosenborg zeigt", betonte Eggen.

Denkbar wäre auch, dass Bendtner einen letzten Versuch starten will, zu beweisen, dass er auf europäischem Top-Niveau bestehen kann. Der Zug scheint abgefahren zu sein, doch die Anlagen hat er.

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