Generell sind die sportlichen Leistungen Kroatiens aber beeindruckend. Obwohl das Land nur knapp vier Millionen Einwohner hat, gibt es etliche Weltklassesportler in verschiedensten Sportarten. Woran liegt das?
Olic: Eigentlich ist das ein Wunder, aber da unten bei uns ist alles möglich. Wir haben sogar beim Skifahren Olympiasieger - und das, obwohl in Kroatien vielleicht einen Monat pro Jahr Schnee liegt. Womöglich ist unsere Genetik einfach besonders. Wir haben eine spezielle Kämpfernatur. Das liegt auch daran, dass wir in Kroatien nicht die besten Ausbildungsbedingungen haben.
Wie meinen Sie das?
Olic: Bis ich 16 war, habe ich eigentlich nur auf der Straße gespielt und keiner hat mir irgendetwas beigebracht. Ich musste mich durchkämpfen. Heute sind die Ausbildungsbedingungen in Kroatien zwar etwas besser, aber immer noch nicht vergleichbar mit Deutschland. In Deutschland gibt es beispielsweise an jeder Ecke Kunstrasenplätze. Bei uns sind das Sehenswürdigkeiten.
Beneiden Sie wegen der etwas besseren Bedingungen die Kinder, die heute aufwachsen?
Olic: Gar nicht. Wenn ich mich mit meinen Kindern vergleiche, sehe ich einen großen Unterschied. Ich hatte als Kind nur eine Sache im Kopf: Fußball. Nach der Schule habe ich so lange auf der Straße gespielt, bis meine Mutter kam und meinte, ich solle heimgehen, weil ich sonst nichts mehr zum Essen kriege. Die Kinder heute haben immer zehn verschiedene Sachen gleichzeitig im Kopf, weil sie viel mehr Möglichkeiten haben.
Sie wollten also immer schon Fußballer werden?
Olic: Da gab es gar keine Wahl. Der Sport war für mich die einzige Chance, es zu etwas zu bringen. Damals hieß es für mich: Entweder du gehst auf den Platz und versuchst, in einem Sport gut zu werden. Oder du hast als Jugendlicher nichts zu tun und später keinen Job. Ich bin stolz, dass ich diese Chance genutzt habe.
Zurück in die Gegenwart. Wie kann man sich Ihren Alltag als Co-Trainer der kroatischen Nationalmannschaft vorstellen?
Olic: Ich wohne immer noch in Hamburg, reise mit der Mannschaft aber natürlich zu allen Länderspielen. Ansonsten beobachte ich unsere Spieler bei ihren Vereinen und führe Gespräche. Ich bin jeden Samstag und Sonntag im Stadion. In Champions-League-Wochen auch am Dienstag und Mittwoch - aber das würde ich ohnehin schauen und betrachte es deshalb nicht als Arbeit. Am liebsten beobachte ich natürlich unsere Stürmer.
Mario Mandzukic hat seine Nationalmannschafts-Karriere beendet. Wer ist die Zukunft?
Olic: Wir haben aktuell leider keinen Stürmer, der auch nur annähernd Mandzukics Qualitäten besitzt. Andrej Kramaric und Ante Rebic haben wir ganz vorne getestet, aber sie sind keine richtigen Neuner. Zuletzt bekamen Ivan Santini (ehemals SC Freiburg, Anm. d. Red.) und Bruno Petkovic von Dinamo Zagreb ihre Chance.
Wie sehen Ihre persönlichen Zukunftsplanungen aus?
Olic: Zlatko hatte nach der WM viele Angebote, aber er will bis zur EM 2020 weitermachen. Das passt mir sehr gut, weil ich so im Umgang mit Weltklassespielern weitere Erfahrungen sammeln und gleichzeitig meine Trainerscheine machen kann. Um als Cheftrainer arbeiten zu dürfen, fehlt mir noch die Pro-Lizenz. Damit fange ich im September an. Nach der EM 2020 werde ich entscheiden, wie es weitergeht.
Wollen Sie Bundesligatrainer werden?
Olic: Klar! Als kleiner Junge will man Bundesligaspieler werden und als Ex-Bundesligaspieler natürlich Bundesligatrainer. Aber das ist leider noch schwieriger, als Spieler zu werden. Es gibt hunderte Bundesligaspieler, aber nur 18 Trainerposten. Um einen Job zu bekommen, braucht man besondere Fähigkeiten als Trainer.
Würden Sie sich den Cheftrainerposten beim HSV zutrauen?
Olic: Natürlich ist der Druck beim HSV sehr, sehr groß. Es ist schwierig, einen Verein zu trainieren, bei dem vieles schiefläuft. Aber wenn mich der Klub fragen würde, würde ich natürlich helfen - in welcher Funktion auch immer. Beim HSV ist es wie bei der kroatischen Nationalmannschaft: Ich könnte niemals nein sagen. Mein Herz gehört dem HSV und bei meinen Söhnen ist das übrigens nicht anders.