Seitdem schreibt Bielsa selbst an der Geschichte. Er übernahm eine Mannschaft, die in der vergangenen Championship-Saison 13. wurde. Große personelle Änderungen am Kader gab es im Sommer nicht. Lediglich der zuletzt an den FC Utrecht verliehene Mittelfeldspieler Mateusz Klich kehrte zurück, der 21-jährige Flügelstürmer Jack Harrison wurde von Manchester City ausgeliehen, Verteidiger Barry Douglas kam von den Wolverhampton Wanderers. Ansonsten: das Team der vergangenen Saison.
"Wir wollen unseren Stil durchsetzen", sagte Bielsa vor dem ersten Ligaspiel. "In der gegnerischen Hälfte spielen, den Gegner dominieren, keine langen Bälle schlagen." Ambitionierte Pläne, die jedoch sofort funktionierten. Am ersten Spieltag gewann Leeds gegen den Premier-League-Absteiger Stoke City 3:1, am zweiten Spieltag bei Derby County 4:1. "Sie haben uns eine Lehrstunde erteilt", sagte Derby-Trainer Frank Lampard danach.
Wie Derby spielen wird, wusste Bielsa ohnehin schon Monate vorher. Es gibt da eine Anekdote vom ersten Treffen zwischen den Leeds-Bossen Victor Orta und Angus Kinnear sowie Bielsa im Frühjahr in Buenos Aires. Sie wollten wissen, was er eigentlich von der Championship weiß. Der Legende nach begann Bielsa umgehend von den taktischen Ausrichtungen bei einem Spiel zwischen Burton Albion und den Bolton Wanderers zu erzählen. Dann nannte er alle taktischen Formationen, die diese beide Vereine im Verlauf der Saison verwendeten. Und schließlich machte er das selbe mit jedem anderen Championship-Verein. Sind immerhin 24.
Leeds unter Bielsa: "Offensiv, positiv, unglaublich flüssig"
Gegen 20 davon hat Leeds unter Bielsa mittlerweile gespielt und dabei mehr Punkte geholt als in allen Championship-Spielzeiten seit dem Premier-League-Abstieg zu diesem Saisonzeitpunkt zuvor. Die Mannschaft, die in der vergangenen Saison 13. wurde, ist aktuell Zweiter. Der Rückstand auf Tabellenführer Norwich City beträgt nur einen Punkt.
Anfang November gewann Leeds mit 2:1 bei Wigan Athletic und deren Trainer Paul Cook sagte danach: "Sie spielen das Spiel, wie es jeder gerne spielen würde." Mehr Huldigung geht kaum, noch dazu von einem Gegner. Leeds sieht schon sehr nach Bielsa aus und eher weniger nach Championship. "Es ist erstaunlich, wie schnell die Spieler seine Philosophie angenommen haben", sagt Journalist Hay. "Die Mannschaft agiert mit hohem Ballbesitzanteil, offensiv, positiv und unglaublich flüssig. Seit ich mich erinnern kann, spielte Leeds noch nie so gut wie in dieser Saison."
Müll aufklauben und jubeln im Training
Und so sauber wie aktuell war es beim Verein wohl auch lange nicht mehr. Um den Spielern zu zeigen, wie viel ihre Fans für den Klub auf sich nehmen, rechnete Bielsa aus, wie lange ein Fan im Schnitt arbeiten muss, um sich das billigste Ticket leisten zu können. Das Ergebnis: drei Stunden. Exakt so lange ließ Bielsa seine Spieler daraufhin in der Gegend um das Trainingszentrum Thorp Arch Müll aufklauben. Es sind Botschaften, die ankommen.
"Die Stimmung im und um den Klub ist sehr, sehr positiv", sagt Hay. Das Stadion ist stets gut gefüllt, es herrscht Euphorie und gefeiert wird sogar im Training. Nachdem Stürmer Patrick Bamford neulich bei einer Übungseinheit ein Traumtor geschossen hatte, lief Bielsa jubelnd über den Trainingsplatz und umarmte ihn.
Während Bielsa einen Fußball spielen lässt, der Clough gefallen hätte, vermittelt er mit solchen Aktionen gleichzeitig ein Revie-Feeling. Der nämlich hatte einst nicht nur eine fragwürdige Herangehensweise nach außen zu verantworten - sondern auch eine familiäre Stimmung im Klub. Bielsa scheint, die jeweils besten Zutaten zu kombinieren.